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 sichtige  Schiffer,  die  bey  der  Annäherung  ähnlicher  Weiter  nicht  die  
 Obern  Segel  einziehen,  leiden  zuweilen  von  diesen  plötzlichen  VYindstöfsen  
 {Squalls}  Schaden,  oder  verunglücken  gar;  nach  den  Erzählungen  
 iinserer  Schiffer  hatte  vor  noch  nicht  langer  Zeit  dieses  traurige  
 Schicksal  ein  Schiff  betroffen.  Auch  auf  unserm  Schiffe  zerrifs  der  Sturm  
 einige  Segel,  that  aber  übrigens  keinen  Schaden,  da  man  jederzeit  auf  
 dergleichen  Fälle  vorbereitet  war.  
 Am  22ten  Juny  durchschnitt  der  Janas  den  Aequator,  wo  Neptun,  
 wie  gewöhnlich  seinen  Besuch  am  Bord  abstaltete.  Schon  am  Abend  
 zuvor  hatte  man  uns  einen  Abgeordneten  des  Herrschers  der  Meere  
 angekündigt:  dieser  stieg  zu  uns  herauf  und  unterhielt  sich  mit  dem  
 Capitain  durch  das  Sprachrohr,  worauf  er  mit  einem  feurigen  Schiffe  
 wieder  abfuhr;  seine  Fregatte,  bestehend  in  einer  brennenden  Theertonne, 
   gewährte  uns  Allen  noch  einen  schönen  Anblick  in  der  Dunkelheit  
 der  Nacht.  
 Vom  Aequator  südlich  fanden  wir  jetzt  weniger  gutes  Wetter.  
 Kurze  Regenschauer,  begleitet  von  Sturmstöfsen  stellten  sich  häufiger  
 ein;  die  See  war  nicht  selten  bewegt,  Sturmvögel  {Procellaria  pelagica) 
   und  Delphine,  Braunfische  und  gröfsere  Cetaceen  zeigten  sich  
 öfter.  Wi r  hatten  die  Linie  unter  28"  25  '  W .  L.  von  Greenmich  durchschnitten, 
   weil  wir  früher,  den  afrikanischen  Küsten  näher,  viel  Regen  
 und  Gewitter  gefunden  hatten,  .und  deshalb  mehr  westlich  gesteuert  
 waren,  dies  brachte  uns  in  die  Strömungen,  welche  nach  der  amerikanischen  
 Küste  hinziehen.  
 Am  2 7ten  Juny  Morgens,  als  wir  zum  Frühstück  vereint  waren,  
 wurde  uns  die  Ansicht  des  Landes  gemeldet.  Alles  stürzte  aufs  Verdeck  
 und  siehe  da,  Brasilien  stieg  vor  unsern  freudigen  Blicken  über  dem  
 Spiegel  des  Oceans  empor.  Bald  erschienen  zwey  Arten  von  Tang  
 {Facus')  und  mancherley  Anzeigen  der  Küste,  bis  wir  endlich  ein  
 Fischerflofs  in  See  erkannten,  auf  welchem  sich  drey  Menschen  befanden. 
   Diese  Flöfse,  Jangadas^  werden  aus  fünf  bis  sechs  Baumstämmen  
 von  einer  leichten  Art  Holz  gemacht,  die  in  Brasilien  Pao  de  Jangada  
 genannt  wird.  KÖSTER  hat  in  seiner  Reise  nach  Brasilien  die  Zeichnung  
 davon  gegeben.  Di^se  Jangadas  gehen  ziemlich  sicher  in  See:  sie  werden  
 zum  Fischfange  oder  zu  Fortschaffung  verschiedener  Gegenstände  
 längs  der  Küste  gebraucht,  und  laufen  schnell,  da  sie  ein  starkes  Segel  
 an  einem  niedern  Mäste  führen.  Wohl  würden  wir  nach  einer  langen  
 Fahrt  gern  die  Gelegenheit  benutzt  haben,  uns  mit  einigen  frischen  
 Fischen  zu  versehen;  doch  schien  uns  die  Befriedigung  dieses  Wunsches  
 nicht  bedeutend  genug,  um  deshalb  der  Fischerjangade  nachzusegeln.  
 W i r  liefen  schnell  nach  der  Küste  hin,  und  hatten  uns  derselben  schon  
 gegen  Mittag  so  sehr  genähert,  dafs  m^n  sie  für  die  Gegend  von  
 Goiana  oder  Paraiha  do  Norte  in  der  Capitania  von  Pernambacco  
 erkennen  konnte.  Wenn  wir  bey  starkem  Winde  und  bey  Nacht  in  
 dieser  Richtung  dem  Lande  uns  so  genähert  haben  würden,  so  hätten  
 wir  in  grofse  Gefahr  gerathen  können.  Glücklicher  Weise  konnten  
 wir  jetzt  bey  Zeiten  umlegen  und  wieder  der  hohen  See  zusteuern.  
 Schon  in  der  Nacht  trat  sehr  heftiger  Regen  mit  Sturm  ein,  der  uns  
 nöthigte  mehrere  Tage  beynahe  auf  derselben  Stelle  zu  kreuzen.  Der  
 Wind  heulte,  das  Schiff  ward  heftig  umhergeworfen,  Regen  stürzte  in  
 Strömen  vom  Himmel,  so  dafs  wir  selbst  in  unsern  Betten  kaum  mehr  
 sicher  waren.  Unsere  Matrosen  litten  am  meisten  durch  die  Nässe;  sie  
 mufsten  wegen  den  uns  bedrohenden  Gefahren  Nacht  und  Tag  auf  dem  
 Verdecke  seyn,  und  selbst  der  Rum  war  kaum  mehr  hinreichend,  sie  
 bey  Math  und  gutem  Willen  zu  erhalten.  Der  Anblick  der  See  in  diesen  
 finstern  stürmischen  Regennächten  war  furchtbar;  hoch  sich  aufthürmend  
 schlugen  die  brausenden  Wogen  bis  aufs  Schiff  und  die  ganze  unabsehbare  
 Wasserfläche  schien  im  Feuer  zu  stehen;  tausend  leuchtende  Punkte,  
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