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 6 o  P i e i s e  von  Rio  de  Janeiro  nach  Cabo  Frió  
 Haiiswirth  hatte  uns  für  die  vielen  Menschen  und  das  sehr  beträchtliche  
 Gepäck  eine  grofse  Halle  angewiesen,  wo  wir  bequem  mehrere  Feuer  
 unterhalten  und  kochen  konnten.  Er,  so  wie  die  übrigen  Bewohner  der  
 Fazenda,  besuchten  uns  oft,  und  konnten  ihr  Erstaimen  über  unsere  
 naturhistorischen  Beschäftigungen  nicht  genug  an  den  Tag  legen.  Da  
 starkes  Regenwetter  eintrat,  so  hielten  wir  uns  hier  lange  auf,  und  als  
 das  Wet ter  sich  aufklärte,  fanden  wir  in  den  hohen  Waldgebürgen,  die  
 das  mit  Zuckerpflanzungen  angefüllte  Thal  einschliefsen,  die  günstigste  
 Gelegenheit  zu  reicher  Jagdausbeute.  Ein  junger  Portugiese,  der  auch  
 FRAINCISCO  hiefs  und  hier  auf  der  Fazenda  wohnte,  trat  als  Jäger  m  
 unsere  Dienste  und  zeigte  seltene  Talente  für  dies  Geschäft.  Er  war  
 schlank  und  leicht  gebaut,  äufserst  abgehärtet  und  ein  sehr  guter  Schütze,  
 dabey  ein  gutmüthiger  Mensch.  Da  er  die  Gegend  und  ihre  Bewohner  
 aus  der  Thierwelt  genau  kannte,  so  lieferte  er  eine  Menge  interessante  
 Gegenstände,  unter  andern  auch  den  Marikina  {Simia  Rosalia,  LINN.)  
 den  wir  bis  jetzt  noch  nicht  erhalten  hatten.  Der  Araponga  {Procnias  
 nadicollis),  dessen-schon  oben  gedacht  ist,  war  in  allen  diesen  gebürgigen  
 Waldungen  äufserst  häufig,  und  überall  verkündigte  ihn  seine  hellklingende  
 Stimme.  FRANCISCO  war  der  erste,  der  diesen  schönen  Vogel  
 für  imsere  Sammlung  erlegte.  Gute  brasilianische  Jäger  besitzen  einen  
 seltenen  Grad  von  Gewandhelt  In Durchspähung  der  grofsen  Waldungen;  
 ihr  abgehärteter  Körper  und  die  Gewohnheit,  immer  mit  blofsen  Füfsen  
 zu  gehen,  erleichtert  ihnen  dieses  Geschäft  aufserordentlich.  Ich  habe  
 auf  der Vignet te,  welche  vor  diesem  Abschnitte  steht,  ein  Paar  solcher  
 Leute,  von  der  Jagd  heimkehrend,  abbilden  lassen.  Ihr  Anzug  besteht  
 in  einem  leichten  Hemde  und  Beinkleidern  von  Baumwollenzeug,  über  
 die  Schulter  gehängt  tragen  sie  oft  eine  tuchene  Jacke,  um  dieselbe  
 anzuziehen,  wenn  Ptegen  oder  die  kühle  Nacht  eintritt.  Ihr  Kopf  ist  mit  
 einem  Filz-  oder  Strohhute  bedeckt.  Ueber  die  Schulter  tragen  sie  an  
 R e i s e  von  Piio  de  Janeiro  nach  Cabo  Frio  6 i  
 einem  ledernen  Riemen  das  Pulverhorn  und  den  Schrotbeutel,  und  das  
 Schlofs  der  langen  Flinte  wird  gewöhnlich  durch  ein  Thierfell  gegen  die  
 Nässe  verwahrt.  Der  eine  der  hier  abgebildeten  Jäger  trägt  In  der  Hand  
 einen  Brüllaffen  {Gaariba),  und  der  andere  hat  an  seiner  FHnte  die  
 grofse  Eidechse  Teiü  {Lacerta  Teguiocin,  LINN.)  aufgehängt,  in  der  Hand  
 aber  hält  er  einige  Vögel,  worunter  der  Tucan  in  die  Augen  fällt.  
 Die  Hunde,  welche  diese  beyden  Leute  begleiten,  werden  besonders  
 gebraucht  um  Rehe  und  Schweine  zu  jagen.  
 Zu  Garapiña  war  die  Temperatur  sehr  abwechselnd;  einige  Tage  
 waren  so  kalt,  dafs  der  Thermometer  Mittags  auf  i5°  REAUMUR  fiel  5  
 dazwischen  hatten  wir  aber  auch  wieder  ziemlich  warmes  und  angenehmes  
 Wet ter.  Ich  vertiefte  mich  öfters  in  diese  gebürgigen  schauerlichen  
 Wildnisse  ,  und  entzückt  von  der  hier  herrschenden  tiefen  Ruhe  
 und  Stille,  die  nur  zuweilen  durch  Schaaren  von  schreyenden  Papageyen  
 unterbrochen  wiu-de,  hätte  ich  Tage  lang  hier  verweilen  können.  
 Bey  solchem  Geistesgenusse  lebten  wir  In  den  Umgebungen  von  Garapiña  
 sehr  heiter  und  in  Freuden,  um  so  mehr,  da  wir  frische  Lebensmittel  
 im  Ueberflusse  hatten.  Diejenigen,  weiche  der  brasilianische  Reisende  
 mit  sich  führen  kann,  bestehen  in  Mandioccamehl  (gewöhnlich  
 h\os  Farinha  genannt),  schwarzen  Bohnen  (i^e^yáo),  Mays  (Tk^/Z/io),  getrocknetem  
 Salzfleisch  {Carne  seca  oder  do  Sertam  {¿^  und  Reis  {Arroz), 
   Statt  des  Carne  seca  erhielten  wir  hier  gutes  frisches  Fleisch;  
 daneben  versorgte  uns  der  Besitzer  der  Fazenda  mit  einer  grofsen  
 Menge  der  herrlichsten  Orangen,  mit  Branntwein  {Agoa  ardente  de  
 canna),  den  er  aus  dem  Zuckersaft  bereiten  Ilefs,  mit  Reis,  Zucker,  
 Farinha,  Mays,  Baumwolle,  und  war  dabey  so  uneigennützig,  für  alle  
 diese  vielen  Gegenstände  keine  Bezahlung  nehmen  zu  wollen.  Diese  
 (*)  In  Pernambacco  neiuU man  es  Ccame  de  Secua,  nach  KOSTEH,  i)AG.  128  und  i3o.