R e i s e von Caravellas nach dem Rio Gr. de Belmonte
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an diesem Tag^e die Hitze drückend. Die Einwohner dieser Gegenden
litten jetzt sehr häufig an Catharren, Husten und Kopfschmerzen, denn
die sogenannte kalte Jahreszeit hat auf ihre an die Wärme gewöhnten
Körper denselben Einflufs , als auf uns die Kälte des ersten Frostes im
November oder December. Verschiedene Personen in Caravellas waren
an den Krankheiten gestorben, welche die Veränderung der Temperatur
herbey führte, während wir Fremde weniger dadurch litten. Der freye
Wiesenplatz, auf welchem Caravellas erbauet ist, wird rund um von
sumpfigen Wäldern und Gebüschen eingeschlossen, worin die Pflanzungen
oder Rossen der Bewohner zerstreut liegen. Dieser Wald ist zum Theil
in der bessern Jahreszeit viel angenehmer als wi r ihn jetzt fanden; denn
er erschien weit reizender, als ich ihn im Monat November beym Eintritt
des Frühjahrs noch einmal besuchte. Der Gesang des Sabiah {Tardus
rußventris) ertönte munter im finstern Schatten der Cocosstämme, von
welchen ich hier zufällig einen fand, der in der Höhlung eines alten
colossalen W^aldbaumes gekeimt hatte und daraus schon zu einer bedeutenden
Höhe hervor gewachsen war. Man dui'chreitet diesen Wald bis
zur Mündung des Flusses Caravellas , wo etwa zwölf Fischerhütten eine
schwache Poüoaiiöo bilden. Von ¿ev Barra des Flusses, welche geräumig
und sicher ist, folgt man dem flachen sandigen Seestrande, gegen
den das vom Winde bewegte Meer brausend seine Wellen heran rollte.
Nach der Landseite hin begränzen diesen. flachen Seestrand dichte Gebüsche,
die vom Winde niedergehalten werden; sie bestehen aus Bäumen
und Gesträuchen mit dunkelgrünen lorbeerartigen Blättern, die zum Theil
Milch gebend, saftig und steif sind, wie die beyden Arten der CZw^ia mit
ihren grofsen schönen weifs und rosenrothen Blumen, die längs des ganzen
Strandes sehr häufig wachsen. Hier, so wie an der ganzen Ostküste,
findet sich häufig der in allen seinen Theilen sehr aromatische Strauch,
den man unter dem Nahmen A^v Almegiga kennt {Icica^ Amyris^ Aublet).
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Aus ihm schwitzt ein stark riechendes Harz aus, das man zu verschiedenen
Endzwecken benutzt, besonders als Pech oder Harz an die Schiffe,
und als Balsam und Heilmittel bey Wunden. Einen Hauptbestandtheil der
niedrigen Dickung an der See bilden die beyden Arten von Cocos, die
gewöhnlich an der Küste wachsen und früher bey der Beschreibung des
Aufenthalts ^xn Mucuri schon erwähnt worden sind, die Cocos de Ouriri
und de Aricuri. Die erstere stand jetzt in der Blüthe und war mit ihren
unreifen Fruchtkolben beladen, die andere ist schöner und wächst i5 bis
2 0 Fufs hoch, wo sie der Seewind nicht zu stark trifft; an der Küste hingegen
bleibt sie kleiner. Ihre schöne orangegelbe runde Frucht schmeckt
süfslich, soll aber der Gesundheit nicht zuträglich seyn. Auf dem flachen
festen Sande rankte da, wo die See ihre stürmische Brandung nicht
unmittelbar hinsenden kann, eine schöne purpurrothe Glockenblume {Ipo-^
mcea lütoraHs) mit langen schwärzlich braunen, den Stricken ähnlichen
Zweigen und dicken rundlich-eyförmigen milchsaftigen Blättern; wir
hatten sie an den meisten Gegenden der Küste gefVinden, wo sie den
Sand bindet. Eben dies thun auch zwey gelbblühende Gesträuche aus
der JDiadelphia; der eine niederliegend, und über die Erde ausgebreitet
mit gegliederter Frucht, eine neue Art Sophora; und der andere, die
Guüandma Bonduc, LINN., oft 3 bis 4 Fufs hoch mit breiter kurzer sehr
rauh bestachelter Schote. Zwischen dergleichen Gewächsen findet man
überall in diesem Sande das harte etwas stechende Strandgras {Remirea
littoralis~) in Menge.
Wir erreichten gegen Abend einen rasch fliefsenden Bach, den man
die Harra J^elha nennt, da er die alte oder ehemalige Mündung des
Flusses Alcobaca ist, an dem wir bald nachher ankamen. Diese kleinen
Gewässer an der Seeküste sind oft für den Land-Reisenden grofse Hindernisse,
die ihn leicht 6 bis 8 Stunden aufhalten können. Wir hatten die
Barra P^elha zur ungünstigen Zeit erreicht; sie war jetzt sehr ange-
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