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3 5 2 A u f e n t h a l t am Rio Grande de Belmonte
g^esteckt waren, dafs ihre Spitzen, indem sie sicli übereinander hinneigten,
oben eine Wölbung bildeten. In den Hütten fand ich nichts von
ihrem Geräthe , als grofse dicke Steine, mit welchen sie gewisse wilde
Cocosnüsse, die s'ie Ororö nennen, aufzuschlagen pflegen. Nicht weit
von einer der Hütten befand sich das Grab eines Mannes, das ich zu
untersuchen beschlofs. Es lag auf einer kleinen freyen Stelle unter
alten hohen Urstämmen, tmd war oben über mit kurzen aber dicken
Stücken Holz belegt. Nachdem man diese weggeräumt hatte, fanden
wir die Grube mit Erde angefüllt, aus welcher die Knochen einzeln zum
Vorschein kamen. Ein junger Botocude, mit Nahmen Burinetta, der
das Gi^ab angezeigt hatte, äufserte, als man auf die Knochen stiefs, sein
lautes Mifsfallen, man stellte daher das Nachgraben ein und kehrte für
diesen Tag nach dem Qaartel zurück; doch gab ich den Gedanken —
einer Untersuchung jenes Grabes --- nicht auf. Nach mehreren Tagen
begab ich mich wieder an die Stelle, in der Hoffnung, noch vor der
Ankunil der Wilden meinen Zweck zu erreichen. Wir hatten uns deswegen,
aufser unsern Jagdgewehren, auch mit einer Hacke versehen.
Unser Vorsatz war, die Nachforschung mit der gröfsten Eile zu beendigen,
allein auf dem engen Pfädchen, welches zwischen den hohen Waldstämmen
sich durchwand, stiefsen uns manche interessante Vögel auf,
die uns aufhielten; wir schössen einige davon, und eben war ich im
Begriff einen derselben aufzuheben, als ich plötzlich durch den kurzen,
aber unsanften Ton einer rauhen Stimme angerufen wurde ; schnell
kehrte ich mich um, und siehe da, nahe hinter mir mehrere Bolocudos!
Nakt und braun, w^ie die Thiere des Waldes, standen sie da, mit den
grofsen Pflöcken von weifsem Holz in den Ohren und der Unterlippe,
Bogen und Pfeile in ihrer Hand. Die Ueberraschung, ich gestehe es,
war für mich nicht gering; hätten sie feindselig gedacht, so war ich
von ihren Pfeilen durchbohrt, ehe ich ihre Nähe nur. ahnden konnte.
A u f e n t h a l t am Ptio Grande de Belmonte 333
Jetzt trat ich keck zu ihnen hin, und sagte ihnen, was ich von ihrer
Sprache wufste ; sie drückten mich, nach Art der Portugiesen, an die
Brust, klopften mir auf die Schulter und schrieen mir laute rauhe Töne
entgegen, besonders aber riefen sie bey Erblickung der beyden Piöhre
einer Doppelflinte mit Vei^wunderung wiederholt: Pun Uruhd (mehrere
Flinten)! Einige mit schweren Säcken beladene Weiber kamen nun,
eine nach der andern, auch herbey, betrachteten mich mit gleicher Neugier,
und theilten einander ihre Bemerkungen mit. Männer und Weiber
waren völlig unbekleidet: die erstem waren von mittlerer Gröfse, stark,
muskulös und wohl gebildet, jedoch meistens etwas schlank, allein die
grofsen Holzpflöcke in den Ohren imd Unterlippe entstellten sie sehr; sie
trugen Bündel von Bogen und Pfeilen unter den Armen, und einige auch
Wassergefäfse von Taquarussd. Ihre Haare trugen sie abgeschoren mit
Ausnahme einer runden Krone oben auf dem Kopfe; eben so selbst die
kleinen Kinder, deren die Mütter eine ziemliche Anzahl auf ihren Schultern
trugen, und an der Hand führten. Einer meiner Leute, George, der die
Sprache dieser Wi lden etwas verstand, war während der Zeit herbeygekommen
und unterhielt sich mit ihnen, wodurch sie denn sogleich sehr
zuti^aulich wurden. Sie fragten nach ihren Landsleuten, welche der Ouvidor
nach Rio gesandt hatte, und freuten sich sehr, als sie erfuhren, dafs
sie dieselben auf dem Destacament finden würden; ihre Ungeduld war
nun so grofs, dafs sie schnell davon eilten. Ich aber war nun sehr froh
über unser Verweilen; hätten die Wi lden, die ihr We g gerade an dem
Grabe voi^bey führte, uns bey der beabsichtigten Nachgrabung überrascht,
so möchte leicht ihr Unwillen uns in grofse Gefahr gebracht haben (^-Q.
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(*) Den seitdem aus Brasilien von Herrn F r e y r e i s s erhaltenen Nachrichten zu FoloO-e 5
waren meine Besorgnisse über ein Zusammentreiien mit den Wilden bey der EroOhung ihres
Grabes, ungegrUndet; denn er eröffnete seitdem mehrere Gräber, woliey die Boiocudos selbst
thätig Hand anlegten, um zu helfen.
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