
Fremden sogar das vertragsmässige Recht des Eintritts in die chinesischen
Städte abschnitt. Sir John Davis setzte erst nach langen
Kämpfen durch, dass die englischen Consuln dort innerhalb der
Mauern wohnen durften. — Es fehlte an Capital und kaufmännischem
Trieb. Zudem war die Schiffahrt auf dem nach F u - t s a u 'hinaufführenden
Fluss so gefährlich, dass die Engländer ernstlich daran
dachten, diesen Hafen aufzugeben und dafür die Freigebung eines
anderen zu verlangen. Erst nach einer Reihe von Jahren gestalteten
die Verhältnisse sich günstiger. Selbst in N i n - p o blühte der
Handel trotz dem freundlichen Entgegenkommen der Bewohner nur
langsam auf. S h a n g - h a e allein nahm raschen Aufschwung, wozu
die Mitwirkung der Behörden beitrug, welche dort die Unternehmungen
der Fremden kräftig förderten. In allen anderen Häfen
suchten die Mandarinen den Verkehr zu drücken und in seinen
alten Weg nach K a n - x o n zurückzuleiten. Man erfuhr sogar, dass
die Behörden im Innern des Landes den Waarentransport nach
neuen Häfen hinderten; der Kaiser wollte die auf der langen
Reise nach K a n -x o h namentlicli vom Thee in jedem Bezirk erhobenen
Durchgangszölle nicht missen; so entging den Fremden
ein Hauptvortheil der Freigebung jener Plätze.' Die chinesische
Obrigkeit versuchte trotz der in den Verträgen deutlich ausgesprochenen
Befreiung des Handels von jedem Monopol auch wiederholt,
einzelne Kaufleute durch Privilegien für diesen oder jenen
Artikel zu begünstigen, und belastete die Einfuhr in das Innere
mit schweren Abgaben. Die Beseitigung dieser Uebelstände kostete
langen Kampf.
Nur die gebietende Stellung der Engländer in H o n g - k o n g
konnte überhaupt den Verträgen Geltung schaffen. Dort blühte in
wenig Jahren die Stadt Victoria auf und wurde der. Gentralpunkt
des englischen Handels in China. Wenn sich auch das Waaren-
geschäft in den geöffneten Häfen abwickelte, so hatten doch alle
angesehenen Häuser ihren Hauptsitz • in der Colonie und leiteten
von da aus die Operationen ihrer Filiale. Die Insel ist als Flottenstation
durch ihre sichere Rhede unschätzbar. Viele Tausend betriebsame
Chinesen siedelten sich bald unter dem Schutze der
Colonial-Behörden dort an, in voller Sicherheit vor Erpressungen
der Mandarinen. Diese machten einige zaghafte Versuche, dort,
wie in Macao, Steuern zu erheben und Jurisdiction zu üben, wurden
aber derb zurüekgewiesen. Die grossbritannische Regierung betrachtete
H o n g - k o n g als ihr Eigenthum durch Eroberung; im
Friedensvertrage war die Insel auf ewige Zeiten abgetreten, »unter
solchen Gesetzen und Verordnungen regiert zu werden, als Ihre
Majestät geruhen würden zu befehlen«. Dieses Hoheitsrecht musste
illusorisch werden, sobald chinesische Beamten dort walteten.
Oft ist die Frage erörtert worden, ob nicht der Besitz der
Tsu- sa n -Gruppe dem von H o n g - k o n g vorzuziehen wäre. Während
Herr von Lagrene den französischen Vertrag negocirte, ging das
Gerücht, dass Frankreich sich die T su -sa n - Inseln anzueignen
wünsche. Es mag müssiges Gerede gewesen sein; die Absieht
wurde auch amtlich geleugnet. In der That begreift man nicht,
wozu Frankreich bei der geringeren Bedeutung seines Handels mit
China eine so theuere Colonie hätte dienen sollen. Seine Theil-
nahme an den späteren Kriegen war freilich durch die Umstände
auch nicht geboten;, aber Kriegsruhm bezahlte das französische
Volk immer gern, während die künstliche Erhaltung einer Colonie
ohne innere Lebensfähigkeit schwerlich Anklang gefunden hätte. —
Ohne Kampf wären die Inseln sicher nicht hergegeben worden; das
beweisen die Geständnisse des Sir John Davis, welcher die Abtretung
an England anbahnen sollte. Ki - yin wies alle darauf zielenden
Anträge kurz von der Hand. Die Chinesen mögen die strategische
Bedeutung der Gruppe erkannt haben, deren Besitz für die Integrität
des Reiches viel wichtiger war, als das an der fernsten Grenze
gelegene H o n g - k o n g ; denn die Tsu-SAN-Inseln bilden ein ausgedehntes
und dicht bevölkertes Gebiet dicht am Herzen des Landes,
während H o n g - k o n g nur ein kahler, von armen Fischern bewohnter
Felsen war. Ihre Wichtigkeit für den Handel wurde nur
anfangs überschätzt. Als SnaNG-HAE damals schnell emporblühte
und sogar K a n - t o n z u überflügeln drohte, konnte in T i n - h a e ,
der Hauptstadt von T su - s a n , welches alle Vorth eile eines Freihafens
bot, während der vierjährigen Occupation kein Geschäft von
Bedeutung angeknüpft worden. Es war kein Handelsplatz, keine
Mündung der Wege aus dem Inneren; alle Waaren mussten von
den Canal-Booten erst umgeladen werden, um nach den Inseln zu
gelangen. — Ibre strategische Bedeutung in der Nähe derYAN-TSE-
Mündung ist dagegen unzweifelhaft..
Welchen Werth die chinesische Regierung auf die Räumung-
von Tsu.-s a n legte, geht auch daraus hervor, dass sie trotz der
Geldnoth die im Vertrage stipulirte Kriegsentschädigung pünktlich