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 von  ihnen  mifshandeln  und  tyrannisiren  zu  lassen.  —  In  der  Hauptsache  
 ist  übrigens  alles  wahr,  was  K O S T  E R  von  ihrem  Charakter  sagt;  denn  
 noch  immer  äufsert  sich  bey  ihnen  ein  Hang:  zu  ungebundenem  indolenten  
 Leben;  sie  lieben  starke  Getränke  und  arbeiten  ungern,  sind  
 wenig  zuverläfsig-  in  ihren  Worten,  und  man  hat  unter  ihnen  noch  
 sehr  wenig  Beyspiele  von  ausgezeichneten  Männern.  An  Geistesfähigkeiten  
 fehlt  es  ihnen  indessen  nicht,  sie  begreifen  alles  sehr  leicht,  was  
 man  sie  lehrt,  und  sind  dabey  schlau  und  verschlagen.  Sehr  auffallend  
 in  ihrem  Charakter  ist  ein  unbeugsamer  Stolz  und  eine  grofse  Vorliebe  
 für  ihre  Wälder.  Viele  von  ihnen  hängen  noch  ihren  alten  Vorurtheilen  
 an,  und  die  Geistlichen  klagen,  dafs  sie  schlechte  Christen  sind.  Der  Priesterstand  
 steht  ihnen  offen,  dennoch  aber  ist  es  etwas  sehr  seltenes,  
 dafs  sie  sich  demselben  widmen.  In  Minas  Geraes  befand  sich  ein  Geistlicher, 
   welcher  ein  Indier,  und  zwar  von  einem  der  roheren  Stämme  
 war.  Dieser  Mann  war  iiberall  geachtet  und  lebte  mehrere  Jahre  auf  
 seiner  Pfarre;  plötzHch  aber  wurde  er  vermifst,  man  fand,  dafs  er  seinen  
 Ornat  von  sich  geworfen  hatte,  und  erfuhr,  dafs  er  nackt  in  die  
 Wälder  unter  seine  Brüder  gelaufen,  wo  er  mehrere  Weiber  nahm,  
 nachdem  er  lange  Jahre  von  den  Lehren,  welche  er  predigte,  durchdrungen  
 geschienen  hatte.  Ganz  verschieden  von  diesen  Indiern  sind  
 die  Neger ,  die  in  Brasilien  leben;  imter  ihnen  findet  man  viel  Geschick  
 und  Ausdauer  zur  Erlernung  aller  Künste  imd Wissenschaften,  ja  es  haben  
 sich  unter  ihnen  ausgezeichnete  Leute  gefunden  (-•').  
 Haben  die  Indier  hinlänglich  zu  essen,  so  bringt  man  sie  nicht  
 leicht  zur  Arbeit;  sie  verkürzen  sich  lieber  die  Zeit  mit  Tanz  und  Trinkgelagen. 
   Die  jetzt  bey  ihnen  üblichen  Tänze  haben  sie  von  den  Portu- 
 (*)  Hierüber  siehe  BLUSIEINBACHS  Beytrage  zur  Naturgeschichte  iter  Theil  S.  94,  als  
 Bestätigung  für  die  Geistesfahigkeitcn  der  Neger,  für  die  anziehende  Kraft  des  vaterländischen  
 Bodens  und  die  gewohnte  liCbensart  roher  Völker.  
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 giesen  angenommen  ;  einen  darunter,  Baducca  genannt,  lieben  sie  
 besonders.  Nach  dem  Schall  der  frióla  (Guitarre)  machen  die  Tanzenden  
 mancherley  unanständige  Stellungen  gegen  einander,  klatschen  mit  den  
 Händen  und  schnalzen  mit  der  Zunge  p ) ,  dabey  wird  der  wohlbekannte  
 nicht  vergessen,  der  heut  zu  Tage  blos  aus  der  Mandioccawurzel, 
   Mays  oder  Bataten  bereitet  wird.  Die  Wurzel  wird  geschabt,  
 in  Stücke  geschnitten,  abgesotten,  gekaut,  mit  den  Fingern  aus  dem  
 Munde  genommen  und  in  ein  Gefäfs  geschüttet,  wo  sie  mit  Wasser  
 begossen  gährt  ,  und  dann  ein  etwas  berauschendes,  säuerliches  und  
 nahrhaftes  Getränke  giebt,  das  im  Geschmack  der  Molke  sehr  nahe  
 kommt.  Gewöhnlich  wird  dieser  Lieblingstrank  warm  genossen.  Die  
 Lebensart  dieser  Indier  gleicht  noch  sehr  der  der  alten  Küsten-Indier.  
 Die  Portugiesen  haben  manches  von  ihnen  angenommen;  wie  z.B.  die  
 Bereitung  des  Mandioccamehls.  Sie  hatten  vormals  eine  gröbere  Art,  
 welche  sie  Uy-Entan  nannten,  und  eine  feinere  unter  dem  Nahmen  
 f ^ - P «  und  noch  heut  zu  Tage  kennen  diese  jetzt  civilisirten  Indier  
 den  Nahmen  Uy  recht  wohl.  Sie  bereiteten  in  jenen  frühern  Zeiten  
 schon  ihren  Mingau  ^  indem  sie  Mandioccamehl  in  die  Brühe  des  abgekochten  
 Fleisches  warfen  ,  worin  es  aufgeht  und  einen  nahrhaften  Brey  
 bildet;  die  Portugiesen  nahmen  auch  dieses  von  ihnen  an.  Sie  schütte- 
 (*)  S.  V.  ESCHWEGE,  Jouraal  TOn  Brasilien  ites  Heft,  S.  69.  
 (**)  SIMAD  DE  VAS  CON  C E L LOS  zahlt  uns  in  den  Notitias  cariosas  do  Brasil  p.  86  und  
 87.  alle  Arten  Ton  Caüy  auf,  welche  die  Küsten-Indier  vor  Zeiten  bereiteten;  sie  gössen  dies  
 Getränk  in  Talhas,  welche  sie  Igagabas  nannten.  Einige  zalilten  Sa  Arten  desselben,  z.  B.  
 von  Acayáy  Aipy,  (dieses  nannten  sie  alsdann  Caüy  caragü  und  Caüy  maschaschera)^  yon  
 Pacoba  {Pacoüy),  Milio  (Abatiüy)^  Ananas  {Nanavy)^  welches  stärker  ist  und  leicht  berauscht,  
 von  Bataten  {Jetiüy)^  Genipaba,  Beju  oder  Mandiocca  {Tepiocuy')  ^  wildem  Honig,  Zucker  
 {^Garäpa)^  Acaju  u.  s .w. ;  den  letztem  liebten  sie  am  meisten.  lieber  den  Caüy  s.  auch  JEAN  
 DE  L E  n  Y,  p.  124.  
 ( * * * )  JEAN  DE  LERY,  voyage  etc.  p.  n6.