
Servilität und suchte wiederholt die Rede auf die gemeinsame
Religion zu bringen: als Christen seien die Engländer Brüder der
T a e - p i n . Aber diese Betheuerungen klangen gezwungen und entbehrten
der begeisterten Wärme, welche früher bei ihnen gefunden
wurde. Die Zahl ihrer Truppen gab Li auf mehrere Hunderttausende
an. Er bat, dass zu Vermeidung künftiger Missverständnisse
vorher Meldung gemacht würde, wenn wieder englische Schiffe'
den Y a n - t s e hinaufführen.
Nach den hei diesem Besuch in N a n - k i n gesammelten Nachrichten
lebte der Tibn- w a s in tiefster Zurückgezogenheit, übte
jedoch unbeschränkte Macht über die Gemüther. Selbst seine
Minister scheinen ihn als höheres Wesen angesehen, an seine göttliche
Sendung geglaubt zu haben, wie die Menge, die sich ohne
Murren seiner blutigen Willkür fügte. Die Einsicht, dass nur dieser
fanatische Wahn die Massen zusammenhielt, und das warnende
Schicksal des Ost- Königs mögen selbst diejenigen. Führer von Anschlägen
gegen den T i e n - w a n abgeschreckt haben, welche seinen
Irrsinn erkannten. Immer mehr vertiefte er sich in den Traum
seiner göttlichen Abstammung und trat damals in seinen Decreten
schon als dritte Person der heiligen Dreifaltigkeit auf; nicht als
dem Vater und dem älteren Bruder gleichstehend, aber als dritter
im Range. Auch für seinen 1849 geborenen Sohn forderte er jetzt
göttliche Verehrung.
1858 und 1859 unternahmen die T a e - p in keinen Eeldzug von
Bedeutung und wurden in N a n - k in von den Kaiserlichen immer
enger eingeschlossen. Indessen gewannen sie in dem K a n - w a n
oder Schild-König und dem T s u n - w a n öder Treuen König wieder
zwei Führer, welche dem Aufstand neues Leben gaben und den
Kampf bis zu Ende fochten. Der K a n - w a n war niemand anderes
als H u n - d z i n , der Vetter des T i e n - w a n , welcher' dessen Bekehrungsgeschichte
schrieb.
Als H u n - s i u - t s u e n im Herbst 1850 gegen die kaiserlichen Behörden
aufstand, wollte auf seinen Ruf H u n - d z in mit etwa fünfzig
anderen Verwandten zu ihm stossen, konnte aber nicht durchdringen
und kehrte in sein Heimathdorf zurück, wo die Behörden jetzt
H un’s Ahnengräber zerstören und seine Verwandten einkerkern
liessen. H u n - d z in musste fliehen, wurde nach wiederholten Versuchen,
sich durchzuschleichen, in einen localen Aufstand verwickelt
und festgenommen, entsprang jedoch und gelangte im April
1852 nach H o n g -k o n g , w o er dem Missionar Hamberg seine Schrift
über den T i e n - w a n einhändigte. Er erhielt bald darauf eine Stelle
als Schulmeister in einem H o n g - k o n g gegenüberliegenden Dorf,
kehrte aber gegen Ende 1853 zu Herrn Hamberg zurück, der ihm
die Mittel zur Reise nach S h a n g - h a e gewährte. Dort blieb er
mehrere Monate, suchte vergebens nach N a n - k in zu gelangen und
ging endlich wieder nach H o n g - k o n g . Hamberg war unterdessen
gestorben; einige Mitglieder der Londoner Missiöns-Gesellschaft
nahmen H u n - d z in bei sich auf, unterrichteten ihn in den Glaubenslehren
und stellten ihn als chinesischen Katechisten und Prediger
an. Dieses' Amt versah er von 1855 bis 1858 zur vollsten Zufriedenheit
seiner Lehrer. »Er gewann sich,« lieisst es im Missionary
Magazine, »bald einen Platz im Vertrauen und in der Achtung der
Missionare und bei den ihnen befreundeten chinesischen Christen.
Seine literarische Bildung war achtungswerth, sein Temperament
liebenswürdig und heiter, sein Geist von einer bei Chinesen ungewöhnlichen
Beweglichkeit. Seine Kenntniss der christlichen Lehre
mehrte sich erheblich, und seine aufrichtige Hingebung an dieselbe
konnte nicht bezweifelt werden.«
Im Juni 1858 verliess H u n - d z in abermals H o n g - k o n g , um
sich zu Lande nach N a n - k in durchzuschleichen. Während das
englische Geschwader vor H a n - k a u lag, befand er sich in der
Nähe und Schickte einen Brief für seinen Lehrer Chalmers in H o n g k
o n g . Erst im Frühjahr 1859 gelangte er nach N a n - k in und wurde
vom T i e n - w a n sofort zum K a n - w a n und ersten Minister erhoben.
Ein Jahr darauf schrieb er dem Missionar Edkins, er fühle sich
zwar seiner Stellung nicht gewachsen, arbeite aber eifrig für Verbreitung
der wahren Lehre; im täglichen Verkehr mit seinem Vetter,
dem T i e n - w a n , staune er über dessen Weisheit und Tiefe der
Anschauung, welche über die gewöhnlicher Menschen weit hinausreiche..
—- Spätere Vorfälle zeigten, dass Macht und. Glück sein
Gemüth verdarben; der sanfte Prediger wurde ein roher Tyrann,
der nicht verschmähte mit eigener Hand zu morden. Dass er als
Organisator Erhebliches leistete, beweisen die vermehrte Regsamkeit
und bessere Ordnung nach seinem Auftreten in N a n - k in .
Diese Stadt wurdet wie gesagt, seit 1853 beständig von
kaiserlichen Heeren belagert, welche allmälich ihre drei dem Lande
zugekehrten Fronten einschlossen. Bis 1859 beherrschten aber die
T a e - p in den Y a n - t s e ; sie konnten die Beute ihrer Raubzüge zu