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 hie  und  da  auf  Pflanzungen  stiefsen.  Diese  sind  zwar  ebenfalls  den  Anfällen  
 der  Wi lden  ausgesetzt,  allein  ihre  Besitzer  sind  mit Waf fen  hinlänglich  
 versehen.  Der  Wal d  ward  immer  schöner,  höher  und  wilder:  die  
 hohen  schlanken  Stämme  bilden  ein  schattenreiches  Geflecht,  so  dafs  der  
 Weg  von  allen  Seiten  überwachsen,  einem  schmalen  dunkeln  Laubengange  
 gleicht.  Auf  den  obersten  trocknen  Aesten  alter  hoher  Bäume  
 sahen  wir  häufig  lauernde  Falken  sitzen,  besonders  den  bleyfarbenen  
 {Falco  plúmbeas^  LINN.),  der  hier  sehr  gemein  ist.  Sehr  häufig-  schwebte  
 über  diesem  herrlichen  Walde  der  weifse  Milan  mit  dem  Gabeischwanze  
 {Falco  farcatas^  LINN.)  einer  der  schönsten  dortigen  Raubvögel.  Wir  
 würden  hier  eine  sehr  angenehme  Jagd  gehabt  haben,  wenn  nicht  die  
 zahllosen  Moskiten  so  lästig  gewesen  wären;  Hände  und  Gesicht  waren  
 sogleich  damit  überdeckt,  und  Maulthiere  und  Pferde  litten  ganz  besonders  
 von  den  Stechfliegen  {3Iataccas  Bald  erreichten  wir  offene  
 Wiesengegenden,  wo  es  in  Sümpfen  und  Lagoas  von  Enten,  Möven  und  
 Reihern  wimmelte.  Gegen Mittag  gelangten  wir  an  den  Flufs  Itapemirim^  
 an  dessen  südlichem  Ufer  die  P^üla  de  Ttapemirim  liegt.  Sie  ist  7  Legoas  
 von  Muribecca  entfernt  (=•'"),  ist  ein  kleiner  noch  neuer  Ort,  und  hat  
 einige  gute  Häuser,  kann  aber  nur  ein  Dorf  genannt  werden.  Die  Bewohner  
 sind  theils  arme  Pflanzer,  welche  ihre  Anlagen  in  der  Nähe  haben,  
 theils  Fischer,  einige  wenige  sind  Handwerker.  Der  Capitam  Coinmandante  
 oder  Capitam  Mor  des  Distrikts  von  Itapeinirim  hält  sich  gewöhnlich  
 auf  seiner  nahen  Fazenda  auf,  in  der  f^illa  selbst  wohnt  ein  Sargento  
 Mor  von  der  Landmiliz.  Der  Flufs,  in  dem  einige  kleine  Brigs  lagen,  ist  
 hier  nur  schmal,  veranlafst  aber  doch  einigen  Handel  mit  den  Produckten  
 der  Pflanzungen,  bestehend  in  Zucker,  Baumwolle,  Pieifs,  etwas  Milio  
 (*)  SoüTHEY  a.  a.  O.  schreibt  fälschlich  Mutuga.  Vol.  Í.  p.  618.  
 (**)  Schon  LE R V  erwähnt  dieser  Gegend  unter  dem  Nahmen  Tapemiry,  siehe  dessen  
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 und  Holz  aus  den  Wäldern.  Ein  in  den  Gebürgen  gefallener  Gewitterregen  
 gab  uns  ein  Beyspiei,  wie  schnell  und  gefährlich  oft  die  Gewässer  
 der  heifsen  Zone  anschwellen,  denn  der  Flufs  war  plötzlich  beynahe  aus  
 seinen  Ufern  getreten;  er  ist  indessen  immer  etwas  beträchtlicher  als  der  
 Itabapuana,  Die  Gebürge,  aus  welchen  er  herab  kommt,  zeigen  sich  in  
 der  Ferne  mit  merkwürdigen  zackigen  Kegelkuppen;  man  nennt  sie  Serra  
 de  Itapemirim.  Sie  sind  wegen  der  in  ihrer  Nähe,  5  Tagereisen  am  
 Flusse  aufwärts,  ehemals  angelegten  Goldwäschereyen,  Minas  de  Castello,  
 bekannt.  Jene  Gegend  wurde  aber  von  den  Tapuyas  dermafsen  beunruhigt,  
 dafs  die  wenigen  portugiesischen  Ansiedler  sie  vor  etwa  3o  Jahren  verliefsen, 
   um  sich  in  der  Prilla  und  ihrer  Nachbarschaft  nieder  zu  lassen.  
 Stromaufwärts  SiXn Itapemirim  hausen  noch  die  rohen  Horden  der  Tapuyas^  
 besonders  aber  die  der  Pui-is^  und,  wie  die  Mineiros  versichern,  noch  
 ein  anderer  wilder  Stamm,  weichen  sie  mit  dem  Nahmen  à^v  Maracas  
 belegen.  Eben  diesen  letztern  will  man  die  Mordthat  in  Qiri  zuschreiben.  
 Ziemlich  weit  stromabwärts  aber  streifen  noch  die  Botocudos  ^  wahre  
 Tyrannen  dieser  Wildnisse.  Man  erzählt,  dafs  einst  auf  einer  am  Flufs  
 Maricihé  gelegenen  Fazenda,  nachdem  man  vorher  im  nahen  Walde  
 grofsen  Läi-m  und  Geschrey  gehört  hatte,  einige  verwundete  Paris  bey  
 den  Portugiesen  Schutz  suchten  und  aussagten,  àÀ^ Botocudos  hätten  sie  
 überfallen  und  viele  der  Ihrigen  getödtet.  Aus  allen  diesem  erhellt  wenigstens, 
   dafs  jene  Wälder  von  tmabhängigen  feindseligen  Wi lden  angefüllt  
 sind.  Die  Tapuyas  haben  den  gewöhnlichen  Angaben  nach  am  Itapemirim, 
   in  Zeit  von  i5  Jahren,  portugiesische  Ansiedler  getödtet.  
 Demungeachtet  hat  man  durch  jene  unsichern  Wildnisse  einen  Weg  
 eröffnet,  auf  dem  man  von  den  Minas  de  Castello  nach  den  etwa  22  
 Legoas  entfernten  Gränzen  von  Minas  Geraes  gelangt.  
 Der  Capitam  Mor  des  Distrikts  hatte  nach  Vorzeigung  unserer  Pässe  
 uns  sogleich  sehr  zuvorkommend  empfangen;  er  sandte  eine  Menge  Ler  
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