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 356  A u f e n t h a l t  am  Rio  Grande  de  Belmonte  
 schiffte mich  am  zweyten  Tage  nach  meiner  Ankiinft  Morgens  früh  wieder  
 ein.  Die  Fahrt  geht  sehr  schnell  den  Flufs  hinab;  man  erreicht  in  einem  
 Tage  die  Insel  Cachoeirinha  wieder.  Ueber  die  Cachoeirinha,  wo  wir  
 beym  Hinaufschiffen  unser  Canoe  ausladen  mufsten,  fuhren  wi r  jetzt  ohne  
 bedeutende  Beschwerde  hinunter.  Unser  Canoe  war  sehr  grofs,  und  doch  
 schöpfte  es  viel  Wasser ,  da  es  mit  dem  Vorderthei l  in  die,  durch  ihren  
 Fall  sehr  bewegten  Wellen  von  dem  Felsen  herab  schofs;  wir  wurden  
 daher  alle  nafs,  und  ein  kleiner  Botocude,  welchen  ich  mitgenommen  
 h a t t e ,  vergofs  aus  Angst  Ströme  von  Thränen.  Eben  so  glückUch  glitt  
 unser  Canoe  über  alle  die  verschiedenen  kleinen  Wasserfälle  hinab.  In  
 der  Gegend  der  Lapa  dos  Mineiros  sahen  wir  am  südlichen  Ufer  Botocuden, 
   w^elche  beschäftigt  waren  mit  ihren  Pfeilen  Fische  zu  schiefsen.  
 Einer  von  ihnen,  der  uns  am  nächsten  war,  gab  sogleich  ein  Zeichen  
 mit  der  Hand,  dafs  wir  ihn  abholen  und  ihm  zu  essen  geben  sollten.  
 Um  ihn  näher  zu  besehen  und  seine Wa f f e n  einzutauschen,  liefs  ich  dem  
 Ufer  zusteuern,  aber  von  gierigem  Hunger  getrieben,  wartete  er  unsere  
 Ankunft  nicht  ab,  sondern  stürzte  sich  bis  an  den  Hals  in  den  Flufs,  und  
 kam  theils  schwimmend,  theils  watend,  die  Waf fen  in  die  Höhe  haltend,  
 bis  zu  einem  schon  weit  im  Flusse  liegenden  Felsstücke,  wo  er  blieb  und  
 uns  Zeichen  von  roher  unbändiger  Ungeduld  gab.  Als  wir  näher  hinzu  
 kamen,  fanden  wir  in  diesem  Botocuden  einen  grofsen  starken  Mann,  der  
 aber  in  allen  seinen  Geberden  die  gröfste  Wildheit  verrieth.  Er  rifs  den  
 Mund  weit  auf  und  hrüWte:  Nuncut!  (zu  essen),  worauf  man  ihm  einige  
 Hände  voll  Mehl  in  den  Rachen  warf;  während  er  nun  gierig  mit  dem  
 Verschlingen  desselben  beschäftigt  war,  sprang  einer  meiner  Leute,  der  
 die  Sprache  dieser  Wilden  ein  wenig  zu  sprechen  verstand,  ans  Land,  
 ergriff  seine  Waf fen,  und  brachte  sie  in  das  Canoe  in  Sicherheit,  indem  er  
 uns  ankündigte,  dieser  Mensch  sey  so  wild,  dafs  man  sich  vor  ihm  sicher  
 stellen  müsse;  zugleich  schlug  er  ein  Messer  in  die  Spitze  seines  Ruders  ein.  
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 und  reichte  es  dem Wi lden,  der  auch  mit  diesem  Tausch  wohl  zufrieden  zu  
 seyn  schien,  alsdann  stiefsen  wi r  schnell  unser  Canoe  in  den  Strom  hinaus.  
 Der  Botocude,  dessen  Heifshunger  noch  nicht  gestillt  war,  gab  indessen  
 die  Hoffnung  noch  nicht  auf  uns  wieder  einzuholen;  er  lief  brüllend  noch  
 lange  neben  uns  am  Ufer  hin.  sprang  vonFeisstück  zu  Felsstück,  schwamm  
 und  watete  durchs  Wasser ,  bis  er  endlich  bemerkte,  dafs  das  Canoe  zu  
 weit  voraus  war,  um  es  einholen  zu  können,  dann  kehrte  er  mifsmuthig  
 um  und  gieng  in  den  Wa l d  zurück.  Etwas  weiter  hin  trafen  wir  ein  
 Paar  andere  Wi lde  an,  die  sich  ebenfalls  mit  uns  unterhielten  und  ähnliche  
 Ansprüche  an  unsere  Vorräthe  machten;  wir  hatten  jedoch  nicht  
 Lust  uns  mit  ihnen  einzulassen,  um  so  mehr,  da  wir  keine  Zeit  zu  verlieren  
 hatten.  Als  gegen  Abend  unser  Canoe  die  Cachoeirinha  hinab  glitt,  
 prallte  es  gegen  einen  Felsen  an,  imd  safs  plötzlich  fest.  Ich  war  vorher  
 ausgestiegen  und  zu  Fufs  längs  dem  Flufsufer  hingeklettert,  da  ich,  
 unerfahren  im  Schwimmen,  mich  der  Gefahr  eines  unerwünschten  Bades  
 nicht  aussetzen  wollte  :  ich  war  erfreut,  nur  von  fern  den  Stöfs  mit  
 anzusehen,  der  alle  meine  Leute  in  dem  Canoe  durcheinander  warf.  
 Das  Was ser  war  in  das  Fahrzeug  getreten  und  mein  kleiner  Botocude  
 fieng  wieder  heftig  an  zu  weinen;  dennoch  kam  alles  glücklich  hinab  
 und  wir  erreichten  noch  vor  Sonnenuntergang  das  Quartel  dos  Arcos.  
 Ich  fand  bey  meiner  Ankunft  auf  der  Insel  einen  meiner  Leute  am  
 Fieber  krank,  welches  mich  nöthigte  einige  Tage  hier  zu  verweilen;  
 durch  gute  China,  womit  ich  versehen  war,  war  er  bald  wieder  hergestellt. 
   Dann  begab  ich  mich  mit  etlichen  Jägern  nach  der,  mehrere  
 Legoas  weit  den  Flufs  hinab  liegenden  llha  do  Chave  ^  wo  wir  nach  
 den  erhaltenen  Nachrichten  viele  Anhunias  {^Aniiimas^  und  überhaupt  
 eine  reiche  Jagd  zu  finden  hoffen  durften.  Bey  der  Hinabfahrt  erlegten  
 wir  einige  Araras^  und  fanden  mehrere  schön  blühende  Gesträuche  am  
 Ufer,  besonders  zeichnete  sich  in  der  dichten  Verflechtung  des  hohen  
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