5o R e i s e von Rio de Janeiro nach Cabo Frio
dürren Stämme ziert ein hochrother horizontaler Schwamm; ein schön
carminrother Liehen bedeckt die Rinde der kräftigern Bäume mit seinen
schönen runden Flecken (-)• Die colossalen Stämme der brasilianischen
Wälder sind so hoch, dafs unsere Flinten nicht zu ihren Gipfeln hinauf
trugen; daher schössen wir oft vergebens nach den schönsten Vögeln,
beluden uns aber desto öfter mit schönen Blüthen von saftigen Gewächsen,
die wir leider nachher wegwerfen mufsten, da sie schnell faulen und im
Herbarium nicht aufbewahrt werden können. Ein R E D O U T É würde hier
reichen Stoff zu einem Prachtwerke von seltenem Gehalte sammeln können.
DieUeppigkeit und Saftfülle der südamerikanischen Pflanzenwelt ist Folge
der in diesen Wä lde r n überall verbreiteten grofsen Feuchtigkeit. Amerika
hat in dieser Hinsicht einen grofsen Vorzug vor allen andern heifsen Ländern,
und Herr VON HUMBOLDT erklärt sich hierüber sehr schön in
folgenden W o r t e n „ S c h m a l h e i t des mannigfaltig eingeschnittenen
Continents, seine weite Ausdehnung gegen die beeisten Pole hin, der
freye Ocean, über den die tropischen Winde wegblasen, Flachheit der
östlichen Küsten, Ströme kalten Meerwassers, welche vom Feuerlande
bis gegen Peru hin nördlich vordringen, die Zahl quellenreicher Gebürgsketten,
deren schneebedeckte Gipfel weit über alle Wolkenschichten
emporstreben, die Fülle ungeheuerer StröiTie, welche nach vielen Wendungen
stets die entfernteste Küste suchen, sandlose und darum minder
erhitzte Steppen, undurchdringliche Wälder, welche die flufsreichen
Ebenen am Aequator ausfüllen, und im Innern des Landes, wo Gebürge
und Ocean am entlegensten sind, ungeheuere Massen theils eingesogenen,
theils selbst erzeugten Wassers aushauchen; alle diese Verhältnisse
(*) Diese schöne carminrothe Flechte brachte schon der Engländer MAWE mit nach
Europa (s. dessen Beise p. 271), und man hat in England bereits Versuche über die Benutzung
ihres Färbestoffes angestellt.
(**) S. ALEXANDER VO3F HUMBOLDT Ansichten der Natur S. I4-
11 Ü; I i i ' ii
Pieise von Rio de Janeiro nach Cabo Frio 5 i
gewähren dem flachen Theile von Amerika ein Clima, das mit dem
afrikanischen durch Feuchtigkeit und Kühlung wunderbar contrastirt.
In ihnen allein liegt der Grund jenes üppigen saftstrotzenden Pflanzenwuchses,
jener Frondosität, welche den eigenthümlichen Charakter des
neuen Continents bezeichnet. "
Als wir die Höhe der Serra de Inaä erreicht hatten, sahen wir
über den hohen Waldbäumen die Papageyen paarweise, unter lautem
Geschrey umher fliegen: es war der rothstirnige Papagey {Psittacus
coronatus des Berliner Museums oder der Perroquet Dafresne ^ LE
V A I L L A N T ) , in diesen Gegenden Camutanga^ und in andern, wegen
seiner Stimme, Schaüd genannt. Wir haben ihn späterhin oft für
unsere Mahlzeiten benutzt. Unsern W e g fortsetzend stiegen wir in ein
angenehmes, ebenes Land hinab, und übernachteten in der Fazenda de
Jnud, Der Eigenthümer, ein Capitain, der durch den unerwarteten
Besuch nicht wenig befremdet war, hielt ziemlich viel Vieh und Geflügel
auf seinem Hofe. Wir sahen bey ihm auffallend schöne grofse Ochsen
und fette Schweine, wovon man hier eine niedrige schwarze Race mit
einem Senkrücken, langem Rüssel und herabhängenden Ohren zieht,
Hühner, Puter, Perlhühner, zum Theil mit weifsem Gefieder, Gänse von
der europäischen Art, und Bisam-Enten {Anas moschata^ LIN
N.) die zuweilen
ausfliegen und wieder kommen. Die letztern finden sich, wie
bekannt, wild in Brasilien.
Die Serra de Inud ist ein nach dem Meere hin vortretender Arm
der höhern Gebürgskette, welche mit der Küste parallel zieht. Sie ist
von hohen Urwäldern bedeckt, in denen mancherley Nutzhölzer wachsen
, und in welchen besonders der Jäger reiche Ausbeute findet. Wir
benutzten hier einen Tag blos zum Jagen, da uns ohnehin ein krank
gewordenes Lastthier,Aufenthalt verursachte. Wir bekamen eine Menge
schöner Vögel. Nach dem kleinen, schön röthlich goldfarbenen Affen,
Ifñ
T