R e i s e vom Rio Doge bis zum Flusse Alcobaga R e i s e vom Rio Doge bis zum Flusse Alcobaga . 4 3
dache 5 unter welchem sich verschiedene grofse eingemauerte Pfannen
zum Trocknen des Mehls befinden. In einem Urwalde von schönen,
schlanken, wild durchflochtenen Stämmen wurden wir durch den sonderbaren
Chorgesang- einer uns noch neuen Vog^elart überrascht. Der
ganze Wald erschallte von ihrem äufserst sonderbaren lauten Pfiffe, der
aus fünf bis sechs durchdringenden Tönen zusammengesetzt ist. Diese
lärmenden Waldbewohner waren hier in ganzen Schaaren zusammen,
und sobald einer seine Stimme erschallen liefs, fielen gleich die übrigen
alle ein. Unsere Jäger, von der lebhaftesten Neugierde ergriffen, warfen
sich sogleich ins Gebüsch, aber ungeachtet ihrer Menge kostete es
dennoch viele Mühe, endlich einige dieser Schreier zu erlegen. Dieser
Vogel (") hat die Gröfse einer Amsel, und eine sehr unansehnliche,
schmutzig-aschgraue Farbe. Die Portugiesen an der Ostküste geben ihm
den Nahmen Sebastiam und in der Provinz BTinas Geraes nennt man
ihn Drossel des Urwaldes, Sahiah do mato vir gern. Am Ende des
Waldes erreichten wir die Wohnung der SEJNHORA ISABELLA, Besitzerin
ansehnlicher Mandioccapflanzungen, einer äufserst wohlthätigen
und deshalb in der ganzen Gegend beliebten Frau. Da sie im Rufe
steht, mancherley Krankheiten heilen zu können, so kommen viele Leidende
und Arme zu ihrem Hause, die sie entweder heilt oder doch beschenkt
und mit Nahrungsmitteln versieht. Sie nahm uns sehr gastfreundschaftlich
auf und gab uns auf die Pieise ein kleines Schwein und
eine grofse Ente mit, da wir, wie sie behauptete, \xv Ponte do Gentio
würden Hunger leiden müssen. Bald erreichten wir den Flufs Alcobaga^
(*) Mascicapa vociferans10 Zoll lang; alle oberen Theile dunliel-aschgrau , an einigen
Stellen etwas bräunlich oder gelblich überlaufen; alle unteren Theile etwas blässer aschgrau,
Brust luid Untcrhals am dunkelsten, die Federspitzen der untern Theile hier und da etwas
gelblich. Auf dem zoologischen Museum zu. Berlin hat man ihn unter dem Nahmen Mascicapa
ampelina aufgestellt.
der hier klein ist, und schifilen uns auf demselben ein. Die Fahrt gieng
in der Abendkühlung etwa ein Paar Stunden weit aufwärts, bey der
Fazenda des Herrn MUNI S CORDEIRO vorbey; alsdann erreichten wir
die auf dem nördlichen Ufer liegende Fazenda des Ministers. Die Farbe
des Flusses, der fischreich ist und viele Jacareas nährt, ist dunkel; seine
Ufer sind durchaus mit schönen, dichten Gebüschen und Waldungen bewachsen;
im Wasser selbst wächst die Aninga(^^M/n liniferum, ARRUDA).
Ponte do Gentío ist eine Fazenda mit einem dazu gehörigen Stück Land,
welche der Minister von dem Erben des Capitam Mor JoÁo DA SYLVA
S A N T O S gekauft hat, und befand sich früher in einem sehr blühenden
Zustande. Ihr vormaliger Besitzer war ein unternehmender Mann, der
in mehreren Zügen gegen die Wilden bewiesen hatte, dafs er sie nicht
fürchte , der aber auf seiner Fazenda immer mit ihnen in Friede lebte.
E r war auch der erste, welcher den Flufs Belmonte bis Minas Novas
hinauf beschiíTte. Nach seinem Tode kam das Gut durch Mangel an
gehöriger Aufsicht in Verfall. Anstatt den Frieden mit den Wilden zu
unterhalten, reizte man sie. Ein Neger hatte einen der Wilden von
dem Stamme der Patachos im Walde erschossen; dies entrüstete die
Wilden, die, um sich zu rächen, die Neger in einer der Pflanzungen
überfielen, und drey von ihnen mit ihren langen Pfeilen tödteten. Hiedurch
vermehrte sich die Unordnung und mit ihr fiel der Wert h der
Fazenda-, der Minister kaufte sie für einen sehr geringen Preis. Jetzt
sucht man den Frieden mit den Wilden wieder herzustellen und die
Fazenda wieder besser zu bewirthschaften. Gegenwärtig befinden sich
hier einige indische Familien, sechs Familien der///iöre^ (Bewohner der
azorischen Inseln), neun Chinesen, einige Negersciaven und ein Portugiese
als Feitor (Verwalter). Die Chinesen hatte die Regierung nach Rio
de Janeiro kommen lassen, um dort Thee zu bauen; späterhin wurden
einige nach Caravellas und andere hierher geschickt, un^ im Taglohn
iiifiir u