
Küste heimsuclien. Ich. habe deshalb mit dem Commaudeur der
Truppen Maassregeln zu ihrer Vertreibung verabredet. Das Land
dieser Barbaren ist über 10,000 Li von hier entfernt. Da ihr
Handel mit Opium in K a n - t o n und Macao, überhaupt ihr ganzer
Handelsverkehr abgeschnitten wurde, so kamen sie Dach F u - k ia n ,
wo man sie ebenfalls verjagte, und nun haben sie den Wind benutzt,
um diese nördlichen Küsten zu besuchen Ich sehe
diese Feinde als schwache Binsen an, da ich von Jugend auf militärische
Schriften las und den Schrecken meines Namens in Tur-
kestan über Myriaden von Meilen verbreitete. Seitdem der Handel
in K a n - to n geschlossen ist, traf ich Vorsichtsmaassregeln; und wenn
sie wagen an unsere Küsten zu kommen, so werden sie sein wie
die Motte in der Kerze, oder der Fisch im Netz u. s. w.« — Einige
Kriegsschiffe recognoscirten die Küsten des mittel-chinesischen
Festlandes und die Mündung des Y a n - t s e - k i a n ; überall waren
die Anstalten zur Abwehr kindisch und lächerlich. Schon bei
Vertheidigung von T i n - h a e tliaten die chinesischen Geschütze der
Bedienungsmannschaft mehr Schaden als dem Feinde; viele Stücke
zersprangen, andere fielen von den Laffetten. Die Brander, auf
welche die Chinesen in diesem und den folgenden Kriegen Millionen
verschwendeten, erwiesen sich durchgängig unwirksam; die
englischen Boote pflegten sie in aller Ruhe an das Ufer zu bug-
siren. Die Schanzen und Festungswerke boten unnahbare Fronten,
waren aber niemals im Rücken und in den Flanken gedeckt und
konnten von da mit Leichtigkeit genommen werden. Das verschrieen
freilich die Chinesen als Feigheit und falsches Spiel und konnten
überhaupt nicht begreifen, warum sie nicht an ihren stärksten
Punkten angegriffen wurden. Wie die Kinder glaubten sie durch
Lärm und Grosssprecherei den 1 eind nicht nur schrecken, sondern
auch schlagen zu können. Der Kaiser wurde durch die lügenhaften
Rodomontaden seiner Statthalter lange getäuscht; er glaubte nicht
nur in P e - k in vollkommen sicher, sondern auch in kürzester Zeit
von dem lästigen Geschmeiss befreit zu sein.
Die Chinesen erwarteten zunächst einen Angriff auf die
reiche Handelsstadt H a n - t s a t j , welche durch unbezwingliche Fluth-
strömungen gegen jeden Flotten-Angriff gesichert ist. Statt dessen
fuhren die englischen Bevollmächtigten mit dem grössten Theil des
Geschwaders nach dem Norden und erschienen am 28. Juli vor der
P e x - h o -Mündung. Das war sehr unverhofft; an Rüstungen hatte
hier niemand gedacht; dêr V e g nach der Hauptstadt lag dem
Feinde offen. Capitän Elliot hatte auch die Absicht, eine Truppenbewegung
auf P e - k in zu veranlassen, wurde aber von der Schlauheit
eines Mandarinen überlistet und kehrte unverrichteter Sache
nach dem Süden zurück.
K i- s e n , ein Mandschn-Tartar vom höchsten Range und
persönlicher Freund des Kaisers T a u k - w a n , hatte vor Ausbruch
des Krieges alle Mittel zu dessen Abwendung aufgeboten. In einer
Immédiat-Eingabe erklärte er damals die strenge Ausübung der
Strafgesetze gegen das Opiumrauchen und verschärfte Bewachung
der Küsten für genügend, um dem Uebel zu steuern, und widerrieth
jeden Gewaltschritt gegen die Fremden. K i - s e n war der vornehmste
Vertreter der gemässigten Parthei und entschiedener Gegner
des L i n , dessen Ansicht im kaiserlichen Rathe durchdrang. Das
unverhoffte Erscheinen der Engländer vor der P e i - h o - Mündung
erzeugte nun aber ernste Zweifel an dessen Politik, und T a u k - w a n
befahl L in ’s entschiedenstem Gegner, den 1 eind zur Umkehr zu
vermögen. K i - s e n ’ s feiner Takt und aalglatte Liebenswürdigkeit,
seine unerschütterliche Ruhe und vollkommene Selbstbeherrschung
machten ihn zu dieser Sendung sehr geeignet. Er konnte die
widerwärtigsten Discussionen mit den schönsten Phrasen und Umgehung
jeder Schärfe Stunden lang fortspinnen und, ohne sich
durch Zusagen zu binden, dem Gegner den Wahn eines Erfolges
beibringen. Bei den Verhandlungen an der P e i - h o -Mündung
muss er nach beiden Seiten falsch gespielt haben; denn sicher
theilte er das ihm übergebene Schreiben Lord Palmerston’s dem
Kaiser nicht mit, noch auch dessen wirkliche Antwort auf seine
den Barbaren in den Mund gelegten Vorstellungen den Engländern;
sonst war die Verständigung unmöglich.32) Capitän Elliot erreichte
32) Nach Davis hätte K i - s e n seinem Herrn gegenüber den Engländern etwa
folgende Reden in den Mund gelegt: »Wir sind angewiesen, bei euerer ehrenwerthen
Nation Klage zu fuhren über die Schädigung unseres Vertreters und der britischen
Kaufleute durch die Oberbeamten in K a n - t o n . Da unsere See- und Landmacht
bedeutend ist, so brauchten wir einen Platz, um unsere Schiffe zu bergen und unsere
Truppen unterzubringen.. Die Oberbeamten in den Provinzen schlossen uns
nicht nur ihre Häfen, sondern weigerten sich auch, unsere Vorstellungen an
den Hof zu befördern. Deshalb mussten wir T s u - s a n besetzen. Conmussar
L in liess alle Europäer in K a n t o n einschliessen, schnitt ihnen den Verkehr
ab und beraubte sie der Lebensmittel, bis das Opium an Bord der Schiffe ausgeliefert
war, indem er sie mit dem Tode bedrohte, Einfe Menge Opium