
sollen; dass die chinesischen Feldherren ihren Truppen befohlen
haben, einige Li zurückzuweichen, damit ein ehrlicher Frieden geschlossen
werde. Ziehen sie sich wirklich zurück, so glaubt Parkes
annehmen zu dürfen, dass die Verbündeten nicht weiter Vorgehen;
Nach reiflicher Berathung mit Sir Hope Grant beschloss
Lord Eigin den Behörden von P e - k i n mitzutheilen, dass ihrer Stadt
noch immer das Unheil der Erstürmung gespart werden könne,
wenn sie die Gefangenen sofort auslieferten und eines der Stadt-
thore den Verbündeten übergäben. Letzteres sollte als Pfand dienen
für die wirkliche Unterzeichnung der Convention und Erfüllung
aller Zusagen. — Man forderte die Chinesen auf, einen Beamten
von angemessenem Range nach .einem Orte zwischen der Stadtmauer
und dem englischen Lager hinauszuschicken. Darauf wurde
H a n - k i in einem Korhe von der Mauer herabgelassen und erschien
am 7. October um vier Uhr Nachmittags an dem bezejchneten Ort,
wo Herr Wade ihm das jene Forderungen enthaltende Schreiben
einhändigte und in langer Unterredung die Lage e r k lä r t e .A m
Nachmittag des 8. October-wurden die Herren Parkes und Loch,
mit einem indischen Reiter, ferner Herr d’Escayrac de Lauture mit
vier französischen Soldaten ausgeliefert. Die anderen Gefangenen
seien von P e - e in entfernt, sollten aber bald eintreflen. — Später —
am 12. October kehrten noch neun Reiter von Fane’s Regiment und
ein französischer Soldat zurück, welche den Tod des «Lieutenant
Anderson, des Attache de Normann, mehrerer indischer Reiter und
französischer Soldaten meldeten. Dann wurden am 14. October
noch zwei von Fane’s Reitern lebend und die Leichen von zwölf
anderen Gefangenen ausgeliefert, unter denen man Anderson, de
Normann und Bowlby erkannte. Unter den den Franzosen zugestellten
Leichen waren nur die des Sous-Intendant Dubut und des
Colonel Grandchampskenntlich. Undurchdringliches Dunk'el schwebte
über dem Schicksal von Capitän Brabazon und Abbé Duluc, welche
am 19. September von den anderen Gefangenen getrennt worden
waren. -Die Chinesen wollten nichts von ihnen wissen. Aber schon
damals ging das Gerücht, dass General T s e n - p a o , hei P a - l i - k a o
verwundet, sie im Zorn über die verlorene Schlacht habe hinrichten
lassen.
Die Berichte der gefangenen Parlamentäre gewähren einen
tiefen Einblick in die chinesische Gesittung. Merkwürdig contrastirt
darin der Abgrund gemeiner Bosheit* und Hinterlist, barbarischer
Rohheit, Grausamkeit und Verworfenheit in den höchsten Ständen
und der chinesisch-tartarischen Armee mit der Gutmüthigkeit und
Humanität, welche die Gefangenen durchgängig beim Volke und
selbst bei Menschen fanden, die wegen gemeiner Verbrechen
mit ihnen eingekerkert waren. Diese Episode liefert ferner einen
neuen Beweis, dass das grösste Hinderniss des guten Einvernehmens
mit China der unbändige Dünkel ist, welcher den Anspruch anderer
Souveräne auf Gleichstellung mit dem chinesischen Kaiser nicht
begreift, der unbezähmbare Widerwillen des Himmelssohnes, diese
bis in unsere Zeit niemals erfolgreich angefochtene Eigenschaft aufzugeben,
auf welche sich die Möglichkeit seiner Herrschaft über
ein Drittheil der Erdenbewohner wesentlich gründet.
Dass, während Prinz T s a e und Mu-yin wiederholt die Unterzeichnung
der Convention und Erfüllung aller Forderungen versprachen,
derartige Absichten keineswegs gehegt wurden, beweist
folgender am Tage der Schlacht von T s a n - k i a - v a k oder den Tag
vorher in Pe-kin publicirte kaiserliche Erlass.
»Sei e s, dass wir die (Bewohner der) Weltmeere besänftigten
oder sie zügelten116)* Äf wir behandelten sie doch alle mit demselben
Gefühl des Wohlwollens, u n d .der Handel der Nationen der äusseren
Gewässer wurde ■ m it keinem Verbot belegt. Die Engländer») und
Franzosen jedoch fingen nach vielen Ja h ren des Friedens mit China,
in welchen sich lange Zeit kein Anlass zur Fehde b o t, im W in te r des
7. Jah re s (unserer Regierung) Krieg in K u a n - t u n a n , drangen mit
.Gewalt in seine Stadt und nahmen durch .hinterlistigen Ueberfall die
Behörden gefangen. Da wir aber glaubten, dass der General - Gouverneur
Y i - m i n - t s i n durch übermässige Unbeugsam-keit und W illk ü r
diesen Stre it herauf beschworen habe, - so liessen wir nicht sogleich
T ru p p en marschiren zu ih re r Bestrafung. Und als im 8. Ja h re der
Barbaren-Häuptling Eigin und Andere nach (der Küste von) T i e n - t s in
kamen, um sich zu beschweren, geboten wir dem General - Gouverneur
T a u - t s i n - s ia n sich dahin zu verfügen, ihre Sache zu untersuchen und
zu ordnen. Die Barbaren aber benutzten unseren Mangel an Bereitschaft,
stürmten die Festungen u n d kamen den Fluss h e rau f nach
T i e n - t s i n . Besorgt, dass durch (des Krieges) verderblichen Einfluss
der Geist-des Lebens vergiftet w e rd e , verloren wir wenig Zeit in E r örte
rungen'mit ih n en , sondern schickten sogleich den Haupt-Staats-
secretär K w e i - l i a n u n d seinen Collegen a b , mit ihnen zu unterhanu8)
D. h. väterlich in Frieden mit ihnen lebten oder im Kriege begriffen waren.