
gegen Y a n - t s a u , K w a - t s a u und T s i n - k ia n , die drei Städte unternehmen
sollten, welche die Kreuzung des Grossen Canals mit dem
Y a n - t s e beherrschen. — Nur theilweise kamen diese Pläne zur Ausführung.
Von den vier auf die Dreistadt H a n - k a u dirigirten Armeen
wurden die beiden unter dem T ü - w a n und dem S i - w a n von
den Kaiserlichen geschlagen und mussten zurück; der T s u n - w a n
stand im April 1861 auf dem Süd-Ufer des Y a n - t s e nicht weit
von der Dreistadt; der kaiserliche General P a o - t s ia o hatte sich
aber an seine Fersen geheftet, der Gouverneur von H a n - k a u sandte
ihm eine Colonne entgegen und das Landvolk schnitt ihm die Zufuhr
ab, so dass er ebenfalls umkehren musste. Der Y i n - w a n besetzte
am 18. März 1861 W a n - t s a ü und bedrohte die Dreistadt,
von deren Berennung ihn nur die Vorstellungen der Engländer abhielten.
Der Entsatz von G a n - k in gelang ihm nicht. — Die N i e n -
e e i , welche auf die Städte an der Kreuzung des Y a n - t s e mit dem
Kaisercanale marschirten, wurden geschlagen. Nur von Su - t s a u
aus operirten die Rebellen glücklich gegen den Süden und die
Meeresküste, gewannen aber wesentliche Erfolge erst im Herbst
des Jahres 1861.
Seit der Einnahme von S u - t s a u kamen nach mehrjähriger
Unterbrechung wieder protestantische Missionare in Berührung mit
den T a e - p i n , auf welche sie noch immer grosse Hoffnungen bauten.
Damals glaubten selbst viele aus der besten Classe der fremden
Kaufleute, dass die Insurgenten mindestens eben so gesittet seien
als die Kaiserlichen. Herr Lay,128) den wir in S h a n g - h a e sprachen,
nannte die Rebellen zu schwach, um zu leben, die kaiserliche Regierung
trotz unheilbarer Krankheit noch zu kräftig, um zu sterben,
und prognosticirte daraus eine allgemeine Auflösung, deren Folgen
ausser aller Berechnung lägen. Seitdem sind die T a e - p in vom
Erdboden verschwunden und die Auflösung ist nicht eingetreten;
I28) Mr. Horatio Nelson Lay war, obgleich als Director aller Zollämter für den
auswärtigen Handel in chinesischem Staatsdienst, in den Feldzügen 1858 und 1860
auf englischer Seite thätig gewesen und hatte sich durch sein wegwerfendes Betragen
gegen bejahrte chinesische Würdenträger sehr verhasst gemacht. San -k o -t.in -
sin’s Erbitterung gegen die Engländer soll vorzüglich durch Herrn Lay’s Auftreten
gegen den alten Kwki-lian 1858 hervorgerufen worden sein. — In seiner Stellung
als chinesischer Zoll - Director folgte ihm Mr. Hart, welcher verstand, die Erfüllung
seiner Pflichten gegen’ die kaiserliche Regierung mit der Freundschaft für seine
Landsleute zu verbinden, und sehr viel zur glücklichen Entwickelung des Verhältnisses
zwischen den Fremden und den Chinesen beitrug.
ein siecher Körper lebt oft eben so lange als ein gesunder, und
wie der »kranke Mann« an Europas Grenze, so kann auch der abgelebte
Stamm an Asiens äusserstem Ende immer weiter vegetiren,
ohne Blüthen zu treiben, ohne zu verdorren. Die Masse ist zu
gross, um von selbst zusammenzubrechen; die Krankheit einzelner
Glieder überwindet der gewaltige Körper. China lebt fort nach
dem Gesetze der Trägheit, dem stärksten Moment hei grossen
Massen, die um den eigenen Schwerpunct gravitiren, um die selbst
losgelöste Theile weiter kreisen, bis äussere Gewalt den Bann
zerstört.
Im August 1860 kam der americanische Missionar Holmes
nach N a n - k i n . Der T i e n - w a n schien erfreut über die Ankunft
eines fremden Geistlichen und wollte ihn empfangen, verlangte
aber, dass Herr Holmes in chinesischen Gewändern erscheine, Rang
und Titel von ihm ann'ehme und vor ihm niederkniee. Dess weigerte
sich der Americaner. Nach langen Verhandlungen erschien
ein Edict von des T i e n - w a n elfjährigem Sohne, welcher damals
schon göttliche Ehren genoss und alle Decrete in Religions- und
Regierungs sachen zu erlassen pflegte: den Völkern des Westens
werde kund gethan, dass er und sein Vater geruhen wollten, den
Besuch des ehrwürdigen Herrn zu empfangen. — Den folgenden
Morgen*#»; einen Sabbath — bei Tagesgrauen führte eine bunte
Procession mit fliegenden Bannern und Musik Herrn Holmes nach
dem Palast; er selbst war zu Pferde, die »Könige« folgten in
prächtigen Sänften. Den Palast, an dem noch ge'baut wurde, vergleicht
Herr Holmes mit den grössten Confucius-Tempeln; in der
Audienzhalle stellte man ihn zwei Brüdern, zwei Neffen und dem
Schwiegersohn des T i e n - w a n vor, welche am Eingang eines zurückspringenden
Gemaches sassen. Darüber standen die Worte: Erhabenes
Himmelsthor; im tiefsten Hintergrund sah man den leeren
Thron des himmlischen Fürsten. Nach einiger Zeit erschien der
zwölfjährige Westkönig, ein Brudersohn des T i e n - w a n ; er setzte
sich zu seinen Verwandten und die Feierlichkeit begann. »Zuerst,«
erzählt der Missionar, »knieten die T a e - p i n mit dem Gesicht nach
dem Throne des T i e n - w a n nieder und recitirten ein Gebet an den
»himmlischen Bruder«; dann knieten sie nach der entgegengesetzten
Richtung und sagten ein Gebet an den »himmlischen Vater«; dann
knieten sie wieder mit dem Gesicht gegen den Stuhl des T i e n - w a n
und beteten abermals zu ihm; darauf schlossen sie die Feierlich-
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