
Gepränge; auf der mühseligen Landreise hatte inan nur kleines
Gepäck mitführen können; die Staats-Processionen zu den Audienzen,
welche nach chinesischer Sitte bei Sonnenaufgang stattianden,
werden von den Theilnelimern selbst als lächerlich geschildert. •—
Beim Einzuge des Kaisers in P e - k in stellte Lord Macartney sich
nach Landessite am Wege auf und wurde freundlich begrüsst. Die
königlichen Geschenke — nur ein Theil war nach D z e h o l mitgenommen
worden ■— mussten sofort im Sommer-Palast aufgestellt
werden; Alles wurde von den Chinesen in grösster Eile betrieben.
Der K o - l a o oder erste Minister scheint damals gleich mit dem
Vorschlag zu schleuniger Abreise hervorgetreten zu sein, welchen
er mit dem baldigen Eintritt des kalten Winters motivirte; aber
noch am 2. October gab der Botschafter nach einer Conferenz mit
den Ministern den Befehl zu weiteren häuslichen Einrichtungen.
Die Ueberführung der reichen Geschenke -nach Yr.vis - in n - vua n
dauerte mehrere Tage; der Kaiser schien Gefallen daran zu linden
und erwiederte sie mit eben so reichen Gaben, die sich sogar auf
die Mannschaft der bei T s u - s a n ankernden englischen Schilfe erstreckten.
— Die Mandarinen gaben unterdessen immer deutlicher
zu verstehen, dass der Botschafter gleich nach Empfang des kaiserlichen
Schreibens um Erlaubniss zur Abreise bitten müsse. Das
Object der Gesandtschaft sei lediglich, Geschenke zu bringen und
Festen beizuwohnen; nach Empfang der Gegengeschenke und des
Antwortschreibens müsse dem chinesischen Ceremoniel gemäss
sofort die Rückreise angetreten werden. Auf geschäftliche Unterredungen
liessen sich die Minister nicht mehr ein; der K o - e a o ,
welcher den Fremden ungünstig gewesen sein muss, erbat sich
einen kurzen Auszug der englischen Anträge. Nachdem der Botschafter
das kaiserliche Schreiben im Palast feierlich in Empfang
genommen hatte, scheint ihm der Belehl, P e - k in binnen zwei Tagen
zu verlassen, ohne Förmlichkeiten insinuirt worden zu sein ). Der
Kaiser liess Höflichkeiten sagen, empfing die Gesandtschaft aber
nicht mehr. Die eben eingetroffene Nachricht vom Ausbruche des
18) Nach Andersons Bericht wäre Lord Macartney in schmachvoller Weise zur
Abreise getrieben worden, so dass er den grössten Theil seiner kostbaren Einrichtung
dem Diebsgesindel von P e - k in preisgeben musste. Seine-Staatscarosse, erzählt
Anderson, hätte Lord Macartney am letzten Tage dem ersten chinesischen Minister
geschickt; in T u n - ts a u hätte er sie aber beschmutzt und verdorben vor der Thür
seiner Wohnung gefunden, die nicht besser als ein Stall gewesen sei. Auf den
Booten seien die Engländer wieder anständig behandelt worden.
Earl Macartney.
Krieges mit Frankreich gab willkommenen Vorwand zu scheinbar
freiwilliger Abreise; in der That aber wurden die Engländer aus-
o-ewiesen. Auf der Rückreise durch das Land17) nach K a n - t o n , —
dem vorgeschriebenen Wege der tributbringenden Gesandten, —
wurden sie freundlich behandelt; die begleitenden Mandarinen
benahmen sich bis zum letzten Augenblick sogar herzlich und
sorgten mit persönlicher Aufopferung für die Bequemlichkeit der
Fremden. — In K a n - t o n , wo die Gesandtschaft am 19. December
1793 eintraf, war der Empfang von Seiten der Chinesen sehr ehrenvoll:
die den Fluss auf lange Strecken säumenden Festungswerke '
und Kriegsdschunken salutirten; die Besatzungen waren am Ufer
aufmarschirt und beugten das Knie, als der Botschafter vorüberfuhr.
Lord Macartney blieb noch bis zum 8. März 1794 in
K a n - t o n und Macao. Bei der Einschiffung nahm S u n - T a d z e n , der
chinesische Reisemarschall, unter Thränen von ihm Abschied. Damals
schon Mandarin ersten Ranges, wurde dieser liebenswürdige
Mann später Vice-König von K u a n - t u n und erwarb sich auch in
dieser schwierigen Stellung die höchste Achtung der Fremden,
welche sein Unglück werden sollte. Als nachher S u n - T a d z e n eine
der einflussreichsten Stellungen am Hofe bekleidete, beschloss die
englische Regierung 1812 — also zwanzig Jahre nach Lord Ma-
cartney’s Reise — ihm ein werthvolles Ehrengeschenk zu senden,
mit dessen Ueberreichung ein chinesischer Dolmetscher der englischen
Factorei in K a n - to n beauftragt wurde. A - y e n kehrte mit
einer Karte des S u n - T a d z e n dahin zurück, wurde jedoch alsbald
von den dortigen Behörden verhaltet und nach summarischem Verfahren
für unerlaubte Beziehungen zu den Barbaren in die Tartare-i
verbannt. Bald darauf erfuhr man, dass S u n - T a d z e n in Ungnade
gefallen, das Ehrengeschenk aber zurückgesandt worden sei. Er
soll niemals wieder ein einflussreiches Amt bekleidet haben.
Ein Hauptzweck von Lord Macartney ’ s Sendung war
die Freigebung von N i n - p o , T s u - s a n , T i e n - t s in und anderen
Häfen für den englischen Handel; die Minister lehnten aber jede
darauf zielende Erörterung ab. In seinem Schreiben an den König
von Grossbritannien betont K i e n - l o n , dass der Handel auf
K a n - to n beschränkt bleiben müsse: »Ihr werdet Euch nicht
u) Der grösste Theil dieses Weges wird auf Wasserstrassen zurückgelegt.