o/, R e i s e n a c h R i o d e J a n e i r o
nöthigten. Als wi r aber im Begriffe wa r e n , uns zur Ruhe zu be g eben,
rief uns ein fernes Schiefsen wieder aufs Ve rde ck. Im Hindergrunde
des Meerbusens , d a , wo wir we g en einer Menge grof ser Schiffe die
L a g e von Rio de Janeiro vermuthet hat ten, überraschte uns nun in
der Dunkelheit der Nacht ein wahrhaf t prachtvol ler Anblick — ein
schönes grof ses Feue rwe rk. — De r nächste Morgen wa rd nunmehr mit
Ungeduld von uns e rwa r t e t ; auch hchteten wi r , als kaum die Sonne
ihre ersten heifsen Strahlen verbrei tete, die An k e r , imd segelten mit
einem mäfsigen Winde dem Hafen zu. So viel unserer wa ren, vereinten
wi r uns alle fröhlich auf dem Ve r d e c k ; stolz wehete über unsern Köpfen
die englische F l a g g e und alle Segel wa r en majestätisch aufgeschwellt.
Ein Boot nahete sich mit acht indischen Ruderern (''') 5 und brachte
zwey Pi loten, um den Janas zur Stadt Rio vor Anker zu führen. Sie
überreichten uns als Proben ihres schönen Lande s , köstliche Orangen,
die uns um so viel wi l lkommener wa r e n , da wi r nun in den 72 Ta g en
unsrer Seefahr t keine frischen Früchte genos sen hatten. Jetzt segelten
wi r von einem Ufer zum andern in den engen Eing ang des Bus ens ,
imme r wei ter nach der Stadt hinauf. Prachtvoll schwanden die Gebürg e
an beyden Ufern dahin; wi r sahen niedliche Wohnung en mit freundlich
rothen Dächern in von dunklem Gebüsch beschatteten Bergschluchten
l iegen, aus welchen schlanke Cocospalmen empor s t iegen; Schiffe segelten
hin und h e r , kleine Inseln wurden zurückgelegt , unter welchen sich
eine auszeichnet , auf wel cher V i l l e g a g n o n das For t erbaut
hat te, und welche noch seinen Nahmen t r ä g t ; im J ahr i56o wurden die
Fr anzos en von da vertrieben. Vo n hier übersieht man einen wei ten
Theil des grofsen Busens von Rio^ welcher in blauer Fe rne rund umher
( * ) iQdi e r {Indios) nennen di e P o r t u g i e s e n a l l e Ur b ewo h n e r von Br a s i l i e n , so wi e man
ü b e rh a u p t f ä l s chl i ch al le ame r ikani s che Vö lUe r s t a r ame , in al len Th e i l e n di e s e s -weiten Cont i -
n e n t s , Indi ane r o d e r Indi e r zu nennen pf l e g t .
R e i s e na,ch R i o de J a n e i r o 2 5
von hohen Gebürgen eingefafst ist, worunter die Serra dos Orgäos (das
Orgeigebürge) durch die merkwürdigs ten den schweizerischen ähnlichen
Kegelhörner sich auszeichnet. Mancher ley niedliche Inseln liegen in
diesem schönsten und sichersten Hafen der neuen We l t , dessen Eing ang
an beyden Sei ten durch starke Batterien vertheidigt wird. Gerade gegenüber
ist man hier der Stadt Rio de Janeiro oder eigentlich .S. Sehastiam,
die auf mehreren Hügeln unmittelbar am Ufer erbauet ist, und mit ihren
Kirchen und Klöstern auf den Höhen einen angenehmen Anblick gewähr t .
Den nahen Hintergrund der Stadt bilden schöne mit Wa l d bedeckte
grüne Gebürge von ziemlich kegel förmiger oben abgerundeter Gestalt,
sie verschönern unendlich die Lands cha f t , deren Vorde r g rund durch eine
Menge Schiffe aller Nat ionen belebt wird. Hier herrscht r e g e s Leben
und mannigfaltige Thät igkei t ; Boot e und Canots fahren hin und he r ,
und die kleinen Küstenschiffe der benachbarten Häfen füllen den Raum
zwischen den majestätischen Dreymas tern der europäischen Völker .
Kaum hatte unser Schiff g e anke r t , als wi r schon von mehreren
Booten umlagert wurden; eines derselben führte Solda t en, die sogleich
das Ve rde ck besetzten; die Bedienten der ^ Z / 'We ^ « (Zol lbeamten) stellten
sich ein; auch erschien eine Gesundheits-Gommission, welche den
Gesundheits-Zustand der Ang ekommenen, und Officiere, welche unsere
Pässe untersuchten; endlich wa rd das Schiff von einer Menge Engl änder
angefüllt, welche nach Neuigkeiten aus dem Vater lande verlangten. Leicht
schwand uns nun am Bord unseres Schiffes der letzte Abend, nach einer
Gefangenschaft von zwe y und siebenzig Ta g en, und währ end wi r uns
bey heiterem Mondschein und einer stillen angenehm wa rmen Tempera -
tur bis spät in die Nacht auf dem Ve rde ck unterhielten, konnten wi r
uns gegensei t ig die ungeduldigen Erwa r tungen für den kommenden Ta g
nicht bergen. Unsere Einbildungskraft beschäftigte sich mit den lebhaftesten
Bildern der nahen Zukunf t , und doch konnte Ich dabey nicht