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 W i r  trafen  hier  sogleich  Anstalt,  unser  Gepäck  und  einig-e  unserer  
 noch  zurückgebliebenen  Jäger  mit  dem  grofsen  Canoe  eines  einsam  hier  
 wohnenden  Mannes  vorwärts  nach  dem  von  uns  ausersehenen  Lagerplatze  
 bringen  zu  lassen.  Wir  selbst  hingegen  setzten  die  Reise  längs  
 der  Dünen  an  der  tobenden  Brandung  fort  und  vergnügten  uns  an  dem  
 Anblick  der  vielen  Regenpfeifer  {Charadrias),  Strandläufer  und  Austerfischer  
 ^Hcematopas)  ^  die  hier  nach  jedem  zurückrollenden  Wellenschlage  
 der  See,  eine  Menge  kleiner  Insekten  auflesen.  Man  zeigte  uns  
 bey  ein  Paar  ärmlichen  Fischerhütlen  den  We g ,  welcher  nach  dem  
 Lande  hin  wieder  von  weiten  Sümpfen,  in  denen  eine  Menge  Rindvieh  
 und  Pferde  weideten,  bcgränzt  war.  Die  grofse  Anzahl  von  Enten  und  
 Sumpfvögeln,  die  wir  hier  fanden,  war  wirklich  merkwürdig.  Grofse,  
 schwärzliche  Geschwader  der  Anas  vidaala^  LINN.,  und  der  pfeifenden  
 grünschuUrigen  Art,  welche  A Z A R A  unter  dem  Nahmen  des  Ipecatiri  
 beschrieben  hat,  flogen  bey  imsern  ersten  Schüssen  gleich  einer  Decke  
 auf;  die  letztere  ist  in  den  von  mir  gesehenen  Gegenden  von  Brasilien  
 die  gemeinste  Entenart.  
 Als  es  sich  schon  stark  zur  Dämmerung  neigte,  führte  uns  unser  
 W e g w e i s e r ,  der  ein  Neger  war,  quer  durch  das  Wasser  auf  eine  
 sumpfige  Insel.  Er  sagte  uns,  sein  Herr  werde  mit  dem  Canoe  hier  an  
 diese  Stelle  kommen,  um  uns  über  die  Lagoa  Feia  zu  setzen,  allein  
 dieser  erschien  heute  nicht.  Da  ein  heftiger  Regen  uns  bedrohte,  so  
 schlugen  einige  aus  unserer  Gesellschaft  vor,  nach  einer  kleinen  Hütte,  
 do Furado ist  in  der  Zeit  des  niedeni  Wasserstandes  versclilosscn.  Diese  ganze  Gegend  enthalt  
 längs  der  SeeküsLe  eine  grofse  Menge  von  Landseen,  deren  auf  der  Karte  melu-ere  fehlen.  
 Bey  diesem  Reichtluime  an  Gewässern  und  der  Fruchtbarkeit  des  Bodens  Svürde  dieser  Strich  
 I^andes  einer  der  fiu cht barsten  yon  Brasilien  werden  können,  wenn  er  von  einem  regsameren  
 industriösern  VolUe  bewohnt  wäre.  
 (*)  D.  F.  DE A z a r a  voyages  etc.  Vol.  IV-  P.  345.  
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 etwa  eine  halbe  Stunde  weit,  zurück  zu  reiten,  wo  wir  fünf  oder  
 sechs  Soldaten  angetroffen  hatten,  die  daselbst  Wache  hielten,  damit  
 von  Minus  herab  kein  ünterschleif  mit  Diamanten  getrieben  werde.  Wir  
 kehrten  dahin  zurück;  die  Soldaten  machten  uns  ein  gutes  Feuer  an,  gaben  
 uns  Mandioccamehl  und  trockenes  Salzfleisch  ,  und  wir  verplauderten  mit  
 ihnen  den  Abend.  Diese  MiUz-Soldaten,  von  etwas  brauner  Farbe,  gehen  
 in  weifsen  baumwollenen  Hemden  und  Hosen,  mit  unbedecktem  Halse  und  
 blofsen  Füfsen  ;  ein  jeder  trägt,  wie  alle  Brasilianer,  seinen  Pvosenkranz  
 um  den  Hals.  Ein  Gewehr  ohne  Bajonet  ist  ihre  einzige  Waffe.  Sie  
 fischen  am  Tage  in  den  Lagoas  und  nehmen  aufser  dem  Mehl  und  Salzfleisch, 
   das  ihnen  gegeben  wird,  ihren  Unterhalt  aus  dem  Wasser.  Man  
 sieht  daher  an  ihrer  Hütte  Stricke  von  gedrehter  Ochsenhaut  aufgespannt,  
 auf  welchen  sie  die  Fische  zum  Trocknen  aufhängen.  Die  Hütte  selbst  
 hatte  als Wachthaus  mehrere  Kammern  und  enthielt  einige  Schlafnetze  
 nebst  hölzernen  Pritschen.  Am  folgenden Morgen  erst  erschien  das  Canoe  
 mit  den  Jägern,  die  sich  durch  die  vielen  Enten  hatten  auflialten  lassen  
 und  von  der  Nacht  überrascht  worden  waren.  Man  fieng  nun  an  überzuschiffen, 
   und  so  wie  eine  Ladung  des  Ganoes  übergesetzt  war,  vertheilten  
 sich  die  dabey  befindlichen Männer  sogleich  um  zu  jagen.  Sie  schössen  
 unter  andern  den  Ibis  mit  röthlichem  Gesichte  {Caräo)  und  den  Caracara  
 [Falco  hrasiliensis~)  ^  einen  schönen  Falken.  Auf  dem  nördlichen  
 Ufer  der  Lagoa  vereint  befanden  wir  uns  in  einer  sehr  unangenehmen  
 Lage  ,  denn  unsere  weidenden  Maulthiere  waren  durch  Pferde  entführt  
 worden,  und  wir  blieben  daher  den  ganzen  Tag  dem  herabströmenden  
 Regen  ausgesetzt,  bis  gegen  Abend  ein  Fischer  erschien,  der  uns  nach  
 seiner  Hütte  führte  ,  wo  wir  unsere  entflohenen  Thiere  erwarteten.  
 Durch  ein  kleines  Gebüsch  zogen  wir  jetzt  bis  ans  Ufer  des  Flusses  
 Barganza^  eines  Abflusses  der  Lagoa  Feia,  Hier  befanden  sich  zwey  
 ärmliche  Fischerhütten,  deren  Ansicht  die  Vignette  dieses  Abschnittes