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1750. ihres Willens bewiesen. Dessen ungeachtet begab sieb Flint 1759
abermals nach N i n - p o , wurde aber ausgewiesen. Des Chinesischen
vollkommen mächtig, wusste er nun auf eigene Hand nach P e - k in
zu gelangen, dort die Gunst angesehener Männer zu gewinnen und
seine Klagen vor den Kaiser zu bringen. In Begleitung eines
kaiserlichen Bevollmächtigten kam er nach K a n - to n zurück14); die
Fremden aller Nationalitäten wurden vor die Mandarinen bcschieden
und benachrichtigt, dass der H o p - p o , — gegen den sieh besonders
ihre Klagen richteten, —' degradirt und ein anderer an seiner Stelle
ernannt sei; dass ihnen ausser der Steuer von 6 Procent auf alle
Waaren und dem »Geschenk« von 1950 T a e l sämmtliche Abgaben vom
Kaiser erlassen seien. — Dabei blieb es aber nicht. Der Vice-König
erwartete wohl nur die Abreise des kaiserlichen Special-Commissars,
um die Fremden ihre unverzeihliche Frechheit büssen zu lassen.
Er liess zunächst Flint zu sich rufen, gewährte jedoch das Gesuch
der Handelsvorsteher, denselben begleiten zu dürfen. Am Tliore
des Palastes verlangten die H o n -Kaufleute, dass die Fremden
einzeln hineingingen; diese bestanden aber darauf, sich nicht zu
trennen. Im inneren Hofe der Audienzhalle wurden sie nun von
den Officianten ergriffen und vor den Vice-König gezerrt; es entstand
eine Balgerei, in welcher die an Zahl stärkeren Chinesen die
Fremden zu Boden warfen: diese sollten nach Landessitte vor dem
Vice-König knieen. Als sie sich aber faustgerecht wehrten und
jede Erniedrigung gewaltsam zurückwiesen, befahl der Vice-König,
von ihnen abzulassen. Er theilte ihnen einen Erlass mit, durch
welchen Flint für seinen Versuch, gegen den Befehl der Behörden
in N i n - po einzudringen, des Landes verwiesen und ein Kantonese,
der vorgeblich die Fremden durch Abfassung einer Bittschrift an
den Kaiser verrätherisch unterstützt haben sollte, zum Tode
verurtheilt war. Bei Degradirung des H o p - p o , welcher Anlass zu
Beschwerden gegeben habe, sollte es bleiben.BäDie Hinrichtung
eines den Fremden ganz unbekannten Chinesen wurde alsbald in
ihrer Gegenwart vollzogen. Flint hielten die Mandarinen fest und
setzten ihn in einem Hause bei Macao gefangen, wo man ihn
glimpflich behandelte, aber von jedem Verkehr abschnitt. Ein von
den Franzosen, Dänen, Schweden und Niederländern in der enoO--
I4) Flint blieb bèi seiner Rückkehr zehn Tagejn der Stadt K a n - t o n , ehe er nach
den Factoreien kam. In dieser Zeit muss die Untersuchung durch den Commissar
aus P e -k in geführt worden sein,
Feigheit der Portugiesen. 3 3
lischen Factorei unterschriebener Protest gegen seine Verhaftung
blieb unbeachtet. Flint wurde vom März 1760 bis zum November
1762 festgehalten, dann in W a m - p o a an Bord eines eben absegelnden 1762.
englischen Schiffes gebracht.
Die Provinzial-Behörden verzeihen es niemals, wenn Fremde
sich mit Beschwerden an den kaiserlichen Hof wenden. Selbst
jetzt, da die Verträge geschlossen sind und Vertreter der westlichen
Mächte in unmittelbarem Verkehr mit den höchsten Beamten
der Centralgewalt stehen, umgehen die Mandarinen in den geöffneten
Häfen oft deren Befehle.
Die erzählten Vorfälle steigerten in K a n - t o n das gegenseitige
Uebelwollen; in den darauf folgenden Jahrzehnten waren die
Zusammenstösse zwischen Ausländern und Chinesen häufiger und
blutiger als jemals. Nur die Portugiesen liessen sich nach den
englischen Berichten Alles gefallen und opferten dem Vortheil
Ehre und Bewusstsein. Aus dem Jahre 1773 wird folgendes Ereig- 1773-
niss berichtet. Ein Chinese war in Macao erschlagen worden; der
Verdacht des Mordes fiel auf einen Engländer Scott, der von den
Colonialbehörden verhaftet wurde. Der portugiesische Gerichtshof
fand trotz allen Zeugenverhören nicht den schwächsten Beweis für die
Schuld des Angeklagten; trotzdem forderten die Mandarinen perem-
toriscli dessen Auslieferung und drohten mit Sperrung des Handels.
Die Portugiesen waren überzeugt von der Unschuld des Scott; ein
Mitglied des Senates sprach offen aus, dass dessen Auslieferung-
ehrlos wäre; trotzdem beschloss die Majorität sich zu fügen, und
lieferte wirklich den Schuldlosen zur Schlachtbank.
Die despotische Willkür der Chinesen und die damalige
Rechtlosigkeit der Fremden beweist unter vielen anderen folgender
Vorfall. Am 24. November 1784 gelangte die Nachricht nach rat
K a n - t o n , dass drei Chinesen eines Proviantbootes durch einen Salutschuss
des indischen Schiffes Lady Hughes schwer verletzt seien.
Einer davon starb am folgenden Morgen. Der Feuerwerker, der
ganz schuldlos war, kannte die rachsüchtige Grausamkeit der
Landesjustiz und verbarg sich. — An demselben Tage kam ein
Mandarin .zum englischen Handelsvorsteher und verlangte Untersuchung,
gab aber zu, dass nach allem Anschein ein Zufall das
Unglück herbeigeführt habe. Der Handelsvorsteher hatte keine
Gewalt über das indische Schiff (country-ship), das der Compagnie
nicht gehörte, versprach aber seinen Einfluss bei dem Supercargo
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