%
1
t-v'
96 R e i s e von Ca bo F r i o b i s Vi l l a de S. S a l v a d o r
Winke l ver i r r t hä t ten, we swe g e n er be abs i cht ige , sich zum Vicecónsul
ernennen zu lassen. Wi r g aben ihm eine Meng e Gewehr e zu repa
r i r en, und der He r r Cónsul entledigte sich seines Geschäf tes zu uns
e re r gTofsen Zufriedenheit . De r Mange l tüchtiger Arbei ter zur Reparatur
der Gewehr e ist dem rei senden Na tur for s che r in Bras i l ien sehr
fühlba r ; denn nur selten findet man Leut e, we l che auch nur die gröbs te
Büchs enma che r a rbe i t ver s tehen. Man baut be y 5 . Joáo viel Rei s und
Mandi o c c a ; be sonde r s am Flus se aufwär t s soll es sehr f ruchtbare Ge g enden
g e b en, ja selbst der S and t rägt rei chl i ch, wo er hinlänglich bewä s s e r t
wi rd.
Vo n der sandigen Landzung e zwi s chen dem Flus se und dem Me e r e ,
wo r auf die f^illa erbaut i s t , folgten wi r der Küs te we i t e r nordwä r t s .
In einer mi t mancher ley Ges t räuchen bewa chs enen Ebene blühten häufig
eine schar lachrothe Amaryllis mit zweyblumi g e r Scheide, gelbblühende
Banisterien und schöne Myr thenar ten. Zu r Linken hatten wi r einen
hohen isolirten B e r g , den Monte de S. Joäo^ vor we l chem sich in der
Eb e n e nach dem Me e r e hin hohe Urwä l d e r , und v o r diesen Sümpf e
mit Gebüsch bede ckt , ausbreiteten.
Na chdem wi r einige Mandioc c apf i anzungen, di e , wi e das darin
verbr annte, umher l iegende Holz z e i g t e , erst seit kur z em urba r g ema cht
wo r den wa r e n , durchritten ha t t en, erreichten wi r auf einem tiefsandig
en We g e das S e e u f e r , und bef anden uns nun an einem s chönen, mit
Cocospalmen bewa chs enen, in die S e e vor spr ingenden felsigen Hü g e l ,
neben we l chem ein B a c h , der Rio das Ostras^ sich in das Me e r ergiefst.
Wi r folgten dem Flüf schen einige 100 Schri t te a u fwä r t s , luden
unsere Tropa ab und setzten sie über . Da s Wa s s e r dieses Ba chs ist k l a r ,
und die Ufer sind r e i z end; denn ein dichtes Geflechte v on manche r l ey
Wa l dbä umen hängt bis zu ihnen hinab und schlanke Cocospalmen überschatten
sie. Hier wohnt eine einzelne Fami l ie , ein mit einer Indierin
R e i s e von Ca bo F r i o bi s Vi l l a de S. S a l v a d o r 97
verheyra theter Por tug i e s e , der zur Landmi l i tz g ehö r t , und dabey die
Ueber f ahr t be sorgt . Durch dieses doppelte Geschäf t sehr beläs t igt , schien
mi r der Mann sehr unzufrieden niit seiner L a g e zu seyn. Lei cht wä r e
hier auch eine kleine Brücke anzul egen, wodur ch dem Rei senden viel
Zeitverlust er spar t we rden k önnt e , denn kaum hat man am Mo r g en in
S, Joäo mit Mühe eine Tropa be l aden, so mufs man hier schon nach
ein pa a r Stunden alles wi ede r abpacken.
Jensei t des Flüf schens fanden wi r einige leere Lehmhüt ten mit
Cocosblät tern g e de c k t , in we l chen wi r v o r einem heraufziehenden
Re g en Schut z fanden. Eh e man auf dieser St raf se den Se e s t r and wi ede r
e r r e i cht , kommt man übe r einige Hügel , die gröfstentheils mit einer
3o bis 40 Fuf s hohen Ro h r a r t , Taquarussd ^ das grof se Rohr genannt ,
bewa chs en sind. Se ine colossalen , bis 6 Zoll im Dur chme s s e r haltenden
S t ämme , schiefsen hoch auf und krümmen sich sanft übe r ; das
L a u b ist gef ieder t und an den Zwe i g e n befinden sich kurze s t arke
Do rn e n , we l che dieses Dickicht undurchdr ingl ich machen. Diese Ar t
von Bamhasa bildet äufserst v e rwo r r ene Gebüsche , we l che durch
ihre vielen dür ren Blät ter und abfallenden ve rdor r t en Blat t scheiden
b e y dem leisesten Wi n d e ein e i g ene s , ras selndes Geräusche verur -
sachen. Dem J ä g e r sind sie sehr wi l lkommen, denn haut man ein
solches Gewä chs unter den Knot en a b , so findet man den S t amm der
e twa s jünge rn Tr i ebe mit kühl em, ang enehmen, wi ewohl etwa s fadem,
süfslichem Wa s s e r ange fül l t , we l che s den brennnenden Durst auf der
Stelle löscht. Diese me rkwürdi g e Pflanze liebt g e b ü r g i g e , trockne Geg
enden, daher findet man sie be sonde r s häufig in der Capitania von
Minas Geraes^ wo man Tr inkbe che r aus ihren S t ämmen macht. Wi r
wande r t en an der S e e fort, und fanden bey einigen zer s t reut l iegenden
Wo h n u n g e n eine andere, ebenfalls nützliche Pf l anz e, die Agave fcetida,
Ihre gl a t t r andigen, s t e i f en, 8 bis 10 Fuf s langen Blät ter bilden feste
i 3