
den fielen unter dem chinesischen Feuer u. s. w. Sechs Tage
dauerte der blutige Kampf, bis die chinesischen Truppen der
Uebermacht weichen mussten. »Als ich das hörte, stand mir das
Haar zu Berge über die Frechheit dieser Schufte; ich berieth mieb
sofort mit Yu - yü- pun über die Sicherung von Tsin- hae , ohne
auch nur einen Zollbreit zu weichen. Für jetzt werde ich verkleidete
Soldaten nach Tsu- san schicken u. s. w.« — In seiner
Antwort mahnt der Kaiser Yu - kien, sich seiner Abstammung
würdig zu zeigen, und ermächtigt ihn so viel Truppen aufzustellen,
als zur Vernichtung des Feindes nothwendig seien, »sobald derselbe
nah genug käme«. — Y u - kien rief nun wieder das Volk an, in
Masse aufzustehen, und verhiess reiche Belohnung. Mit 130,000
Mann drohte er auf Tsu- san z u landen und die Barbaren vom Angesichte
der Erde wegzufegen; nicht ginem soll das Leben geschenkt
werden. Seiner Umgebung befahl er in fieberhaftem Wahnwitz
unablässig, den Feind zu morden, zu ersäufen, in Stücke zu hauen,
das Land von dieser Geissel zu erlösen.
Am Morgen des 10. October erschien die englische Flotte
vor T s i n - h a e , dem uneinnehmbaren »Bollwerk am Meere«, das auf
einer Landzunge an der Mündung des Flusses von N i n - p o liegt.
Die Luft war heiter und ruhig, das Wasser spiegelglatt; die englischen
Linienschiffe lagen, an ihren Ankerplatz bugsirt, so still
wie Land - Batterieen; flachgehende Dampfer schifften ohne Störung
die Truppen aus. Die am linken Ufer gelegene Stadt und Festung
wurde den Schiffen überlassen; am rechten Ufer stand in befestigtem
Lager die chinesische Streitmacht, gegen welche die gelandeten
Truppen, 2200 Mann, in drei Colonnen marschirten. Der über fünftausend
Mann starke chinesische Heerkörper rückte der Mittelcolonne
muthig entgegen, formirte sich in guter Ordnung und brachte seine
Artillerie in Thätigkeit. Die englische Mittelcolonne gab nun auch
Feuer, während zu ihren Seiten die beiden anderen Colonnen de-
ployirten. Die chinesische Schlachtordnung stutzte, wankte und
zerriss; viele Todte blieben auf dem Platze. Die Mehrzahl der
Chinesen rannte in das Wasser; wenige gaben sich gefangen, denn
der Chinese kennt die Sitte des Pardongebens nicht. Die Engländer
hatten acht Todte und sechszehn Verwundete; der Verlust
der Chinesen soll gegen fünfzehnhundert betragen haben.
Unterdess überschütteten die Schiffe die Festung mit einem
Hagel von Geschossen. Die Pulverkammern, welche die Chinesen
immer mit blindem Fatalismus exponiren, flogen eine nach der anderen
auf. Die Festuugs-Artillerie hatte strengen Befehl, ihr Feuer
zu sparen, bis der Feind in sicherer Schussweite wäre; dazu kam
es aber nicht1;- denn die englischen Geschütze reichten viel weiter.
— Y u - k ie n soll sich das eine kurze Weile mit angesehen haben,
konnte aber den dichten Eisenhagel und den Lärm der platzenden
Geschosse nicht ertragen, vergass alle Prahlerei und lief davon.
Unterwegs machte er einen schwächlichen Versuch sich zu ertränken,
wurde aber von seinen Begleitern aus dem Wasser gezerrt und
weiter geschleppt; am folgenden Tage vergiftete er sich. In
T s in - h a e -erbeuteten die Engländer seine ganze Correspondenz und
viele wichtige Staatsschriften. — Der Gouverneur Y u - y u - p u n , einer
der kriegslustigsten Mandarinen, der sehnlichst verlangt hatte sich
mit dein Feinde zu messen, hielt auch nicht lange aus. Nach einem
auf der Flucht gemachten Scheinversuch, sich zu ertränken, sammelte
er den liest der chinesischen Truppen und trug vergebens
auf Waffenruhe a n .— Am Ende des Krieges wurde er wegen Feigheit
zum Tode yerurtlieilt.
Der Statthalter L u - T a - d z e n stellte dem Kaiser das Ende
Y u - k ie n ’s im Lichte des Heldenthums dar, und T a u - k w a n ehrte
seine »standhafte Seele« durch die höchsten Gnaden. Sein Sarg wurde
von Würdenträgern nach P e - e in geleitet und unterwegs von allen
Ortschaften feierlichst eingeholt; der Bruder und der Neffe des berühmten
Helden erhielten hohe Aemter. Später entdeckte man aber
seine maasslosen Unterschlagungen und die Lügenhaftigkeit seiner
Berichte; da wurde sein Namen vor der Nachwelt als der eines
Schwindlers gebrandmarkt, die Verwandten mussten auf kommen für
die veruntreuten Summen.
Am Abend des 10. October besetzten die Engländer T s i n - h a e
ohne Widerstand und steckten das chinesische Lager an. Weit und
breit waren die Felder mit den Leichen Neugieriger besät, welche
dem Kampfe zu nah kamen. Am 13. October rückten die Truppen
nach N i n - p o hinauf, dessen Garnison angesichts der heranbrausenden
Dampfer durch die Thore abmarschirte. Auch die Einwohner
flohen zu Iiauf mit ihrer beweglichen Habe; das Gesindel fiel plündernd
über die Stadt her, und die Engländer konnten nur durch
gewaltsames Einschreiten Ruhe und Ordnung stiften. Ein Theil der
Armee bezog hier Winterquartiere, denn der um diese Zeit einsetzende
Nordost- Monsun setzte den weiteren Operationen der
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