
dor letzteren erschlagen. Die Behörden schoben die ganze Schuld
den Engländern zu und verlangten in der hergebrachten Weise die
Auslieferung eines Matrosen. Als dem nicht entsprochen wurde,
rückte L in mit 2000 Mann gegen Macao und verlangte, dass das
englische Handelsgeschwader in den i'luss einliefe. Er liess auch
alle chinesischen Dienstboten aus der Stadt entfernen und die Zufuhr
abschneiden; der portugiesische Gouverneur erklärte sich unfähig,
die englischen Unterthanen zu schützen. Um dieselbe Zeit
traf das erste von den Kriegsschiffen vor dem Perl-Flusse ein, um
welche Elliot den General-Gouverneur von Indien ersucht hatte.
Der Commandant des Volage bot sofort dem Gouverneur, von Macao
Unterstützung zur Sicherung seiner Unabhängigkeit an; dieser
antwortete ablehnend, er glaube sich zu strenger Neutralität verbunden.
Sämmtliche Engländer verfügten sich nun an Bord der
vor H o n g - k o n g ankernden Schiffe.
In den folgenden Wochen kam es in den Gewässern um
H o n g - k o n g mehrfach zu blutigen Reibungen und Seegefechten; Chinesen
überfielen kleine englische Fahrzeuge und mordeten die Besatzung;
englische Boote griffen die Zufuhr abschneidende Kriegs-
Dschunken an; so bildete sich allmälich ein Kriegszustand aus, ohne
dass der Krieg erklärt war. Ende October zeigte sich noch
eine Aussicht der friedlichen Lösung. L in musste auf jede Weise
die Fortsetzung des erlaubten Handels wünschen, dessen Ausfall
in K a n - t o n lebhaft gefühlt wurde. Er verständigte sich mit Elliot
dahin, dass bis auf Weiteres der Handelsverkehr ausserhalb der
Bocca Tigris erlaubt würde. Die englischen Kaufleute richteten
sich wieder in Macao ein, und die Schiffe löschten ihre Ladungen
bei T s c e n - p i . Elliot hatte sich bei diesem Abkommen ausdrücklich
gegen Unterzeichnung jenes Reverses und. Auslieferung eines
englischen Seemannes verwahrt, auf welche die Chinesen immer
noch bestanden, und es wäre bei dauernder Eintracht und Zähigkeit
vielleicht zu vollem Ausgleich gekommen; aber ein britischer
Schiffseigner lief, von Singapore kommend,, ohne H o n g - k o n g zu
berühren, direct in den Perl-Fluss ein, Unterzeichnete an der Bocca
Tigris den verrufenen Revers und erhielt sofort die Erlaubniss nach
W a m - p o a z u gehen. Da trat L in von dem getroffenen Abkommen
zurück und verlangte unter Androhung von Gewalt, dass die ganze
englische Handelsflotte unter denselben Bedingungen in den Fluss ein- o o o
laufe oder binnen drei Tagen die chinesischen Gewässer verlasse.
Ein Dschunken - Geschwader von beträchtlicher Stärke lag,
die englischen Schiffe bedrohend, unter Admiral K w a n bei T s u e n - p i ;
dort gingen nun auch die englischen Kriegsschiffe Volage und Hyacinth
zu Anker. Der commandirende Officier Capitän Smith richtete unter
Elliot’s Mitwirkung eine Vorstellung an den kaiserlichen Commissar,
welche Admiral K w a n sogleich zu befördern versprach. L in
befand sich in der Nähe. — Dem höflichen Ersuchen, dass
die englischen Kriegsschiffe etwas weiter D O stromabwärts ankern
möchten, entsprach Capitän Smith, um seine friedlichen Absichten
zu bekunden. Am Abend des 2. November und am folgenden
Morgen versuchten die Chinesen wiederholt neue Verhandlungen
anzuknüpfen, erhielten jedoch die Antwort, dass die Engländer
ihren Mittheilungen nichts hinzuzufügen hätten. Darauf Verliese
K w a n seine Stellung und setzte sich gegen die englischen Schiffe
in Bewegung, welche ihm entgegenfuhren. Die 29 Kriegs-Dschunken
warfen in guter Ordnung Anker und es folgte ein kurzer Notenwechsel,
in welchem die Chinesen peremtorisch die Auslieferung
eines Engländers forderten. — Capitän Smith hielt es für bedenklich,
ein so starkes Geschwader über Nacht im Besitze des Flusses
zu lassen, wo es offen die englische Handelsflotte bedrohte; einer
auf Einschüchterung zielenden Bewegung gegenüber den Rückzug
änzutreten, hätte sich mit der Ehre der Flagge nicht vertragen.
Um die Chinesen auf ihren früheren Ankerplatz zu drängen, gab er
deshalb gegen Mittag das Signal zum Angriff. Der Wind war
günstig. Die Engländer segelten, volle Breitseiten feuernd, vorwärts
und rückwärts die chinesische Schlachtlinie entlang. Eine Dschunke
flog auf Pistolenschussweite in die Luft; drei andere sanken und
viele wurden leck. Admiral K w a n kappte sein Kabel und griff
tapfer an; aber nach Dreiviertel - Stunden suchte das ganze Geschwader
retirirend seinen alten Ankerplatz zu gewinnen. Die
Engländer, welche die Dschunken auch am folgenden Tage noch
leicht zerstören konnten, liessen sie unbehelligt. Solche Schonung
aber legen die Chinesen immer als Schwäche aus: sie hielten sich
für die Sieger und mochten in diesem Wahn durch die Abfahrt
der englischen Schiffe nach Macao bestärkt werden, wo jetzt die
Einschiffung der britischen Unterthanen zu decken war.
Nun untersagte der kaiserliche Commissar jeden Verkehr
mit den Briten. Eine Zeit lang nahmen noch americanische Schiffe
die Ladung der englischen an Bord ünd führten sie nach Iv a n - t o n .