
Kleine Aenderungen bewirkten die Aufseher des Handels schon in
den nächsten Jahren. — Das Schreiben des americanischen Präsidenten
Tyler an den Kaiser von China,59) welches der Gesandte
Caleb Cushing seiner Instruction gemäss in P e - k in überreichen
sollte, war schlecht geeignet für den Himmelssohn; die Erlaub-
niss zur Reise nach der Hauptstadt wurde kategorisch verweigert.
Bei Ratification des americanischen Vertrages entdeckte man, dass
der Bericht des Staatsrathes darüber in zwei verschiedenen Ausgaben
gedruckt wurde: in der für die Chinesen bestimmten hiessen
die Fremden überall Barbaren, in der zweiten ' war der anstössiOee
Ausdruck durch einen milderen ersetzt. =«8 Der französische Bevollmächtigte,
Herr von Lagrene, erreichte nach langen Kämpfen,
dass sein König im Vertrags - Instrument dieselben Hoheits-
Titel erhielt, wie der Kaiser von China.60) Den chinesischen Katholiken
erlaubte T a u - k w a n nur durch ein nach seinem Willen widerrufliches
Edict freie Religionsübung; im Vertrage erhielten sie nur
die französischen Unterthanen.
Neben den nur die Engländer betreffenden Schwierigkeiten
waren besonders folgende Umstände der Entwickelung des Handelsverkehrs
hinderlich gewesen:
1) Die Beschränkung des Handels auf K a n - t o n ; die Lage
dieses Hafens am südlichsten Ende des Reiches, in grösster Entfernung
von der Hauptstadt und den die wichtigsten Ausfuhrartikel
erzeugenden Landschaften, von denen zugleich der stärkste
Verbrauch der Einfuhr zu erwarten war.
2) Eas der kleinen Gesellschaft der H o n-Kaufleute ertheilte
Handelsprivilegium und die Beaufsichtigung der Fremden durch
diese Monopolisten, welche wie eine Mauer zwischen Jenen und
der Obrigkeit des Landes standen.
3) Die Höhe der Abgaben, die drückende Art ihrer Erhebung
und die fiscalisehen Bestimmungen, welchen der Handelsverkehr
unterworfen war.
4) Die Anmaassung der Jurisdiction über die Fremden und
die willkürliche Handhabung der chinesischen Gesetze, besonders
in Fällen des Todtschlages.
60) S. Neumann Ostasiatische Geschichte (Leipzig 1861) S. 87.
m) Her Vertrag wurde von den französischen Oppositions-Blättern scharf getadelt,
weil darin das Recht der meistbegünstigten Nation nur auf künftige Zugeständnisse,
nicht auf früher gewählte bezogen war.
5) Die erniedrigenden Formen, welche die chinesische Regierung
im Verkehr mit den westlichen Völkern anwendete, und die
angemaasste Ueberhebung der Mandarinen in ihren amtlichen Mittheilungen
an die Vertreter der fremden Staaten.
Diese Hauptübel sollten die wesentlichen Bestimmungen der
ersten Verträge beseitigen.
1) Unterthanen der fremden Mächte sollten »ohne Belästigung
oder Beschränkung« in K a n - t o n , A-moi, I u - t s a u , N i n - p o ,
S h a n g - h a e wohnen und Handel treiben.
2) Der Kaiser von China willigte in die Aufhebung des
Monopoles der H o n -Kaufleute und erlaubte den Fremden in
allen fünf Häfen Handelsverbindungen anzuknüpfen mit wem
sie wollten.
3) Er willigte in die Aufstellung und Veröffentlichung eines
festen und billigen Tarifes für die Ein- und Ausfuhrzölle.
4) Die fremden Unterthanen sollten unter der Gerichtsbarkeit
der Consularbeamten und Bevollmächtigten ihres Heimathlandes
stehen und nach dessen Gesetzen behandelt werden.
5)' Die Vertreter der fremden Staaten sollten mit den chinesischen
Behörden sowohl der Hauptstadt als der Provinzen auf dem
Fusse völliger Gleichstellung verkehren.
Das war der wesentliche Inhalt der ersten durch die Gewalt
der englischen Waffen erzwungenen Verträge, deren Ausführung
gegen den Willen der Chinesen grosse Schwierigkeiten gemacht
hätte. Der alte Kaiser wusste aber, dass er einem neuen Kampfe
nicht gewachsen sei, und fügte sich, so weit nothwendig, den Umständen
mit staatsmännischer Weisheit. Wirkliche Verletzungen,
ein Bruch der Verträge, kamen unter ihm nicht vor, wenn auch
vielfache Versuche der Umgehung von ihm gebilligt und fremdenfeindliche
Beamten mit besonderer Gunst behandelt wurden. Sein
ernstes Streben nach Erhaltung des Friedens bewies T a u - k w a n
durch Ernennung zuerst des I - l i - p u , dann des Ki - y in z u bevollmächtigten
Commissaren für den fremden Handelsverkehr. K i - y in
traf, zugleich als General - Gouverneur vonKuAN-TUN undKuAN-si,
im Mai 1844 zu K a n - t o n ein. Um dieselbe Zeit kam Sir John
F. Davis als - englischer Bevollmächtigter zu Ablösung des Sir
Henry Pöttinger nach H o n g - k o n g , welcher bald darauf nach England
ging. Dem gemässigten Auftreten jenes mit den chinesischen
Verhältnissen innig vertrauten Staatsmannes dankte man, dass die
1844.