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 uns  seine  Flinte,  und  drang,  mit  allen Arten  von  Bley  wohl  versehen,  in  
 die  umliegende  schöne  Gegend  ein.  Die  Gebüsche  rings  umher  waren  
 von  einer  Menge  eben  erwachender  Vögel  belebt,  welche  uns  durch  
 ihren  Gesang  auf  die  angenehmste  Wei se  unterhielten.  Schlich  man  hier  
 einer  sonderbaren  Stimme  nach,  so  ward  man  dort  durch  das  schöne  
 Gefieder  eines  andern Vogel s  angezogen.  In  einem  nahen  Sumpfgebüsche  
 erlegte  ich  bald  ein  niedliches  Wasserhuhn  {Gallinuld),  mehrere  Arten  
 von  Tangara  (T-anagr « ) ,  ebenfalls  vom  schönsten  Gefieder,  und  einen  
 allerliebsten  kleinen  Colibri.  Als  die  Sonne  schon  heftig  zu  brennen  
 anfieng,  kehrte  ich  zu  unserm  Lagerplatze  zurück.  Jeder  J a g e r  zeigte  
 nun  v o r ,  welche  Schätze  er  erhascht.  Herr  F R E Y R E I S S  hatte  imter  
 andern  schönen  Vögeln  die  prächtig  blaue  Nectarinia  cyanea  {Certhia  
 cyanea,  L INN. )  mitgebracht.  
 Man  belud  nun  unsere  Tropa.  Obgleich  die  Thiere  noch  nicht  recht  
 gewöhnt  waren  und  noch  zuweilen  abwarfen,  so  ging  es  doch  allmählich  
 besser.  Unser We g  führte  zwischen  Bergen  hin,  an  denen  wi r  die  
 herrlichste Vegetation  bewunderten;  Pflanzungen  von Mandiocca,  Zuckerrohr 
 ,  Orangenbäumen,  die  hier  kleine Wäldchen  rings  um  die Wohnungen  
 her  bilden,  wechseln  mit  kleinen  Sümpfen.  Bananenstämme  in  dichten  
 Gebüschen,  Mammonl^äume  und  hohe  schlanke  Gocospalmen  zieren  
 die  einzelnen Wohnungen;  prachtvolle  buntfarbige  Blumen  blühen  unter  
 niederen  Gebüschen,  scharlachroth  glühte  die  Erythrina  mit  ihren  langen  
 Röhrenblumen,  sanft  gelb  mit  grofsen  Bluthen  eine  schöne  Trompetenblume  
 ( Ä ' ^ N O N I A ) ,  welcher  Herr  S E L L O W  den  Piahmen  coriacea  beylegte.  
 Mitten  aus  diesen  Gesträuchen  ragen  Cactas,  Agave  fcetida  und  hohe  
 Gebüsche  einer  fächerai-tigen  Rohrart  empor.  An  den  We g en  wächst,  
 zuweilen  l obi s  1 2  Fufs  hoch,  das  Blumenrohr  {Canna  indica,  L INN. )  mit  
 seinen  hochrothen  Blumen,  und  mehr  wie  alle  diese  erfreut  denFremden  
 der  Anblick  der  Bagirmillcea  brasiliensis,  eines  etwas  stachlichten,  über  
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 und  über  mit  sanftem  Roth  prachtvoll  gefärbten,  buschichten  Baumes.  
 Es  ist  jedoch  nicht  die  Blume,  sondern  die  grofsen,  dieselbe  bedeckenden  
 Bracteen,  welche  diesen  schönen  Anblick  gewähren.  
 Bewohner  der  Gegend  in  leichten  Jäckchen  von  dünnem  Sommerzeug, 
   grofse  runde  flache  Hüte  auf  dem  Kopfe,  ritten  hin  und  her ,  und  
 staunten  uns  an.  Die  Pferde,  die  man  in  Brasilien  zieht,  sind  zum  Theil  
 sehr  gut  und  leicht,  von  mittlerer  Gröfse,  ja  selbst  eher  klein  zu  nennen,  
 von  spanischer  Race,  und  haben  mehrentheils  ein  schönes,  ebenes  Kreuz  
 und  schöne  Füfse.  Die  Sättel  sind  noch  wie  in  der  alten  Zei t ,  grof s ,  
 schwer,  mit  Bauschen  versehen,  mit  Sammet  überzogen  und  oft  künstlich  
 ausgenäht;  an  denselben  befinden  sich  ein  Paar  schwere  altfränkische  
 Steigbügel  von  Bronze  oder  Ei sen,  welche  durchbrochen  gearbeitet  sind5  
 manche  führen  sogar  einen  vollkommenen  Kasten  oder  Schuh  von  Holz,  
 worinn  der  Fufs  steht.  Die  Portugiesen  sind  überhaupt  viel  zu  Pferde,  
 und  man  trifft  ganz  gute  Reiter  unter  ihnen  an.  Sie  lieben  aufserordentlich  
 den  Pafsgang  und  binden  ihren  Pferden  gewifse  Hölzer  an  die  Füfse,  
 um  sie  an  diesen  Schritt  zu  gewöhnen.  Wi r  durchritten  das  Dörfchen  
 5.  Gonzalves^  welches  eine  kleine  Kirche  hat,  und  langten  Nachmittags  
 am  Flüfschen  Guajintibo  an  ,  wo  yviv  bey  einer  einzelnen  P^enda (=••)  
 unser  Lager  aufschlugen.  
 Der  Guajintibo  ist  ein  kleiner  Flufs,  der  in  einer  sanften  sandigen  
 Vertiefung  sich  durch  dunkle Waldgebüsche  hinschlängelt.  Die  Wiesenplätze  
 versprachen  gute  Nahrung  für  unsere  Thiere,  und  die  Waldungen  
 waren  voll  Vö g e l ;  daher  wählten  wir  diese  Stelle.  Mit  Anbruch  des  
 folgenden  Morgens  vertheilten  sich  die  J ä g e r ;  ich  eilte  dem  Ufer  des  
 Flusses  zu,  das  von  hohen,  alten Mimosen  beschattet  war.  Dieses  Baumgeschlecht  
 ist  in  den  brasilianischen,  so  wie  in  allen  tropischen  Waldun- 
 (*)  P^endas  nennt  man  Häuser  an  den  Landstrafsen,  Wegen  und  in  den  Orten  selbst,  
 worin  verschiedene  Bediu'fnissc,  besonders  Lebensmittel  und  Getränke,  verkauft  werden.  
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