
214 Sir George Bonham unci Dr. Bowring.
Bonham’s Amtsführung zeichnete sich durch Mässigung aus;
er hlieb im besten Einvernehmen mit den Mandarinen, der Handel
blühte. Seinen Nachfolgern hielten die Chinesen oft in kindischer
Weise sein gutes Betragen und die Standeserhöhung vor, mit wel-
1852 eher die Königin ihn dafür belohnt habe. Anfang 1852 ging Sir
George Bonham auf Urlaub nach England; als sein Stellvertreter
fungirte etwa ein Jahr lang Dr. Bowring. Alle an Letzteren während
dieser Zeit gerichteten Depeschen seiner Vorgesetzten befehlen
ihm die äusserste Mässigung den chinesischen Behörden gegenüber
und die Vermeidung jeden Schrittes, der zu Conflicten führen
könne; seine Haltung solle durchaus passiv sein, damit die Handelsinteressen
nicht litten, England nicht in die Lage komme,
Kriegsschiffe nach China zu senden.81) Bowring’s sehnlichster
Wunsch war schon damals ein feierlicher Empfang beim Vice-
König in K a n - t o n . Dieser entschuldigte sich höflich mit der durch
den Andrang der Rehellen verursachten Häufung der Geschäfte,
und Bowring erhielt den gemessenen Befehl, auf den Empfang nicht
weiter zu dringen.92)
1854. ' • Anfang 1854 gab Bonham seine Stellung in China auf und
Bowring wurde zu seinem Nachfolger ernannt. In dem betreffenden
Schreiben sagt Lord Clarendon: »Ohne Erage giebt es Puncte,
deren wir uns versichern möchten und auf die wir sogar ein Verstände,
weil Kaiser Hien- fun die durch-den geheiligten Willen seines Vaters sanc-
tionirten Bestimmungen nicht ändern wollte, auch keinen Grund zur Aenderung
zu entdecken vermöchte, da der Handel unter genauer Ausführung der Bestimmungen
jenes Vertrages seither geblüht hätte. ■
91) »It is the intention of Her Majesty’s government,- that you should strictly
adhere to the instructions given to you by the Earl of Granville, by which you are
enjoined to avoid all irritating discussions with the Chinese authorities; and in conformity
with the rule thus prescribed to you, you will abstain from mooting the
question - of the right of British subjects to enter the c ity o f Canton. You will
likewise abstain from pressing to be received as Her Britisli Majesty’s Plenipotentiary
at any other description of place or in any other manner as your predecessors.«
" Schreiben von Lord Malmesbury, 21. Juni 1852.
92) Herr Bowring schickte seine Correspondenz mit Yi nach London. In Lord
Malmesbury’s Antwort vom 21. Juli heisst es darauf: «I have to state in reply,
that it is not necessary that you should-pursue this correspondence There is
no occasion for you, unless some unforeseen circumstances should occur, to press
for personal intercourse with the Chinese authorities, and still less that you should
moot the question of being received by them in the city of Canton I have
further to enjoin you not to raise any question as to the admission-of British
subjects into the city of Canton, and -not to attempt yourself to enter it.«
Dr. Bowrings Schriftwechsel mit Yi. 215
tragsrecht haben; und darunter möchte ich nennen den freien und
unbeschränkten Verkehr mit den chinesischen Behörden und freien
Zutritt in einige chinesische Städte, besonders K a n - t o n . Die Behandlung
dieser Fragen fordert aber grosse Vorsicht; denn wenn
wir sie in drohender Sprache urgiren und doch nichts durchsetzen,
so würde die nationale Ehre uns zur Anwendung von Gewalt
zwingen, und wir würden, um Resultate zu erlangen, deren prac-
tische Vortheile nicht klar zu Tage liegen, die bedeutenden Handelsinteressen
gefährden, welche uns in China schon erwachsen
sind und die bei guter und gemässigter Leitung täglich grössere
Ausdehnung gewinnen werden.« — Diese Worte veranlassten
Bowring, sofort freien Zutritt in K a n - t o n für seine Landsleute und
seinen eigenen feierlichen Empfang in einem Y a -m um dieser Stadt
zu verlangen. Der Vice -König Yi lehnte jene Forderung wegen
der noch immer feindseligen Volksstimmung nochmals ab und antwortete,
Ueberbürdung- mit Geschäften vorschützend, auf den
zweiten Punct anfangs höflich und dilatorisch. Nun entspann sich
eine Correspondenz über das vertragsmässige Recht der englischen
Behörden, mit den chinesischen auf gleichem Fusse zu verkehren,
welches Yi nicht anerkannt zu haben scheint. Er erklärte sich
zum Empfange des englischen Bevollmächtigten bereit, brachte
aber Oertlichkeiten dafür in Vorschlag, welche Bowring nicht angemessen
schienen. So wichtig die Fragen der Etiquette im Ver-
’ kehr mit den Chinesen nun auch sind, so war doch Bowring’s
fieberhaftes Begehren nach feierlichem Empfang nicht in den Umständen
begründet ; es musste den Chinesen lächerlich erscheinen
und sie zur Hartnäckigkeit reizen. Der Ton der Correspondenz
wurde immer bitterer; Yi verweigerte unbedingt den Empfang m
einem Ya-m üm und die Freigebung der Stadt für den Fremdenverkehr,
berief sich auch in beiden Puncten auf Sir George Bon-
ham, der niemals den Empfang beansprucht, und über die Zulassung
in K a n - t o n jene unklare Aeusserung gethan hatte.
Am 24. Mai 1854 meldete Bowring dem Yice-König, dass
er, auf weitere Erörterungen verzichtend, mit den anwesenden
Kriegsschiffen nach dem Norden gehe. In S h a n g - h a e traf er den
americanischen Bevollmächtigten Mr. Maclane, welcher seine Cre-
ditive in P e - k in z u übergeben wünschte. — Bowring richtete am
10. Juli ein Schreiben an den in S ü - t s a u residirenden Vice-König
der beiden K ia n , klagte darin ü b e r Yi's Unhöflichkeit und