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dabey ihre eigenen Pflanzungen; andere, besonders junge Leute, dienen
als Matrosen auf den Schiifen oder Lauchas der l^illa.
In dieser Gegend zeigen sich wieder sehr reizende Ansichten, die
man gern durch den Pinsel eines ausgezeichneten Landschaftmahlers
nachgebildet sehen möchte, um sie sich lebhafter wieder vergegenwärtigen
zu können. Hier fand ich einen alten über das Wasser überhängenden
Stamm, der eine wahre botanische Collection darstellte: an seinem
Ende sprofsten der Cactus pendalas und Phyllanthus ^ ihre Zweige
hiengen gleich Stricken herab 5 in seiner Mitte wucherten Caladiamunä
Tillandsia auf mancherley Moosen, und an seiner Basis rankten Farrenkräuter
{Filioc) und andere Gewächse. Die Zweige dieses merkwürdigen
Baums waren mit einer grofsen Menge beuteiförmiger Nester des Guasch
{Oriolas hcemorrhous^ LINN.), der, wie alle Cassiken immer in Gesellschaft
nistet, reichlich beladen. So ist überall und unter den mannigfaltigsten
Formen ein reges Leben in diesen Tropenclimaten verbreitet.
An vielen Stellen öifnen sich hier kleine dunkelbeschattete Corregos in
den Flufs, an dessen Ufern häufig die schon früher erwähnte Aninga
{Arum liniferam^ ARRUDA) wächst; ihr kegelförmiger, unten verdickter
uxid oben zugespitzter Stamm, erreicht eine Höhe von 6 bis 8 Fufs. An
mehreren Plätzen findet man hier Fazendcis^ bey welchen man den
Wald weggeräumt hat, und jetzt daselbst etwas Rindvieh unterhält;
auch hat man um die Gebäude herum eine grofse Menge von Orangenbäumen
angepflanzt.
Von einem äufserst heftigen Gewitterregen überfallen, kehrte ich
nach AQT P^illa zurück, und setzte dann meine Reise nach Comechatibd
fort. In dieser Gegend hatte kürzlich die See ein grofses Boot auf den
Strand geworfen, und sechs darin befindliche Menschen waren umgekommen
— eine neue Bestätigung der Erfahrung, dafs diese Küsten für
die Schifffahrt sehr gefährlich sind; man hat von denselben keine Karten
und bedient sich blos leichter kleiner Küstenfahrzeuge. Der König erzeigt
seinem Lande eine grofse Wohlthat dadurch, dafs er die Küsten aufnehmen
und sicher bestimmen lafst.
Auf der Fazenda zu Caledonia wurde ich von Herrn CHARLES
F R A Z E R gastfreundlich aufgenommen, und fand daselbst zu meiner grofsen
Freude Zeitungen aus Europa- Am Flusse Corumbao mufste ich, da die
Ebbe schon vorüber war, eine lange traurige Nacht zubringen. Es
regnete beständig, und an die Erbauung einer Hütte war nicht zu denken,
da wir weder Zweige noch Blätter hatten; kaum konnte man ein
schwaches Feuer unterhalten. Am folgenden Morgen suchten wir Krabben
{Qiri)^ deren es im Flusse und in der benachbarten Lagoa nicht
wenige glebt; es leben hier zwey Arten dieser Thiere, die eine in der
See, die andere in den Flüssen. Wir fischten eine grofse Meduse {Medusa
pelagica, Bosc.), welche die See heran trieb, und befreyten aus
ihren Eingeweiden eine kleine weifsliche Krabbe, welche noch völlig
lebendig war. Wir bemerkten hier eine grofse Menge von Geyern {Uruhu),
die öfters alle auf ein und demselben Baume zusammen gedrängt safsen;
aufser diesen Vögeln liefsen sich auch Möven sehen, welche schreyend
die Mündung des Flusses umflogen , und der Fischaar {Falco IlalicBtos^
L I N N . ) der nach Fischen begierig über dem Wasser schwebte. Ich hatte
diesen schönen Raubvogel schon öfters gesehen, immer aber war er unsern
Jägern zu vorsichtig gewesen; bey meiner Ankunft in Belmonte fand ich
ihn indessen in der Sammlung, welche meine dort zurückgelassenen Leute
während meiner Abwesenheit gemacht hatten; er gleicht in allen Stücken
unserm deutschen Fischaar, und scheint, so wie mehrere andere Vögel,
die Behauptung zu widerlegen, dafs die lebende Schöpfung von Amerika
durchaus nichts mit der der andern Weltthelle gemein habe.
Ich traf am 28ten December in l^illa de Belmonte wieder ein, und
machte nun die nöthi^en Anstalten zur weitern nördlichen Reise längs