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6 Z L R e i s e von Rio de Janeiro nach Cabo Frio
und hatte gi-ofse Aehnlichkeit mit A z a r a ' s Chauvesouris première ou
obscure et rayée C^O, ist mir aber auf meiner ganzen Reise nie wieder
vorgekommen. Als wir die Blüthe einer niedrigen Palme untersuchen
wollten, fanden wir, an einem Aestchen befestigt und aufs niedlichste
gebaut, das Nestchen des blauscheitlichen Fliegenvogels, einer
Art, die dem Trochüus bicolor {Saphir éméraude, Bu p f . ) gleicht
welches so nett mit Moos überlegt war, wie die Nester unsers deutschen
Stieglitzes und anderer kleiner Vögel. Man findet in allen diesen
Fliegenvogelnestern zwey länglichte weifse Eyer, die bey manchen
Gattungen aufserordentlich klein sind. Beym Einbruch der Nacht zogen
wir zwischen einigen Seen fort, an welchen leuchtende Insekten funkelten
und Frösche leise sich hören liefsen, und erreichten nach einem
bedeutenden Tagmarsche eine f^enda am See Sagoarema, wo wir unsere
Leute mit den Lastthieren vorfanden, die uns auf einem andern Wege
dahin vorausgegangen waren. Wir erwarteten hier schon unsere Kochkessel
aufgehangen zu sehen, allein es fehlte hier an allem zur Bereitung
der Mahlzeit Erforderlichen. Wir sandten unsere Leute nach Lebensmitteln
aus; da diese aber so lange ausblieben, dafs wir zu fürchten anfingen,
sie Seyen uns durchgegangen, so schickten wir andere zu Pferde nach.
Mit diesen kamen sie endlich zurück, brachten aber nichts als einige
lederne Sacke iBoroacas-} mit frischen Fischen. Die Nacht war indessen
vorübergegangen , und aus unserm Abendessen wurde ein Frühstück.
Der Sagoarema-See hängt mit dem Meere zusammen und ist ein
bedeutendes Binnenwasser von etwa 6 Legoas Länge und% Legoa Breite
(*) S. Dot. Fel i x de Azara Essais sur l'histoire naturelle des Quadrupèdes de la
Province du Paragua);. Tom. II. p. 269.
(**) Trochüus pileatus; 4 Zoll 8 Linien (Pariser Maas) lang; Körper prachtvoll glänzendg
r ü n ; Scheitel, gabelförmiger Schwanz, Schwung - und grofse Flügeldeckfedern du,>Uelbiau;
After -weifs-, Schnabel gerade.
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dessen gesalzenes Wasser, ob es gleich an einigen Stellen einen unangenehmen
Geruch von sich giebt, dem ungeachtet fischreich ist. Hier
befindet sich eine zerstreute Povoagao von Fischern, welche in kleinen
Lehmhütten an den Ufern wohnen. Jedes Haus hat eine ausgegrabene
Vertiefung, die ihm als Cisterne dient, da das Seewasser oft faulig ist.
Die Fischer hier sind leicht gekleidet, wie alle Brasilianer, tragen grofse
Strohhüte, dünne weite Beinkleider und Hemden, und gehen mit unbedecktem
Hals und blofsen Füfsen ; im Gürtel hat ein jeder ein spitzes
Stilet mit Messing oder Silber beschlagen. Dieses letztere ist unter den
Portugiesen allgemein üblich, aber eine gefährliche Waffe, denn es giebt
leicht zu Mordthaten Anlafs, besonders unter rohen Menschen, wie es
die Fischer zu Sagoarema sind. Die hier am See gelegene T^enda wird
von diesen Leuten gemeinschaftlich gehalten und ihr Ertrag getheilt; es
ist daher kaum nöthig zu bemerken, dafs die Reisenden mehr als an
andern Orten bezahlen müssen. Etwa eine Stunde von hier liegt das
Kirchspiel {Freguesict) de Sagoarema^ ein grofses Dorf, oder vielmehr
eine kleine P^illa. mit einer Kirche. Da wir unsere Tropa über die
Lagoa setzen mufsten, die sich von dieser Stelle mit einer schmalen Einmündimg
in die See ergiefst, so nahmen wir unser Quartier in einem leer
stehenden Hause, und benutzten die Zeit, die umliegende Gegend näher
kennen zu lernen.
Nahe bey der Freguesia steigt am Seestrande ein Hügel empor,
worauf sich die Kirche, der Kirchhof und ein Telegraph befinden. Wir
erstiegen diese Höhe gerade, als die Sonne unterging. Welche grofse
herrliche Aussicht! Vor uns öffnete sich das unabsehbare Meer, das
dumpf und weifsschäumend gegen den Berg, auf welchem wir standen,
heranrollte, und sich an demselben brach; zur Rechten erhoben sich in
der Ferne die Gebürge von Rio\ uns näher sahen wir die mannigfaltig
buchtige Küste, und noch näher die Ponta Negra-. hinter uns hatten
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