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 202  A u f e n t h a l t  zu  C a p i t a n í a  u n d  R e i s e  z um  R i o  Do ^ e  
 Hinl   
 uns  jetzt  die  Erfahrung  unserer  jungen  Indier  vortrefflich  zu  statten;  
 sie  giengen  mit  einigen  Gefäfsen  in  die  Gesträuche  und  sammelten  das  
 zwischen  den  Blättern  der  Bromelia-Stauden  befindliche Was ser .  Dieses  
 Wa s s e r  ist  nach  eben  gefallenen Regen  rein  und  klar,  allein  jetzt,  da  es  
 lange  nicht  geregnet  hatte,  wa r  es  schwarz  und  schmutzig,  wir  fanden  
 sogar  Froschlaich  und  junge  Frösche  darin.  Man  gofs  es  durch  ein  Tuch,  
 vermischte  es  mit  etwas  Branntwein,  Limonensaft  und  Zucker ,  und  so  
 gab  es  uns  jetzt  eine  herrliche  Erquickung.  Wi r  fanden  hier  auf  den  
 Bromelia  -  Stauden  häufig  einen  kleinen  gelblichen  Laubfrosch  p ) ,  der  
 hier,  so  wie  viele  Thiere  dieser  Gattung,  seine  Brut  über  der  Erde  ausbringt; 
   öfters  fanden  wi r  auch  seine  kleinen  schwarzen  Larven-  Man  
 darf  sich  nicht  wundern,  dafs  hier  zu  Lande  der  Erde  angehörende  
 Reptilien  ihre  Brut  auf  Bäumen  erziehen,  da  selbst  der  Mensch  in  diesem, 
   an  sonderbaren  Erscheinungen  so  reichen  Welttheile  an  manchen  
 Orten  auf  den  Bäumen  lebt,  wie  zum  Beyspiel  die  Guaraunen,  von  
 denen  uns Herr  VON  H U M B O L D T  interessante  Nachrichten  mittheilt.  Wi r  
 brachen  nach  einiger  Ruhe  wieder  auf,  setzten  unsere  Reise  tief  in  die  
 Nacht  hinein  fort,  und  fanden  uns  endlich  bey Mondschein  in  einer  sandigen, 
   ebenen,  von  Holz  entblöfsten  Gegend,  unweit  der  Mündung  des  
 fí.io  Doge,  Hier  verirrten  sich  die  beyden  als  Führer  mitgenommenen  
 Soldaten,  und  wir  waren  genöthigt,  so  ermüdet  wir  auch  wa ren,  dennoch  
 lange  zu  warten,  bis  sie  den  rechten  Pfad  fanden,  auf  dem  sie  uns  
 dann  nach  dem  Qaartel  da  Regencia  führten.  Dies  ist  ein  Militärposten  
 von  fünf  Soldaten,  welcher  an  der Mündung  des  Flusses  errichtet  ist,  um  
 Befehle  längs  der  Küste  hin  weiter  zu  befördern,  die  R.eisenden  über  den  
 Flufs  zu  setzen  und  mit  der  Povoagäo  von  Linhares  die  Verbindung  zu  
 unterhalten.  Wi r  brachten  die  Nacht  in  dem  ziemlich  geräumigen  Hause  
 ( * )  Ein  noch  unbe schr i ebene r  kleiner  Laubf r o s ch,  Hyla  lateóla.,  von  blaf sge lbl icher  F a r b e  
 mil  einem  dunkleren  St r iche  durch  das  Auge.  
 A u f e n t h a l t  z u  C a p i t a n i a  u n d  R e i s e  znm  R i o  D o ^ e  
 der  Soldaten  hin,  in  welchem  sich  mehrere  Zimmer  mit  hölzernen  Pritschen  
 und  einem  Tronck( - )  befanden.  Diese  Leute  leben  hier  schlecht;  
 Fische,  Mandioccamehl,  schwarze  Bohnen  und  zuweilen  etwas  Salzfleisch  
 machen  ihre  einzige  Nahrung  aus.  Sie  waren  alle  farbige  Leute,  Creolen,  
 Indier,  Mamelucken  oder  Mulatten.  Kaum  wa r  der  folgende Morgen  angebrochen, 
   als  die  Neugierde  uns  hinaustrieb,  um  den  Rio  Doge  ,  den  
 bedeutendsten  Flufs  zwischen  Rio  de  Janeiro  und  Bahia  zu  sehen:  stolz  
 und majestätisch  wälzte  sich  jetzt  der  hochgefüllte  Strom  dem  Meere  zu;  
 seine  grofse Wassermasse  wogte  in  einem  Bette  hin,  das  uns  noch  einmal  
 so  breit  als  das  unsers  deutschen  Rheins,  an  seinen  breitesten  Stellen,  
 erschien.  Nach  einigen  Tagen  wa r  er  jedoch  schon  wieder  etwas  von  
 seinem  hohen  Stand  gefallen.  Nur  in  den  Wintermonaten,  besonders  im  
 December,  erreicht  er  jene  beträchtliche  St ä rke,  zu  andern  Zeiten,  besonders  
 nach  anhaltend  trockner  Witterung,  erscheinen  überall  Sandbänke  
 in  seiner Mitte, wovon  man  jetzt  keine  Spur  erblickte.  Seine  Mündung  ist  
 daher  nie  zugänglich,  und  grofse  Schiffe  können  wegen  der  Untiefen  und  
 Sandbänke  nicht  einlaufen;  selbst  Lauchas  nur  bey  dem  höchsten  Wasserstande. 
   Seinen  Ursprung  hat  der  Rio  Doge  in  der  Capitania  von  Minas  
 Geraes  ,  wo  er  durch  die  Vereinigung  des  Rio  Piranga  mit  dem  Ri~  
 beiräo  do  Carmo  gebildet  wi rd;  erst  nach  dieser  Vereinigung  nimmt  er  
 den Nahmen  Rio  Doge  an  Er  durchströmt  eine  bedeutende  Fläche  
 Landes ,  und  macht  mehrere  kleine  Caxoeiras,  wovon  drey  bald  aufeinander  
 folgende  die  Escadinhas  genannt  werden.  Die  Ufer  dieses  schönen  
 Stromes  sind  von  einem  dichten  Urwalde  bedeckt,  der  eine  grofse  
 ( * )  De r  Tronco  ist  eine  St r a f e  für  die  Soldaten.  E r  besteht  in  einem  langen  auf  die  
 Kante  senl;recht  gestellten  B r e t ,  wor in  de r  Re i h e  nach  runde  Lö c h e r  eingeschnitten  s ind,  
 durch  welche  der  Ko p f  des  De l inquenten  ge schoben  wi r d ;  das  Br e t  umschl iefst  den  Hal s ,  
 währ end  der  Menscli  in  hor izontaler  St e l lung  auf  de r  E r d e  ausges t reckt  liegen  inuls.  S .  vo.x  
 .ESCHWEGE'S  Journa l  von  Bras i l i en,  He f t  I.  S.  128.  
 ( * • * )  S .  V.  ESCHWEGE' S  Journa l  von  Br a s i l i en,  He f t  I.  S .  52.  
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