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 R e i s e  von  Caravellas  nach  dem  Rio  Gr.  de  Bclmonte  
 unzugängliche  Felsen-Vorgebürge,  und  der  Spiegel  des  weiten  Oceans  
 glänzte  prachtvoll  im  Schein  des  Mondes.  
 In  der  Mitte  der  Nacht  befanden  wir  uns  am Ufer  des  Rio  do  Frade,  
 eines  kleinen  Flusses,  der  diesen  Nahmen  erhalten  hat,  weil  einst  ein  
 Franciscaner-Missionar  in  demselben  ertrank.  Seine  Barra  ist  schiffbar  
 für  grofse  Canoe's,  man  kann  ihn  zwey  Tagereisen  aufwärts  beschiffen  
 uhd  seine  Ufer  sind  fruchtbar;  zwölf  Legoas  weit  westlich  zeigt  sich  der  
 Monte  PascoaL  Auf  dem  jenseitigen  Ufer wohnen  auf Befehl  des  Oavidors  
 einige  indische  Familien,  um  die  Reisenden  überzusetzen^  man  hat  diesem  
 Posten  den  Nahmen  des  Destacaments  von  Linhares  gegeben,  ob  sie  
 gleich  keine  Soldaten  sind.  Ihre  Pflanzungen  hegen  in  den  nahen  Gebüschen  
 zerstreut,  in  welchen  sie  auch,  zu  einigem  Schutz  vor  dem  Seewinde, 
   ihre  eigenthchen  Wohnungen  haben.  Jetzt  wohnten  sie  jedoch  
 in  einer  gegen  Wind  und  Wetter  sehr  schlecht  verwahrten  Hütte  auf  
 der  Sandfläche  am  Meer.  Immer  gewohnt  dem  Zuge  voran  zu  reiten,  
 stieg  ich  an  dem  Flusse,  der  zu  tief  ist,  um  durchritten  werden  zu  
 können,  ab,  und  liefs  mein,  dem  Anschein  nach,  sehr  ermüdetes  Reitthierstehen; 
   dieses  aber  konnte  die  Zeit  nicht  erwarten,  um  die  Bekanntschaft  
 der  jenseitigen  Wohnungen  zumachen,  entsprang  mir,  setzte  sogleich  
 durch  den  Fluís  und  verleitete  die  meisten  der  Lastthiere,  ihm  zu  
 folgen.  Wir  fanden  nun  in  der  Hütte  der  Indier  zwar  Unterkommen,  
 aber  wegen  ihrer  elenden  Beschaffenheit  wenig  BequemUchkeit  und  Erholung  
 nach  unserm  nächtlichen  Pvitt.  Rund  umher  hängten  wir  unsere  
 durchnäfsten  Kleidungsstücke  in  den  Seewind,  welcher  überall  in  die  
 schlecht  verschlossene  Hütte  hinein  biiefs,  und  streckten  uns  dann,  um  zu  
 schlafen,  auf  unsere  in  den  Sand  ausgebreiteten  Decken.  Indessen  wir  
 hier  vom  Frost  nicht  wenig  Htten,  sahen  wir  die  halbnakten  Bewohner  
 des Hauses  in  ihren  Schlafnetzen  liegen  ,  wo  sie  das  beständig  unterhaltene  
 Feuer  dennoch  unmöghch  erwärmen  konnte.  Die  Sorge,  das  Feuer  
 R e i s e  von  Caravellas  nach  dem  Rio  Gr.  de  Belmonfce  
 im  Brande  zu  erhalten,  war  den  Weibern  übertragen,  und  der  schon  
 erwachsene  Sohn  des  Hauses  rief  von  Zeit  zu  Zeit  seine  Mutter  auf,  ihr  
 Geschäft  nicht  zu  versäumen.  Kühl  und  windig  erschien  der  neue  Morgen; 
   wir  packten  unsere  nassen  Kleidungsstücke  zusammen  und  ritten  
 nach  Trancozo.  Die  See  hatte  bey  der  völligen  Ebbe  weite  Strecken  
 von  flachen  Felsbänken  an  der  Küste  entblöfst;  hier  suchten  einige  in  
 den  nahen  Gebüschen  zerstreut  wohnende  Indier  Mollusken  zum  Essen.  
 Verschiedene  Arten  von  Muscheln  werden  von  ihnen  genossen,  besonders  
 aber  die  schwarze  efsbare  Art  der  Meer-Igel  {Echinus).  Nach  einem  
 Wege  von  drey  Legoas  erreichten  wir  eine  Stelle,  wo  ein  kleiner  Bach  
 sich  ins Meer  öffnet,  den  man  gewöhnlich  Rio  de  Trancozo  nennt,  der  
 aber  in  der  alten  indischen  Sprache  Itapitanga  (Sohn  der  Steine)  genannt  
 ward,  wahrscheinlich  weil  er  aus  steinigen  Bergen  herab  kommt;  er  
 fliefst  in  einem  ziemlich  tiefen  Thale,  eingeschlossen  von  Höhen  mit  
 grofsen  Flächen.  Auf  der  südlichen  Seite  gewahrt  man  schon  von  der  
 Tiefe  der  Seeküste  her  die  Kronen  hoher  Gocospalmen  und  das  Dach  und  
 Kreuz  des  Jesuiten-Conventes  zu  Trancozo,  Einige  voran  gesandte  Leute  
 führten  uns  einen  steilen  Weg  hinauf  nach  der  J^illa,  wo  wir  in  dem  
 Casa  da  Caraara  für  heute  unsern  Ruheplatz  aufschlugen.  
 Trancozo  ist  eine  in  einem  langen  Quadrate  erbauete  Inàiev-f^illa,  In  
 der  Mitte  desselben  steht  das  Rathhaus  {Casa  da  Camara^,  und  an  dem  
 dem  Meere  zugekehrten  Ende  die  Kirche,  die  ehemals  ein  Kloster  der  
 Jesuiten  war.  Seit  der  Aufhebung  dieses  Ordens  ist  der  Convent  demolirt  
 und  die  Bibhothek  verschleudert  worden.  Die  P^üla  zählte  im  Jahr  1813  
 etwa  5o  Feuerstellen  und  5oo  Seelen;  ihre  Bewohner  sind  sämmtlich  
 Indier,  zum  Theil  recht  dunkelbraun,  und  nur  einige  wenige  portugiesische  
 Familien  leben  hier,  zu  denen  der  Geistliche,  der  Escrivam  und  ein  
 Krämer  gehören.  Die  meisten  Häuser  standen  jetzt  leer,  da  die  Bewohner  
 auf  ihren  Pflanzungen  leben,  und  nur  an  Festtagen  zur  Kirche  kommen.  
 Wmi M i i m p