
Der Vorgesetzte sollte dann die heilige Schrift auslegen; vor seiner
Umgebung übte H u n - s i u - t s u e n selbst am Sabbatbi dieses Amt.
Im Uebrigen bestand der Gottesdienst im gemeinsamen Absingen von
Litaneien, wozu die gewöhnlichen chinesischen Instrumente spielten.
Nachher knieten Alle nieder und schlossen andächtig die Augen,
während einer aus der Versammlung ein Gebet recitirte.
folgende Verse waren für den Sonntags-Gottesdienst
bestimmt:
W ir preisen und rühmen S a n - t i als himmlischen heiligen Vater.
W ir preisen und rü hmen.Jesus als W e lt-E r lö s e r , den heiligen Herrn.
W ir preisen u n d rühmen den heiligen Geist als die heilige Einsicht.
W ir preisen u n d rühmen die drei Personen als den geeinigten wahren
Gott.
Die wahren Lehren sind wahrhaftig von weltlichen Lehren verschieden.
Sie erlösen des Menschen Seele u n d führen zu ewiger Seligkeit.
Die Klugen nehmen sie freudig an als Mittel zur Seligkeit.
Den Einfältigen w ird , wenn sie erwachen, durch sie der Weg zum
Himmel geöffnet.
Der himmlische Vater in seiner grossen G ü te , gross ohne Grenzen,
Verschonte nicht seinen ältesten S o h n , sondern sandte ihn in die W e lt
herab,
Der sein Leben hingab unsere Missethaten zu sühnen.
W enn die Menschen büsseir u n d sich be sse rn , so werden ihre Seelen
fähig, gen Himmel zu fahren.86).
Die fremden, welche 1853 N a n - k in besuchten, erzählen,
dass alle T a e - p i n , auch die nicht lesen konnten, die zehn Gebote
auswendig wussten und sie vor allen Mahlzeiten, welche durch das
ganze Heer in Sectionen von acht Köpfen genossen wurden, laut
hersagten. In der Stadt herrschte die grösste Ordnung; Jedem war
seine Beschäftigung zugewiesen; das Ganze arbeitete wie ein Uhrwerk.
Die waffenfähige Mannschaft war in das Heer eingestellt
worden; die frauen lebten gesondert in bestimmten Stadtvierteln,
wo kein Mann sich sehen lassen durfte, mit Anfertigung von Mu-
M) In den ersten Zeilen bekennen sich die T a e - p i n hier zur Dreieinigkeit, in
den letzten zur Erlösung durch das Opfer. Christi. Auf diese ist auch in dem an
Sir George Bonhain gerichteten Manifest hingedeutet. Meadows hat in den von ihm
analysirten Schriften der T a e - p i n von diesen Lehren nichts gefunden und behauptet,
dass sie ihren Glaubenstheorieen widersprechen. Aus späteren Büchern soll aber das
Bewusstsein, durch Christi Thaten und Leiden Hoffnung auf die ewige Seligkeit erlangt
zu haben, sehr deutlich reden.
nition und anderen Arbeiten beschäftigt. Die Kinder wurden gut
gekleidet und gepflegt, die Knaben unter streng militärischer Aufsicht
in den Waffen geübt und in den Lehren der T a e - p in unterrichtet.
Die neue Ordnung der Dinge schien niemand zu drücken,
überall herrschten frohsinn und gute Laune. Die Disciplin soll
damals so streng gewesen sein, dass nicht nur schwere Vergehen
und Ungehorsam, sondern sogar Nachlässigkeiten mit dem Tode
bestraft wurden. Auch auf den öpiumgebrauch stand Todesstrafe,
während man Tabakraucher nur mit dem Bambus züchtigte. Die
Obrigkeit führte die strengste Gütergemeinschaft durch; sie nahm
Alles, nährte, kleidete und beschäftigte Alle. Natürlich hörte der
Handel auf; Kaufläden gab es damals in N a n - k in nicht. Die Obrigkeit
bezahlte reichlich alle Vorrräthe, welche Landleute aus nicht
besetzten Gegenden nach den TAE-piN-Städten brachten. Inner-i
halb derselben gab es aber kein Privateigenthum. In N a n - k in
konnten die fremden keine Boote miethen; sie gehörten niemand,
standen aber zur Verfügung Derjenigen, welche sie brauchten.
Unter den früh bekehrten T a e - p i n , den Schülern des H u n -
s iu - t s u e n und des E u n - y u n - s a n fand Meadows ernste, von der
tiefen Ueberzeugung beseligte Männer, dass sie unter Gottes unmittelbarem
Schutze ständen. Die überwundenen Mühsale und
Gefahren, ihre oft wunderbare Rettung, die beispiellosen Erfolge
gegen weit überlegene Massen und Mittel waren ihnen Prüfungen
Gottes und Offenbarungen seiner besonderen Gnade. Sie redeten
beständig davon und bezogen sich in puritanischer Weise
bei jedem Anlass auf den Allmächtigen. Mit stolzer Demuth
und dankbar glänzenden Augen erinnerten sie daran, dass sie zu
Anfang ihrer Unternehmung, vier Jahre zuvor, nur wenige Hundert
stark waren- und dass sie ohne des himmlischen Vaters unmittelbaren
Beistand niemals hätten vollbringen können, was ihnen
gelang. »In Y u n - n a n bedrängten uns ringsum grosse Massen. Wir
hatten kein Pulver mehr; unsere Vorräthe waren aufgezehrt. Aber
unser himmlischer Vater stieg herab und zeigte uns den Weg. So
nahmen wir unsere Weiber und Kinder in die Mitte und erzwangen
nicht nur den Durchgang, sondern schlugen völlig unsere feinde.
Ist es Gottes Willen, dass unser T a e - p i n - ff first Herrscher von
China werde, so wird er Herrscher von China. Wo nicht,
so wollen wir alle hier sterben.« So dachte der Kern des
Heeres.