
ders, dass in der Hauptstadt nicht gepredigt werde. — Bei späteren
Besuchen sprach er offener: sein königlicher Herr wolle das Land
evangelisiren, dieses Ziel aber auf seine Art durch einheimische
Lehrer verfolgen. Jährlich sollten in Gegenwart aller Beamten
Prüfungen stattfinden, bei denen der Bibeltext zur Grundlage diente;
nach ihrer Kenntniss der heiligen Schriften sollten die Candidaten
beurtheilt und angestellt werden. Die Beamten würden dann das
Volk unterrichten. Auf alle Einwendungen der Missionare antwortete
H u n - d z in : Jenes sei des T i e n - w a n Wilien, den er für
vollkommen achte; man wolle sich nicht auf fremden Beistand
stutzen; das Volk verschmähe, das Evangelium von Fremden anzunehmen;
durch Chinesen müsse es bekehrt werden. Gern möchte
er Freundschaft halten mit den Missionaren, aber ihre Ansichten
seien so verschieden, deshalb wolle er seinen eigenen Weg gehen.
Einstweilen wenigstens möchten keine Missionare nach N a n - k in
kommen, die Stadt sei jetzt nur ein Lager; und wenn er auch seine
besonderen Freunde gern zuweilen bei sich sähe, so könne er dem
Plane, die Hauptstadt zum Mittelpunct des Bekehfungsw.erkes zu
machen, durchaus keinen Vorschub leisten.
So sprach H u n - d z in , auf welchen die Missionare ihre gröss-
ten Hoffnungen setzten. Unter den älteren T a e - p in aus K u a n - s i
fanden sie noch Männer von ernster Gesinnung, die freilich eben
so fest an des T i e n - w a n Offenbarungen als an die Lehren der
Bibel glaubten, die Entartung und Barbarei des Heeres aber tief
beklagten. Der K a n - w a n , welcher in H o n g - k o n o Jahre lang predigte
und die christliche Lehre genau kannte, mochte sich des
T i e n - w a n angemaasster Göttlichkeit vor den Missionaren schämen;
dieser Glauben, meinte er entschuldigend, müsse zur Förderung
der grossen Sache noch eine Weile fortbestehen; der T i e n - w a n
sei ein Mann von höchster Geisteskraft, ohne welchen Alles auseinanderfiele;
ihm müsse man folgen. H u n - d z in gestand, ihm auch
im Puncte der Vielweiberei schon gehorcht zu haben; jetzt wolle
der Himmelsfürst ihm noch zwei Frauen aufdringen, die er beharrlich
zurückweise; übrigens habe er seine vier Gemalinnen und
seine Officiere nach gründlichem Unterricht getauft und bete mit
ihnen früh und spät.
Den dem alten kaiserlichen nachgeahmten unvollendeten
Palast,des T i e n - w a n schildert Herr Muirhead als imposanten Bau.
Ueber dem Aussenthor standen die Worte: .»Das geheiligte Hirnmelsthor
des wahren Gottes«, über dem inneren: »Das königliche
Himmelsthor«. Beide waren reich verziert mit grotesken Gestalten,
Drachen, Phönixen u. s. w. Zur Neujahrsgratulation kamen die
»Könige« in gelben Sänften; sie trugen lange gelbe Gewänder und
Kronen von altchinesischer Form. Von seinem Standpunct im
äusseren Hof sah Herr Muirhead die Feierlichkeit nur ungenau; sie
scheint jedoch der von Herrn Holmes beschriebenen durchaus geglichen
zu haben. Die Versammlung kniete und betete vor dem
leeren Thron des Himmelsfürsten, welcher unsichtbar blieb.
Herr Forrest, ein englischer Consularbeämter, der etwas
später N a n - k in besuchte, berichtet offenbar die nüchterne Wahrheit.
»Die völlige Verwüstung und Verödung der von den T a e - p in
auf ihrem Marsche von N a n - k in nach S u - t s a u betretenen Landstriche
ist mit'Worten nicht zu beschreiben. Die Gegend um letztere
Stadt wird bald ein wucherndes Dickicht sein, und die weiten
Vorstädte, einst sogar von Fremden angestaunt, sind völlig zerstört.
Vor den Thoren trifft man ein paar elende Geschöpfe, die
Bohnenbrei und Gemüse verkaufen; ausserdem sind aber keine einheimische
Bewohner mehr zu finden; wir jagten sogar wilde Enten
im Stadtgraben auf, wo es vor einem Jahr nur eben möglich war
durchzukommen durch die ungeheuere Masse dem Handelsverkehr
dienender Boote. Eben so öde ist das Innere der Stadt. Alle
Häuserfronten sind eingerissen und die zahlreichen Wasserläufe
mit zerbrochenen Möbeln, faulenden Booten und Trümmern vollgestopft.
Dasselbe gilt von allen Städten am Kaiser-Canal; die
Dörfer und durch keine Mauern geschützten Plätze sind so gründlich
ausgebrannt, dass nur rauchgeschwärzte Wände noch aufrecht
stehen.«
Der K a n - w a n war eben mit 70,000 Mann gegen H a n - t s a u
gerückt; den Kaiser-Canal bedeckten grosse Transporte elender
Waffen, mit denen gewissenlose Kaufleute in S h a n g - h a e gute Geschäfte
machten; die Flinten nur denen gefährlich, die sie führten.
— Die an der Mündung des Canals in den Y a n - t s e gelegene Stadt
T s in - k ia n - f u , welche seit einigen Jahren wieder kaiserlich war,
bedrängten jetzt die Insurgenten in der Besorgniss, dass die Engländer
sie nach Installirung ihres Consuls schützen möchten.
In der Umgegend von N a n - k in waren viele Landbewohner
zu ihren Dörfern und Beschäftigungen zurückgekehrt. Maueranschläge,
vom Sohne des T i e n - w a n und dem T s u n - w a n unter