1 9 0 Aufenthalt zu Capitanía und Reise zum Rio Dope
Gerne hätten wir in Coroaha uns niedergelassen ; aber die Unmög--
lichkeit, unsere grofse Begleitung daselbst unterzubringen, nöthigte uns
für jetzt in Barra de Jacú zu bleiben.
Man hatte mehrere für uns sehr nöthige Gegenstände, die wir in
Capitanía (so nerint man schlecht weg ebenfalls die Gegend Espirito-
»Sa/Jio) erwarteten, nd^ch Caravellas gesandt, ein Umstand, der unsere Reisegesellschaft
in nicht geringe Verlegenheit setzte. Um derselben abzuhelfen,
fafsten wir, Herr F R E Y R E I S S und ich, den Entschlufs, die Reise nach
Caravellas schnell zu unternehmen, um dort unsere Geschäfte in Ordnung
zu bringen. Leicht eingerichtet und von einigen wenigen wohlbewaffneten
Leuten zu Pferde begleitet, yerliefsen wir am i9ten December ^ar r a
deJucú-^ der zurückbleibende Theil unserer Tropa begab sich indefs nach
Coroaba^ um dort zu arbeiten. Wir hätten dieselbe Reise in weit kürzer
e r Zeit zur See machen können, allein die Schifffahrt längs der Küste, in
kleinen unbequemen Fahrzeugen, ist in der Zeit der Gewitter und Stürme
eben nicht die angenehmste. Wir begaben uns nd^chPedra d'Agoa, einem
einzelnen, auf einer Höhe am Flusse liegenden Hause, um daselbst mit
unsern vier Reit-und zwey Lastthieren über den Espirito-Santo zu setzen.
Hier sahen wir gerade gegen uns über auf den jenseitigen Gebürgshöhen,
den merkwürdigen, unweit Prilla de J^ictoria liegenden Felsen Jucutacoara.
Aehnlich à^uiDent de Jaman \nPays de P^aud fällt dieser Steinblock
von fern ins Auge; er ist auf sanfte grüne Höhen aufgesetzt, die
zum Theil mit kleinen Gebüschen bedeckt sind. Vor ihm, dem Flusse
näher, liegt die freundliche Fazenda Rumào ^ vor welcher die Tauben-
Insel {Ilha das Pomhas^ den Spiegel des Flusses theilt ; die ¿^te Tafel giebt
ein anschauliches Bild dieser Landschaft. Der Blick von der diesseitigen
Höhe auf den schönen Flufs, wo einige Lanchas und Fischercanoes hinab
segelten, war sehr angenehm. Wir hätten gewünscht sogleich übersetzen
zu können, allein es zeigten sich leider keine Canoes, um uns hin-
A u f e n t h a l t zu Capitania und Reise zum Rio Do^e IQl
über zu schaffen, wir baten daher den alten Bewohner von Pedra d'yigoa
um 9uartier und übernachteten in einer vor Regen und Wind nur wenig
geschützten kleinen Hütte; der gute Wille des Wirthes entschädigte uns
indessen reichlich ftir diese Unannehmlichkeiten. Bey Annäherung des
Abends versammelte sich das umherlaufende Vieh; unter diesem kam uns
ein sonderbares Schaaf zu Gesicht von welchem wir bey genauerer Nachfrage
erfuhren, dafs es ein Bastard von einem Schafbocke und einer Ziege
sey. Das Thier glich sehr seiner Mutter, es war dick, stark und rund, von
sehr sanftem Ziegenhaare und trug etwas mehr auswärts gebogene HörnereO
Bey den jungen Lämmern, die von den Knaben eingefangen wurden,
fand man häufig in der noch unverwachsenen Nabelhöhle eine Menge
Maden, gegen welche man Merkur an diese Stelle strich. Diese Maden
sind ein in heifsen Ländern sehr gewöhnliches Uebel, wo hier nur irgend
eine Wunde entsteht, finden sich sogleich Fliegen, die ihre Eyer hinein
legen. Es giebt in Brasilien noch ein anderes Insekt, das sein Ey in das
Muskelfleisch oder unter die Haut, selbst des Menschen legt; nach dem
Stich dieses Thieres spürt man einen kleinen örtlichen Schmerz, die Stelle
schwillt bis zu einer gewissen Höhe an, alsdann zogen unsere Leute, die
dieses beschwerliche Uebel recht gut kannten, eine Made, einen kleinen
weifsen, länglichten Wurm hervor, worauf die gemachte kleine Wunde
sogleich heilte. A z A R A spricht wahrscheinlich von demselben Insekte
er glaubt indessen, dafs erst der Wurm selbst in die Haut eindringe'
welches mit unsern Erfahrungen nicht übereinstimmt.
Am folgenden Morgen kamen unsere Canoes; wir liefsen uns über
den beynahe 1000 Schritt breiten Flufs setzen. Unser Weg führte uns
durch ein Thal, das in verschiedenen Windungen unmittelbar unter der
Höhe hinweg zieht, auf welcher der Jacntucoara gelagert ist; in der
(*) S. BOFFOIV Supplement T. V. p. 4- (der Ausgabe in 12.)
(**) S. AZARA Toyages etc. Vol. I. p. 217.
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