
l'lotte ein Ziel. Die Engländer hielten in N i ñ - p o strenge Maatis-
zuclit, bezahlten alle Bedürfnisse und traten mit der Bevölkerung
in das beste Verhältniss. Viele der Geflohenen kehrten zu ihrem
Heerde zurück; an guten Lebensmitteln herrschte Ueberfluss; selbät
benachbarte Städte sandten unaufgefordert ihre Beisteuer, die man
gewissenhaft bezahlte. Die Sicherheit war in den ersten Monaten
vollkommen, denn weit und breit gab es keinen chinesischen Soldaten;
wie im tiefsten Frieden konnte man die Umgegend durchstreifen.
Ganz T s e - k ia ñ stand den Engländern offen; die rathlosen
Mandarinen, welche auf ihre Truppen nicht bauen konnten, wandten
sich um Hülfe nach P e - k iñ . T a u - k w a ñ befahl aber in der Defensive
zu bleiben, bis die grosse Armee zur Vernichtung der ganzen
Horde versammelt wäre. Ein Erlass an das Volk erklärte, die Barbaren
hätten jede Spur von Gehorsam verloren und drei Provinzen
angegriffen, die Bevölkerung sei nach allen Richtungen zerstreut;
die entsetzlichen Berichte raubten den kaiserlichen Augenlidern den
Schlaf, dem himmlischen Magen die Esslust: »Deshalb befehle ich,
dass Y i - k iñ unter dem Titel »Schreckenverbreitender Feldherr« mit
W u n - w e i und T s u n als Helfern nach T s e - k ia ñ aufbreche. Die
grosse Armee wird sich zur anberaumten Zeit dort sammeln und
beweisen, dass sie sich um das Land verdient macht.«'^HDie
Strenge des Winters 1841—42 verzögerte den Zuzug aus dem Norden.
Von Tartaren-Truppen gelangten überhaupt nur kleinere Abtheilungen
nach den bedrängten Provinzen; die Hauptmacht blieb
zum Schutze von P e - k iñ bei T i e n - t s in stehen.
Y i - k iñ war, wie Y i - s a n , ein Verwandter des Kaisers und
ein Mann von demselben Schlage, der sicli besser auf lustigen
Lebensgenuss verstand als auf den Krieg. Sein Hauptquartier
schlug er in S u - t s a u auf, einer der reichsten Städte von China,
dem Sitze üppiger Schwelgerei und hoffährtiger Eleganz. Die gegen
die Engländer von da aus angeordneten Operationen waren kaum
militärische zu nennen; sie beschränkten sich anfangs auf Organisation
von Streif banden, welche auf Tsu - s a h und in der Umgegend
von N i ñ - p o einzelnen Soldaten auflauern und die Bevölkerung terro-
risiren mussten. Aus dem schlechtesten Gesindel zusammengeschaart,
wurden sie den Engländern wie den Chinesen sehr unbequem, übten
aber auf den Gang des Krieges keinen Einfluss. In Folge von
Y i - k íñ ’s Drohungen verliessen viele wohlhabende Bürger N i ñ - p o ;
die Kaufläden wurden einer nach dem anderen geschlossen und die
Stadt verödete. Die Bewohner von T su -sa h liessen sich dagegen
nicht einschüchtern; sie vertrauten dem Schutze der Engländer, die
in summarischem Verfahren Y i - k iñ ’s auf der Insel betroffene Banditen
am nächsten Baum aufzuknüpfen pflegten. In der Voraussetzung,
dass viele Chinesen in den Reihen und der Uniform des
Feindes kämpften, erliess der »Schreckenverbreitende Feldherr«
Proclamationen, welche seinen Landsleuten und den schwarzen Soldaten,
»die gezwungen dem Heere folgten« , Straflosigkeit und Belohnung
verliiessen: »Wer einen der Haupt- Führer der Barbaren
verräth, soll Beamtenrang erhalten; für Aufhebung eines untergeordneten
Teufels wird eine Geldsumme bezahlt, und wer ein
Schilf ausliefert, erhält die Ladung.« — Maueranschläge in den besetzten
Städten forderten die fremden Soldaten auf, nach Hause zu
gehen und für Vater und Mutter zu sorgen, statt China zu belästigen.
Y i - k iñ liess sogar unter der Hand den Engländern eine
grosse Summe anbieten, wenn sie das Reich der Mitte auf immer
verlassen wollten. Das Lustigste war aber eine an den Barbaren-
General gerichtete Ermahnung, seine ganze Streitmacht in die Hände
Y i - k iñ ’s z u liefern, der ihn in Betrachtung solchen Gehorsams der
gnädigen Rücksicht des Himmelssohnes empfehlen wolle. Ein Tlieil
der Truppen müsse in die Gewalt der Behörden gegeben werden;
die übrigen möchten nach Hause gehn. Wer in die chinesische
Armee einzutreten wünsche, könne Aufnahme finden. Würde
dieser Vorschlag binnen einer bestimmten Frist nicht angenommen,
so müssten alle Barbaren sterben.
Y i - k iñ erliess, in S u - t s a u schwelgend, vergebens einen
Aufruf nach dem anderen um Geld und Leute; niemand stellte sich
und die Kassen blieben leer. Aber der Kaiser verlangte immer
dringender, dass die Engländer aus N i ñ - p o und T s i ñ - h a e vertrieben
würden, und etwas musste geschehen. Der Feldherr ermannte
sich zu Anwerbung einer Armee von zwanzigtausend Mann,
denen er sechs Dollars Handgeld versprach, und rüstete einen Anschlag
auf die besetzten Städte.
Die Engländer lebten in ihren Winterquartieren, durch chinesische
Kundschafter von allen Bewegungen des Feindes unterrichtet,
in voller Sorglosigkeit. Die Landeskinder widmeten sich
eifrig der Spionage, und wenn einzelne aufgegriffen und grausam
hingerichtet wurden, so drängten sich gleich andere zu dem ein-
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