i 4 R e i s e nach Rio de Janeiro R e i s e nach Rio de Janeiro iS
Einwohner nähren sich hier grofsentheils vom Bau des so beliebten
Weines, so wie mancher herrlichen Früchte, der Orangen, Bananen,
Citronen und anderer mehr.
Da es unsere Absicht nicht war, Fanchal, die Hauptstadt der Insel,
zu besuchen, so hielten wir uns nicht auf, sondern strichen mit einem
frischen Winde vorwärts und verloren bald die Insel aus dem Gesicht.
Ein günstiger Passatwind trieb uns mit gTofser Schnelligkeit nach dem
Wendekreise hin, ohne dafs besondere Ereignisse unsere Ruhe gestört
hätten. Fliegende Fische erhoben sich in silbernen Geschwadern, und
flohen zu beyden Seiten vor unserm Schiffe. Je näher man dem Aequator
kommt, desto hkxiügev erscheinen diese Thiere ; ehe man den Wendekreis
berührt, sind sie noch selten.
Am 6ten Juny durchschnitten wir den nördUchen Wendekreis, und
erhielten von niin an einige Unterhaltung durch verschiedene sich uns
zeigende Mollusken. Unter 22° 17^ nördlicher Breite, erblickten wir die
erste Physalie {PhjrsaHs), ein äufserst sonderbares Mollusk^'O, das von
hier an nach dem Aequator nun immer häufiger erscheint, so dafs man
weiter südlich deren mehrere Hunderte an einem Tage zählen kann.
Sehr viele P.eisebeschreiber haben dieses sonderbaren Geschöpfes schon
erwähnt, und es interessirte mich daher ganz besonders, dasselbe
g e n a u e r zu beobachten. Der gröfsere über dem Wasser schwimmende
Theil des Thiers ist eine mit Ltift angefüllte Blase, die blos dazu zu
dienen scheint, den Obertheil über Wasser zu halten; an ihrem untern
Theile stehen acht bis neun Bündel langer Fleischfäden , welche an der
Wurzel in kurze dicke Stämme verwachsen sind und hier an der Basis
der Blase ein Ganzes ausmachen. In diesem Theile liegt das Leben des
(*) Ueher dieses Mollusli siehe die Nachrichten des Herrn Hofrath T ILES IÜS im 3len
B a n d Ton Capt. yon KRUSENSTEnis s Reise um die Welt. S. 1 his 108.
Thiers; die Fäden sind reizbar (aber nicht die Blase), verlängern und
verkürzen sich, fangen auch den Raub, und sind mit einer Menge von
Saugnäpfchen und Saugwarzen bedeckt. Die Blase scheint unveränderlich:
ich habe keine Canale finden können, die sich in dieselbe öffnen;
sie fällt beym Absterben des Thieres nicht zusammen, denn selbst in
Weingeist gesetzt, behält sie ihre Gestalt. Ihr Bewegungsvermögen ist
nur schwach ; sie krümmt sich in die Gestalt eines halben Mondes, auch
biegt sie ihre beyden Enden auf- und abwärts. Durch diese Bewegungen
richtet sie sich auf, wenn eine heranrollende Welle sie umgeworfen
hat. Die Blase selbst kann man ohne schmerzhafte Empfindung berühren;
allein die Saugfäden verursachen einen brennenden Schmerz. Dieses
merkwürdige Mollusk wird von den Engländern Portagaese man of
war, von den Franzosen Galère, und von den Portugiesen Agoa viva
oder Caravela genannt. Näher nach dem Aequator zu nahm die grofse
Zahl dieser Mollusken ab; hier fanden wir hingegen die Medusa pelagica
ok sehr häufig. Seevögel umflatterten uns ebenfalls einigemal; nach
einem Sturmschauer fieng der Steuermann COOK eine Meerschwalbe
{Sterna stolida, LINN.) mit den Händen, da sie ermüdet sich niedergesetzt
hatte; auch zeigten sich Fregattvögel ciquilus, LINN.),
die von den benachbarten Klippen verschlagen worden waren.
Das Wetter blieb, während wir die nördliche heifse Zone durchschifften,
im ganzen gut, aber nun wurde uns oft die immer zunehmende
Hitze im Schiffe sehr beschwerlich. Dunkle Regen - und Sturmwolken
stiegen zuweilen völlig isolirt am Horizonte auf; sie breiteten
sich aus, kamen schnell heran mit einem äufserstJieftigen Sturm und
Regenschauer, wovon sogleich das ganze Schiff überschwemmt war,
machten aber gewöhnlich in einer halben Stunde dem heitern Sonnenschein
schon wieder Platz. Da es uns zuletzt an gutem frischén Wasser
zu fehlen anfieng, so waren die Regengüsse oft sehr willkommen. Unvort
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