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 dache 5  unter  welchem  sich  verschiedene  grofse  eingemauerte  Pfannen  
 zum  Trocknen  des  Mehls  befinden.  In  einem  Urwalde  von  schönen,  
 schlanken,  wild  durchflochtenen  Stämmen  wurden  wir  durch  den  sonderbaren  
 Chorgesang-  einer  uns  noch  neuen  Vog^elart  überrascht.  Der  
 ganze  Wald  erschallte  von  ihrem  äufserst  sonderbaren  lauten  Pfiffe,  der  
 aus  fünf  bis  sechs  durchdringenden  Tönen  zusammengesetzt  ist.  Diese  
 lärmenden  Waldbewohner  waren  hier  in  ganzen  Schaaren  zusammen,  
 und  sobald  einer  seine  Stimme  erschallen  liefs,  fielen  gleich  die  übrigen  
 alle  ein.  Unsere  Jäger,  von  der  lebhaftesten  Neugierde  ergriffen,  warfen  
 sich  sogleich  ins  Gebüsch,  aber  ungeachtet  ihrer  Menge  kostete  es  
 dennoch  viele  Mühe,  endlich  einige  dieser  Schreier  zu  erlegen.  Dieser  
 Vogel  (")  hat  die  Gröfse  einer  Amsel,  und  eine  sehr  unansehnliche,  
 schmutzig-aschgraue  Farbe.  Die  Portugiesen  an  der  Ostküste  geben  ihm  
 den  Nahmen  Sebastiam  und  in  der  Provinz  BTinas  Geraes  nennt  man  
 ihn  Drossel  des  Urwaldes,  Sahiah  do  mato  vir gern.  Am  Ende  des  
 Waldes  erreichten  wir  die  Wohnung  der  SEJNHORA  ISABELLA,  Besitzerin  
 ansehnlicher  Mandioccapflanzungen,  einer  äufserst  wohlthätigen  
 und  deshalb  in  der  ganzen  Gegend  beliebten  Frau.  Da  sie  im  Rufe  
 steht,  mancherley  Krankheiten  heilen  zu  können,  so  kommen  viele  Leidende  
 und  Arme  zu  ihrem  Hause,  die  sie  entweder  heilt  oder  doch  beschenkt  
 und  mit  Nahrungsmitteln  versieht.  Sie  nahm  uns  sehr  gastfreundschaftlich  
 auf  und  gab  uns  auf  die  Pieise  ein  kleines  Schwein  und  
 eine  grofse  Ente  mit,  da  wir,  wie  sie  behauptete,  \xv  Ponte  do  Gentio  
 würden  Hunger  leiden  müssen.  Bald  erreichten  wir  den  Flufs  Alcobaga^  
 (*)  Mascicapa  vociferans10  Zoll  lang;  alle  oberen  Theile  dunliel-aschgrau  ,  an  einigen  
 Stellen  etwas  bräunlich  oder  gelblich  überlaufen;  alle  unteren  Theile  etwas  blässer  aschgrau,  
 Brust  luid  Untcrhals  am  dunkelsten,  die  Federspitzen  der  untern  Theile  hier  und  da  etwas  
 gelblich.  Auf  dem  zoologischen  Museum  zu.  Berlin  hat  man  ihn  unter  dem  Nahmen  Mascicapa  
 ampelina  aufgestellt.  
 der  hier  klein  ist,  und  schifilen  uns  auf  demselben  ein.  Die  Fahrt  gieng  
 in  der  Abendkühlung  etwa  ein  Paar  Stunden  weit  aufwärts,  bey  der  
 Fazenda  des  Herrn  MUNI S  CORDEIRO  vorbey;  alsdann  erreichten  wir  
 die  auf  dem  nördlichen  Ufer  liegende  Fazenda  des  Ministers.  Die  Farbe  
 des  Flusses,  der  fischreich  ist  und  viele  Jacareas  nährt,  ist  dunkel;  seine  
 Ufer  sind  durchaus  mit  schönen,  dichten  Gebüschen  und  Waldungen  bewachsen; 
   im  Wasser  selbst  wächst  die Aninga(^^M/n  liniferum,  ARRUDA).  
 Ponte  do  Gentío  ist  eine  Fazenda  mit  einem  dazu  gehörigen  Stück  Land,  
 welche  der  Minister  von  dem  Erben  des  Capitam  Mor  JoÁo  DA  SYLVA  
 S A N T O S  gekauft  hat,  und  befand  sich  früher  in  einem  sehr  blühenden  
 Zustande.  Ihr  vormaliger  Besitzer  war  ein  unternehmender  Mann,  der  
 in  mehreren  Zügen  gegen  die  Wilden  bewiesen  hatte,  dafs  er  sie  nicht  
 fürchte  ,  der  aber  auf  seiner  Fazenda  immer  mit  ihnen  in  Friede  lebte.  
 E r  war  auch  der  erste,  welcher  den  Flufs  Belmonte  bis  Minas  Novas  
 hinauf  beschiíTte.  Nach  seinem  Tode  kam  das  Gut  durch  Mangel  an  
 gehöriger  Aufsicht  in  Verfall.  Anstatt  den  Frieden  mit  den  Wilden  zu  
 unterhalten,  reizte  man  sie.  Ein  Neger  hatte  einen  der  Wilden  von  
 dem  Stamme  der  Patachos  im  Walde  erschossen;  dies  entrüstete  die  
 Wilden,  die,  um  sich  zu  rächen,  die  Neger  in  einer  der  Pflanzungen  
 überfielen,  und  drey  von  ihnen  mit  ihren  langen  Pfeilen  tödteten.  Hiedurch  
 vermehrte  sich  die  Unordnung  und  mit  ihr  fiel  der  Wert h  der  
 Fazenda-,  der  Minister  kaufte  sie  für  einen  sehr  geringen  Preis.  Jetzt  
 sucht  man  den  Frieden  mit  den  Wilden  wieder  herzustellen  und  die  
 Fazenda  wieder  besser  zu  bewirthschaften.  Gegenwärtig  befinden  sich  
 hier  einige  indische  Familien,  sechs  Familien  der///iöre^  (Bewohner  der  
 azorischen  Inseln),  neun  Chinesen,  einige  Negersciaven  und  ein  Portugiese  
 als  Feitor  (Verwalter).  Die  Chinesen  hatte  die  Regierung  nach  Rio  
 de  Janeiro  kommen  lassen,  um  dort  Thee  zu  bauen;  späterhin  wurden  
 einige  nach  Caravellas  und  andere  hierher  geschickt,  un^  im  Taglohn  
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