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66 R e i s e von Rio de Janeiro nach Cabo Frio
wir hohe Waldgebürge, eine vor denselben Hegende, jedoch auch mit
Wald bedeckte Niederung^ , und die grofsen glänzenden Spiegel der
Seen ; zu unsern Füfsen la^ die Fregaesia von Sagoarema und Hnks
die Küste, wo die Wogen furchtbar brausend schäumten. Dieses vielumfassende
gTofse Gemähide, von den letzten Strahlen der untergehenden
Sonne beleuchtet und endlich im Nebel der Dämmerung- verschwimmend,
erweckte in uns das Andenken an das entfernte Vaterland. An die Seite
eines Beinhauses gelehnt und neben den unter einem Kreuze an der
bemoosten Mauer aufgethürmten Schädeln, hingen wir schweigend unsern
Empfindungen nach. In dieser ernsten Pause fühlten wir es recht
lebhaft, wie viel der Reisende entbehren lernen mtifs, wenn er, hinausgetrieben
von der unwiderstehlichen Sehnsucht nach Erweiterung seiner
Kenntnisse, sich in einer fremden We l t einsam stehen sieht. — Unser Auge
strebte vergebHch, die wunderbar verschleyerte Zukunft zu durchblicken,
und vor ihm lagen beunruhigend alle die Beschwerden, die noch überwunden
werden mufsten, ehe wir hoffen konnten, über den weiten Spiegel
des unermefslichen Oceans zu den heimischen Gestaden zurück zu
kehren. — Die Nacht machte unsern Betrachtungen ein Ende.
W i r kehrten nach Sagoarema zurück, das meist von Fischern bewohnt
ist, die aber zum Theil auch von ihren Pflanzungen leben. Man
baute hier ehemals viel Cochenille , deren Cultur aber jetzt aufgehört hat.
Der König bezahlte für das Pfund ^^Doble (6/jOO Reis oder etwa iVg Carolin)
allein die Pflanzer verdarben sich den vortheilhaften Handel selbst;
sie mischten dies theure Produkt mit Farinha, und verfälschten es dermafsen,
dafs es allen Werth verlor. Am folgenden Tage, einem Sonntag,
wohnten meine Reisegefährten einer Messe in der Kirche von 5agoarema
bey ; ich liefs indessen unsere Tropa über den See schiffen.
Das Gepäck wurde aufCanoen übergefahren, und unsere Lastthiere wateten
unbeladen durch das selchte Wasser. Wir verliefsen die Gegend ,
Pteise von Rio de Janeiro nach Cabo Frio 6 7
und kamen nun durch Waldungen, die wir mit vielen schönen Blumen
angefüllt fanden. Eine Hauptzierde dieser Gegend sind die glänzenden
Spiegel vieler Landseen, die sich von Marica bis gegen Cabo Frio ausdehnen.
Eine aufserordentliche Menge Wasservögel lebt an den Seeufern,
besonders MeerschAvalben, Möven und Reiher, deren wir in kurzer
Zeit eine grofse Schaar erlegten. Dem Ornithologen dringt sich die
Beobachtung auf, dafs die meisten hiesigen Sumpf- und Wasservögel ein
Analogon in Europa finden: so erblickten wi r z. B. eine der Larus ridibandus
ähnliche Art, àie Larus marinus ^ Sterna caspia, Hirando und
eine dritte der Minata sehr ähnliche. Die Unterschiede dieser Vögel in
Amerika und Europa fanden wir nur imbedeutend. Die kleinste Meerschwalbe
(") war an den Dünen der Seeküste sehr häufig: hier flogen
diese niedlichen kleinen Möven wie die Schwalben umher, imd ihr blendendes
Weifs wurde jetzt noch von den schwarzen Wolken eines stürmischen
dunkeln Himmels gehoben. Hinter den Sanddünen der Küste
verbreiteten sich Sümpfe , und zwischen beyden war der sandige Boden
mit einem dichten Gebüsche von niedern etwa drey Fufs hohen Zwerg-
Cocospalmen bewachsen. Dieses Gewächs ist stengellos, mit gefiederten,
eingerollten oder abwärts gebogenen Blättern und Fruchtkolben, welche
gleich einer Typha auf einem aufrechten Schafte stehen und mit kleinen
Nüfschen von der Gröfse der Haselnüsse bedeckt sind; diese sitzen wie
die Körner am Mays, und haben an der Wurzel ein gelbröthliches, efsbares,
süfslich schmeckendes Fleisch. Man nennt diese Pflanze dort Cocos
de Guriri oder de Fissando. Zu unserm Nachtquartier bestimmten wir
(*) Ich nenne diesen Vogel Sterna argentea; er könnte wolil mit unserer Sterna minata
Ycrwecliselt werden, dennocli ist er verschieden ; seine Gröfse übersteigt die unseres europäischen
Vogels, denn ich fand ihn 9 Zoll 1 Liniej Schnabel und Füise sind gelb, der erstere
mit einer schwarzen Spitze; Stirn und alle untere Theile des Vogels sind weils; Scheitel und
Nacken schwarz, Rüclicn, Flügel und Schwanz schön nett silbergrau.