
Völkerrecht und der chinesischen Staatsidee, zwischen den Mün-
düngen englischer Kanonen und dem tödtlichen Zorn des Himmels-
solines jedes Messen mit gewöhnlichem Maasse verbietet.
Das vertrauliche Schreiben des Staatsraths an S a n - k o - l i n s
in theilt diesem ein kaiserliches Decret vom 27. März 1860 mit,
in welchem H i e n - f u n zunächst alle Forderungen des Ultimatum
deutlich aufzählt und den Befehl des Staatsraths an H o - k w e i - t s in
erwähnt, dasselbe zu beantworten. Dann erörtert der Kaiser die
Rüstungen der Allirten und ihre Recognoscirungen bei P e - t a n .
S a n - k o - l i n - s in und H a n - f u sollen die P e i - h o -Mündung nach
Möglichkeit befestigen. Der russische Häuptling Ignatief werde
wegen Ablehnung gewisser Forderungen Kriegsschiffe nach der
P e - t a n - Mündung bringen; das sei den Russen aber nur in ruhigen
Zeiten erlaubt; jetzt könnten sie mit den anderen Barbaren verwechselt
werden, und daraus Collisionen entstehen, die zu ernsten
Irrungen führten. Brächten sie etwa Waffen, so möge man solche
in kleinen Fahrzeugen abholen, niemand landen lassen und die
Schiffe streng bewachen. Kämen aus P e - k in Russen nach der
Küste, so müsse man sie unverzüglich festnehmen und nach der
Hauptstadt zurückführen, damit sie nicht kundschaften könnten
Leicht möchte ein listiger Anschlag dahinter stecken.
Das merkwürdigste Document war die gemeinsame Denkschrift
von S a n - k o - l i n - s in und H a n - f u . — Am Eingänge werden
die Zeitungsnachrichten über die Rüstungen des Feindes berührt;
die tartarische Streitmacht sei ihm gewachsen; in P e - t a n könne so
leicht nicht gelandet werden. Dann folgt, in mehrere Puncte zerlegt,
eine Beleuchtung der Politik der Alliirten.
1. Nach d e r Niederlage am P e i - ho hätten sie wohl gern um
Frieden gebeten; aber aus Besorgniss, dass China Kriegsentschädigung
verlangen w ürde und dass die ändern Nationen jenseit des Meeres sie
verachten möchten, fuhren sie fort mit leeren Drohungen und dachten
dadurch ihren Ruf zu re tten ; gaben aber den Barbaren - Kaufleuten zu
verstehen, dass sie eine Ausgleichung herbeifiihren möchten. Das ist
d e r erste P u n c t, in welchem ihre Politik ganz deutlich war.
2. Als diese Barbaren im vorigen Jah re mit Kriegsschiffen und
Geschützen die Küste heraufkamen, wollten sie uns mit Gewalt der
Waffen zwingen. Deshalb mochten sie , wohl wissend, dass K w e i - l ia n
und sein College lange i n S H A N G - H A E auf sie warteten, diese gar nicht
sprechen, beso rg en d , ih re unredlichen Absichten möchten entdeckt
und Maassregeln getroffen werden, welche die Befriedigung ih re r rebellischen
Gelüste vereitelt hätten. Vermehrten sie in diesem Ja h re ihre
Streitkräfte wirklich, um Rache zu üben, so hätten sie niemals zugelassen,
dass sich in S h a n g - ha e das leiseste Gerücht von ih re r Absicht v e rbreite.
. . . Diese unverhohlene Kundgebung von Muth, diese rückhaltlose
Oeffentlichkeit wäre nicht das Spiel der ausgemachtesten Dummköpfe
gewesen, und sie sind nicht die ausgemachtesten Dummköpfe..........
Wenn man auf tausend Li den Fein d bewachen w ill, so sollte je d e r
Murid geknebelt, jed e Trommel gedämpft sein. . . . W e r wollte ihn -
benachrichtigen, damit er sich rüste? Das beweist, dass sie um F rie den
werben möchten; sie wollen aber nicht die ersten sein, davon zu
reden. Das ist d e r zweite P u n c t, in welchem ih re Politik vollkom-
men k la r ist*
3. Welches ist d e r Unterschied zwischen Barbaren - Häuptlingen
und Barbaren-Kaufleuten? Nicht le ich t ist e s , eines Menschen Wünsche
zta e rra th e b , bis die W o rte aus seinem Munde gingen. Nun erriethen
die Barbaren-Kaufleute den Wunsch des B ru c e , dass China das erste
W o rt sage. E r möchte die Feindseligkeiten einstellen, zu einer bestimmten
Zeit nach T ie n - t s in kommen, dann in die Hauptstadt einziehen;
von "beiden Seiten soll keine Entschädigung beansprucht werden;
e r , der Häuptling, möchte mit allen Ehren behandelt werden. Unter
diesen Bedingungen w ird , sich eine Ausgleichung herbeiführen lassen.
Das h e isst, dass der Häuptling ßruce.'bereit is t, sich unse rer Versöhnung
zu unterwerfen, u n d dass er den Barbaren-Kaufleuten das zu
verstehen giebt. Aber e r erhebt in störrischer Haltung Schwierigkeiten
und stellt eine Anzahl unerfüllbarer F o rd e ru n g en , damit wir die ersten
Schritte thun. Das ist d e r dritte P u n c t, in welchem ihre Politik ganz
deutlich ist.
In den E rörterungen zwischen dem T a u - t a e und seinem Col-
legen und den Barbaren-Kaufleuten in S h a n g - h a e nahmen Jen e weder
einen zu hohen noch einen zu tiefen T o n an u n d hatten guten Erfolg.
Ih r ganzes Auftreten war den Umständen angemessen. Aber in ihrem
Verfahren bei dem jetzigen Anlass, in der Annahme d e r von den Ba rbaren
an den Staatssecretär gerichteten S chreiben, in ihrem Versprechen,
den General - Gouverneur für sie um dessen Beförderung zu
ersuchen, scheinen sie sich etwas vergeben zu haben. Es ist gleichgültig,
in was für unverschämten u n d respectwidrigen Ausdrücken die
Barbaren ih re Forderungen stellen; die Hauptsache is t, dass, nachdem
eine Mitttheilung von ihnen zuerst ausgegangen is t, w ir uns in die
Finger stechen in den Gründen, welche wir anführen müssen. Beinah
ein Ja h r waren diese Häuptlinge in S h a n g - h a e , polternd und