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2 4 4 Reise vom Rio Do^-e bis zum Flusse Alcoba^a
zu arbeiten; allein -sie sind zu träge und verrichten nur änfserst leichte
Arbeiten. Sie bewohnen zusammen ein kleines Haus : einer von ihnen
ist Christ geworden und hat eine junge Indierin geheirathet. Die Gebräuche
ihres Vaterlandes haben sie auch hier beybehalten; sie feyern
ihre Festtage, essen alle Arten von Geflügel besonders gern, und sollen
in der Wahl ihrer Lebensmittel nicht besonders streng seyn. In ihrer
Rohrhütte haben sie alles äufserst nett und sauber eingerichtet. Ihre
Betten zum Beyspiel sind mit feinen weifsen Vorhängen versehen, die
auf das netteste drappirt und an den Seiten mit sehr zierlichen bronzenen
Haken aufgezogen sind. Diese zierlichen Betten machen einen
sondex^baren Contrast mit der elenden Rohrhütte, in der sie aufgestellt
sind. Die Chinesen schlafen übrigens auf einer feinen Pvohrmatte imd
ruhen mit dem Kopfe auf einem kleinen runden Kissen. Ihre Mahlzeit
von R.eis sahen wir sie nach acht chinesischer Art mit zwey kleinen
Stäbchen zu sich nehmen. Sie sahen es sehr gern, wenn wir sie besuchten;
alsdann erzählten sie uns in äufserst gebrochener portugiesischer
Sprache von ihrem geliebten Vaterlande, und wie es dort so viel besser
sey als in Brasilien. Auch öffneten sie uns ihre Kasten, in welchen sie
schlechtes chinesisches Porcellain und eine grofse Menge von Fächern
aller Art, die sie zum Verkauf mit sich genommen hatten, sorgfällig
verwahrten. Das Gebäude der Fazenda mit der Mandiocca-Fabrik liegt
in einer kleinen Vertiefung nahe am Flusse zwischen zwey Höhen.
Ersteigt man die östlichste derselben, wo die Povoacäo ist, so überschaut
man die ganze weite Gegend, und so weit das Auge trägt, ist
alles bis zum fernsten Horizont ohne Unterbrechung mit finstern Urwäldern
bedeckt, nur am rechten Ufer des Flusses zeigen sich einige wenige
Stellen, wo Menschen sich angebaut haben.
W i r durchstrichen die nahen W'älder mit unsern Jägern und mit
einigen hier wohnenden trägen Mamelucken. Mancherley Thiere wurden
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erlegt, unter andern erhielten wir hier zum erstenmale das gemeine
Fau\lh\er {Bradypas tridactylas, LINN.), da wi r bis jetzt nur immer
das mit dem schwarzen Halskragen {Bradypus torfiantas, ILLIGEKI) gesehen
hatten. Hier hätten wir bald das Unglück gehabt, Herrn FREYREiss
zu verlieren. Er hatte sich eines Morgens allein mit der Flinte
auf die Jagd begeben, und kam Mittags zar gewöhnlichen Zeit nicht
zurück. Es wurde Abend, und die Dunkelheit nahm schon immer mehr
zu, und noch immer erwarteten wir ihn vergeblich. Mit jeder Minute
wurde unsere Besorgnifs um ihn gröfser; ich liefs daher mehrere Leute
beständig schiefsen , um ihm ein Zeichen zu geben; endhch hörten wir
aus weiter Ferne den schwachen Laut eines Schusses. Nun liefs ich
schnell die Indier, mit brennenden Fackeln oder vielmehr glimmendem
Holze versehen, nach der Gegend zu vordringen, von woher der Schufs
war gehört worden. Glücklicherweise fanden sie den Verirrten, und
kehrten um Mitternacht mit ihm zurück. Sehr ermüdet und entkräftet
erreichte er die Fazenda und erzählte uns nun sein gefahrvolles Abentheuer.
E r war eine bedeutende Strecke einem wenig gangbaren Waldpfade gefolgt,
der plötzlich aufhörte; er gieng weiter und welter, und als er
zurückkehren wollte, hatte er die Richtung gänzlich verloren. Nun
brachte er den ganzen Tag zu, um sie wieder aufzusuchen, und zeichnete
die Bäume, ima zu bemerken, wo er bereits gewesen war, aber
alle Versuche sich zu orientiren verunglückten: er erstieg endlich einen
Berg und hoffte dort durch die freyere Aussicht sich wieder zu finden,
allein auch dies war umsonst, überall zeigte sich ununterbrochener Urwald.
Endlich fand er einen Waldbach, und watete in demselben hinab,
in der Hoflhung, den ^Icoba^a zu erreichen und an dessen Ufer sich
zur Fazejida zurück zu finden; auch diese Hoffnung täuschte ihn, denn
der Bach breitete bald hl einen Sumpf sich aus und versiegte. Jetzt wurde
seine Lage im höchsten Grade beunruhigend. Durch Mangel an Nahrung