9 8 R e i s e von Cabo Frio bis Villa de S. Salvador
Hecken, und aus ihrer Mitte schiefst ein 3o Fufs hoher starker Stamm,
der oben gelbgrünliche Blüthen trägt, und der Landschaft ein originelles
Ansehen giebt. Das Mark des Stammes, Pitta genannt, dient dem
Insectensammler als Kork. An dem Seestrand wachsen auch niedrige
ZvN^ergpalmen, Bromelien und andere Gewächse vom Winde niedergehalten
in undurchdringlichem Dickicht. Wir erreichten nun die auf einem
Hügel am Meere liegende Fazenda von Tapebugü und wurden von
dem Besitzer derselben, einem Fähndrich der Landmilitz sehr
gut aufgenommen. Diese Fazenda hat eine sehr angenehme Lage, indem
unmittelbar hinter ihr hohe Urwälder sich erheben, welche blos
durch eine Lagoa von ihr getrennt werden, in der sich die schönen
Baumgruppen spiegeln. Von der Höhe, worauf das Haus liegt, überblickt
man eine weite Ebene, mit undurchdringlichem Urwald bedeckt, aus
dessen Mitte sich die Serra de Iriri^ ein isolirtes merkwürdiges Gebürg
von vier bis fünf mit Wal d bedeckten Kegelkuppen erhebt, mehr zur linken
in südlicher Richtung zeigt sich der einzeln dastehende Monte de
S. Joào^ Die i5te Platte giebt eine Ansicht der eben erwähnten Landschaft,
wo man im Vorgrunde die Fazenda unweit der See bemerkt.
Das zu dem Gute gehörende Land ist eine Legoa lang und zum
Theil mit Mandiocca und Mays bebaut; auch zieht man etwas Kaffee.
Die Lagoa ist fischreich. Um die Wohnungen herum hat man Orangenbäume
gepflanzt, deren duftende Blumen eine Menge von Colibris
anlocken. Unsere Jäger fanden reiche Ausbeute in den nahen Waldungen
; sie erlegten Papageyen, Maracanä's, Tucane, Pavo's und andere
schöne Vögel, auch unsere Herbarien wurden hier sehr bereichert. Ich
fand viele Arten von Cocospalmen, unter andern die Airi^ deren Fruchttrauben
eben reif.waren, und die stachlichte Sumpfpalme, Tucum^ die
einen etwa i5 Palmen (Spannen) hohen Schaft bildet, welcher, so wie
die Blattstiele mit dünnen spitzigen Stacheln versehen ist. Dieses
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Gewächses erwähnt M AWE , giebt ihm aber eingesägte, lanzettförmige
Blätter (-), da sie doch gefiederte Frondes hat, deren Pinnulce glatt
und ganz randig zugespitzt sind. , A RR u D A (-•"==) giebt eine bessere Beschreibung
davon, hatte jedoch die Blüthen auch nicht untersucht; übrigens
scheint es nach Herrn SELLOW^S Meinung gewifs, dafs dieser
Baum nicht zum Genus Cocos gehört. Sein Nutzen ist aus M A R C G R A F ,
M A W E und K O S T E R schon hinlänglich bekannt. Die grünen Pinnulce
haben sehr starke feste Fasern; zerbricht man das Blatt, so hebt sich
die obere grüne Decke ab und die Fasern hängen frey ; diese werden
gedreht und geben starke, feine, grüne Schnüre, woraus besonders
schöne Fischnetze verfertigt werden. Diese Palme wächst hier häufig und
trägt kleine, harte, schwarze Nüsse, die einen efsbaren Kern enthalten.
Von einer andern Art nimmt man das innere noch zusammengelegte,
sich oben entwickelnde Blatt, zieht die Scheide ab, und trennt die zusammengelegten,
mit einem klebrigen Safte an einander befestigten
Blätter, die man dann zum Decken der Häuser gebraucht; auch wird
nettes Flechtwerk daraus verfertigt. Wir fanden in den hiesigen finstern
schattigen Wäldern eine grofse Menge herrlicher Bäume. Der
Ipé war mit hochgelben grofsen Blumen überschüttet, und eine andere
Bignonia mit grofsen, weifsen Blüthen, wuchs in den Sümpfen. Hoch
über die Kronen der Waldcolossen erhebt sich der stolze Sapucaya-
Baum {^Lecythis Ollaria, LINN.) mit kleinem Laube und grofsen topfähnlichen,
herabhängenden Früchten, welche einen vollkommenen Deckel
öffnen, und ihre grofsen, efsbaren Kerne ausschütten ('•'-•"•=),• die Affen
und besonders die grofsen, rothen und blauen Araras {^Psittacus Macao
(*) J. MAWÎ;'S travels etc. p. 127.
( * * ) S. AHRUDA bey KOSTER im Appendix pag. 484.
(***) S. Ménagerie du Museum d'histoire naturelle Cahier, -\vo diese Fruclu auf der
Tafel des Agouti abgebildet ist.