
zahlte. K u - l a n - su wajrd schon 1844 geräumt,63) da der englischen
Regierung die kostspielige Erhaltung einer Garnison auf dem uu-
1846. gesunden Platze zwecklos schien. Zu Anfang des Jahres 1846 zahlte
China die letzte Rate der bedungenen einundzwanzig Millionen und
erlangte dadurch ein Recht auf Herausgabe von T s u - s a n . Die einheimische
Bevölkerung sah ungern die Engländer scheiden, unter
deren Schutz sie ungeschoren von habgierigen Mandarinen in
patriarchalischer Glückseligkeit lebte. Die ackerbauenden Bewohner
zahlten keine Steuern, Handwerker und Kaufleute fanden Beschäftigung
und reichen Gewinn; statt der früheren Kupfermünzen diente
jetzt Silber als allgemeines Tauschmittel. Nur die conservative
Classe der Studirten grollte den Fremden. Die kaiserlichen Behörden
strehten nach dem Friedensschluss eifrig, ihre Autorität über
die einheimischen Unterthanen wiederzugewinnen; aber die Engländer
hatten bei der ersten Occupation zu üble Erfahrungen gemacht,
um Mandarinen auf der Insel zu dulden. Selbst K i - y in unterstützte
die Vorstellungen des Statthalters von F u - k ia n , 64) der einen Noth-
schrei über Bedrückung der Tsusaniten erhob. Davis blieb jedoch
63) Sir John Davis meldete damals K i - y i n den Beschluss der englischen Regierung,
K u - l a n - s u z u räumen, mit der Bemerkung, dass der Kaiser darin ein
Zeichen des Vertrauens sehen möge, und erhielt zu seinem Erstaunen folgende Antwort:
»Der ehrenwerthe Gesandte theilt meine Ansichten von der genauen Einhaltung
des Vertrages. Ich denke deshalb auch, dass die Garnison von K u - l a n - s u zugleich
mit denjenigen von T s u - s a n zurückgezogen werden sollte, sobald mit der
Rate des dritten Jahres die ganze Summe bezahlt ist. Die gute Absicht des ehren-
werthen Gesandten bei dem Vorschläge, K u - l a n - s u z u räumen,, ist unverkennbar;
da es aber im Widerspruche steht mit der im Vertrage festgesetzten Anzahl
von Jahren, so wäre es wohl besser bis zur gänzlichen Tilgung der Kriegsschuld zu
warten und dann K u - l a n - s u zugleich mit T s u - s a n z u räumen. Dadurch würde
bewiesen, dass unsere-Nationen auch nicht ein Haarbreit von Erfüllung des Vertrages
abweichen wollen.« Die Räumung von K u - l a n - s u hatte, so lange T s u - s a n besezt
blieb, für China nicht den geringsten Werth, und K i - y i n mochte denken »Timeo
Danaos.«
64) Ki - y i n schrieb an Davis: »Die Absicht des englischen Commandeurs ist
gewiss, für das Beste des Volkes zu sorgen; aber seine Maassregeln sind so geartet,
dass sie unmöglich ausgeführt werden können. Ist man trotzdem darauf bedacht, so
werden übelwollende Menschen, welche Feindschaft zwischen beiden Nationen zu
säen wünschen, Zwietracht erregen, in der Hoffnung davon Vörtheil zu ziehen. Gesetzt,
ein Aufstand würde herauf beschworen, so fürchtet der General - Gouverneur (von
F ü - k i a n ) , dass der Commandern* in T s u - s a n dem Bevollmächtigten nicht für die
Folgen stehen könnte; er fürchtet noch mehr, dass auf die Nachricht davon das Volk
in den verschiedenen Provinzen in seinen Vorurtheilen bekräftigt und der künftige
Handelsverkehr stark beeinträchtigt werde.«
fest. Emissäre des Statthalters, die sich einschlichen, wurden verhaftet,
nach K a n - t o n transportirt und an K i - y in ausgeliefert, der
ferneren Versuchen ein Ziel setzte. Die Tsusaniten lebten sich in
den Glauben ein, dass England die Inseln behalten wolle, und
dieser Wahn konnte schwerlich so feste Wurzel schlagen, wenn
er nicht anfangs genährt wurde. Als nun der Termin der
Räumung herankam, fürchtete Davis mit Recht, dass sie ihr gutes
Betragen hüssen würden. Auf sein Ersuchen richtete K i - y in einen
öffentlichen Erlass an die Bevölkerung, welcher strenge Aufrechthaltung
der Amnestie und volle Sicherheit nach der Einschiffung
der Engländer gelobte. Jeder, der wollte, erhielt einen Pass in englischer
und chinesischer Sprache, worin dem Inhaber unter Berufung
auf den Friedensvertrag und jene Proclamation der Schutz der Behörden
gesichert wurde. Wie unwirksam solche Maassregel hleiben
musste, ist leicht zu erkennen. Selbst wenn die Bedrängten gegen
die Wortbrüchigkeit und Willkür fanatischer Mandarinen den Consul
anrufen konnten, so war damit noch wenig erreicht; aber die Engländer
hatten kein anderes Mittel ihre Freunde zu schützen.
In den anderen Häfen gestaltete sich das Verhältniss zur einheimischen
Bevölkerung fast eben so günstig wie auf T s u - s a n ; nur
in K a n - t ö n gab es Streit beim geringsten. Anlass. Die Wetterfahne
auf dem Flaggenmast des americanischen Consulats zeigte,
der herrschenden Windrichtung gemäss, die meiste Zeit auf eine
zufällig von Krankheiten heimgesuchte Gasse. Das musste ein Zauber
sein, der das üebel erzeugte. Der Pöbel rottete sich zusammen
und suchte das Consulat zu stürmen, wurde aber vertrieben. — Bald
darauf erschien ein beschimpfender Maueranschlag gegen .die Engländer,
die sich zum Neubau der Factoreien anschickten: Die neuen
Gebäude würden wieder in Flammen aufgehen und '»kein Frieden
erflehender Präfect« sollte die Engländer vor der Rache der mächtigen
Patrioten schützen. Es war eine beständige Gährung, welcher
die in K a n - t o n geleisteten Theilzahlungen der Kriegsentschädigung
periodisch neuen Stoff zuführten. Die Furcht vor Collisionen mag
die kantonesischen Behörden 1845 veranlasst haben, in offenem i84s.
Widerspruch zu den Bestimmungen der Verträge die Ausflüge der
Fremden nieder in die alten Grenzen einzuengen. Die Ausübung
des Rechts, die Stadt K a n - t o n zu betreten, urgirte Davis wegen
der dort herrschenden Aufregung eine Reihe von Jahren nicht; er