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 173  R e i s e  von  S.  Salvador  zum  Flusse  Espirito-Santo  
 bensmittel  in  unsere Wohnung,  als  Holz,  Wasser  und  alle  sonstigen  Bedürfnisse, 
   wofür  wir  ihm  auf  seiner  Fazenda  unsere  persönliche  Danksagungabstatteten. 
   Dieses  Landgut  liegt  am  Flusse,  von  schönen  Wiesen  umgeben, 
   auf  welchen  eine  Menge  Vieh  aller  Art  weidend  herum  schwärmte.  
 Nach  einem  Aufenthalt  von  einigen  Tagen  verliefsen  wir  diese  Geg 
 end.  In  einiger  Entfernung^  von  der  J^üla  setzt  man  über  den  Flufs  
 ohnfern  seiner  Mündung-  in  die  See.  In  den  Sümpfen  fanden  wi r  hier  sehr  
 häufig-  die  Jatropha  urens  ^  die  den  blofsen  Füfsen  unserer  Jäg er  noch  
 weit  empfindlicher  war  als  die  brennendsten  Nesseln  {Urtica),  da  die  
 kleinen  Borsten  jener  Pflanze  sogar  durch  die  Kleidungsstücke  dringen.  
 In  sumpfigen  Niederungen  und  an  den  Flufs-Ufern  der  ganzen  Küste  ist  
 der  schöne  blutrothe  Tijé  {Tanagra  brasüia^  LINN.)  sehr  gemein5  dagegen  
 findet  man  ihn  in  den  Gebürg en  und  grofsen  inneren Waldungen  weit  
 seltener.  An  der  Mündung  des  Itapemirim  fanden  wir  grofse  Schaaren  
 einer  Mövenart  so  wie  Meerschwalben  {Sterna)  in  Menge  umher  
 schweben;  Regenpfeifer  {^Charadrius')  und  Strandläufer  {Tringd)  
 bevölkerten  die  Küste,  an  welcher  man  auch  sehr  häufig  im  Sande  die  
 kleine  Nachtschwalbe  {Caprimulgus  {f)  ^  und  in  den  benachbarten  Waldpfädchen  
 eine  andere  gröfsere  Art  dieses  Geschlechts  findet.  Nach  
 M A R C G R A F  nennen  die  Brasilianer  diese  Vögel  in  der  Gegend  von  
 Pernambucco  Ibiyau;  an  der  von  mir  bereisten  Küste  aber  haben  sie  
 den  Nahmen  Bacurau.  
 Bey  der  starken  Hitze  litten  wir  grofsen Durst ,  gegen  welchen  unser  
 junger  Pari  uns  jetzt  ein  untrügliches  Mittel  lehrte.  Man  bricht  nehmlich  
 die  mittlem  steifen  Blätter  der  Bromelia-Stauden  heraus,  in  deren  Winkeln  
 sich  vom  Regen  und  Thau  sehr  gutes  Wasser  sammelt,  und  fängt  
 diesen  Nectar  auf,  indem  das  Gewächs  schnell  an  den  Mund  gebracht  
 (*)  Wahrscheinlich  derselbe  Vogel,  welclicn  VIKU.LOT  Caprimulgus  Popetue  genannt  
 hat,  s.  desseiv  Histoire  naturelle  des  oiseaux  de  VAmérique  septentr.  Vol.  l.  Tab.  i!s.  
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 in  
 R e i s e  von  S.  Salvador  zum  Flusse  Espirito-Santo  IvS  
 wird.  Wir  fanden  heute  an  den  vorspringenden  Landspitzen  der  Küste  
 steinige  Hügel,  auf  denen  besonders  viele  schlanke  wilde  Gocospalmen  
 wuchsen,  deren  stolze  Blätter  im  frischen  Seewinde  schwankten:  der  
 Austerfresser  [HcBjnatopus)  war  überall  gemein,  so  wie  Regenpfeifer  und  
 Strandläufer.  In  einem  schönen  ürwalde  hatten  wir  eine  herrliche  Unterhaltung  
 an  den  lautschallenden  Stimmen  mannigfaltiger  Vögel ,  worunter  
 sich,  bey  dem  schon  herannahenden  Abend,  auch  eine  Eule  [Caraje)  
 hören  liefs;  Papageyen  schrien  laut  und  der  sanfte  Ruf  des  Jaö  {Tinamas)  
 tönte  weit  in  diesem  vielstimmigen  Goncert  durch  die  einsame  Wildnifs.  
 W i r  nahmen  unser  Nachtquartier  auf  der  Fazenda  de  Aga,  wo  man  Mandiocca, 
   etwas  Baumwolle  und  Kaffee  baut.  Grofse,  mit  allen  Arten  wilder  
 Thiere  belebte  Waldungen  schliefsen  sich  von  der  Landseite  nahe  an  die  
 Pflanzungen  an;  hier  hatte  in  der  vergangenen  Nacht  eine  grofse  Unze  
 {Vagaarete  Felis  Onca,  LINN.)  eine  Stute  des  Besitzers  getödtet,  dessen  
 ausgesandte  Jäger  jedoch  mit  ihren  Hunden  vergebens  die  nahen  Wälder  
 absuchten.  Unweit  der  Fazenda  erhebt  sich  aus  den  nahen  Waldungen  
 ein  hoher  abgerundeter,  isolirter  Berg,  Morro  de  Aga  Er  besteht  
 aus  Felsen  und  nackten  schroffen W ä n d e n ,  und  ist  von  hohen  Hügeln  
 umgeben:  von  ihm  soll  man  eine  vortreiTiiche  Aussicht  haben.  Ich  fand  
 hier  in  der  Nähe  der  Wohnungen  einen  kleinen  Sumpf,  wo  mich  bey  Einbruch  
 der  Nacht  die  merkwürdige  Stimme  eines  mir  noch  unbekannten  
 Frosches  in  Erstaunen  setzte;  sie  klang  vollkommen  als  wenn  ein  Blechoder  
 Kupferschläger  mit  dem  Hammer  arbeitet,  nur  war  der  Laut  im  Ganzen  
 tiefer  oder  voller.  Erst  weit  später  habe  ich  das  Thier  näher  kennen  
 gelernt,  welches  wegen  seiner  Stimme  von  den  Portugiesen  der  Schmid  
 {Ferreira)  genannt  wird.  Eine  andere  naturhistorische  Merkwürdigkeit  
 war  füi'  uns  ein  dichtes  Gebüsch  einer  noch  nicht  gesehenen  Art  von  
 Heliconia,  welche  ihre  Blumenschäfte  aus  einer  gewissen  Höhe  beständig  
 bogenförmig  herabkrümmt,  und  alsdann  mit  der  Spitze  wieder  aufwärts  
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