
Stellung. Es war ihm sogar verboten, ohne ausdrückliche Erlaubniss
der heimathlichen Regierung sich an den Hof von P e - k i n zu wenden,
eine Maassregel, zu welcher Davis auch n a ch dem schlechten
Empfange in K a n - to n drängte. Die Erlaubniss dazu konnten die
Commissare selbst in den nächsten Jahren nicht erlangen; ihre
Mittel waren allerdings erschöpft, ihre Stellung unhaltbar.
Nach Lord Napiers Tode wurde Mr. Davis Ober - Commissar,
und ernannte Capitän Elliot, welcher bis dahin »Master Attendant«
oder Zoll-Commissar der englischen Regierung im K a n - t o n -Flusse22)
gewesen war, zum Secretär der Commission. Anfang 1835 ging
Davis nach England; Sir George Robinson wurde sein Nachfolger
und Elliot trat als Mitglied in die Commission ein. Sie lebten ohne
amtliche Thätigkeit in Macao und enthielten sich jeder Mittheilung
an die Regierung in K a n - t o n . Die dortige Gemeinde der englischen
Kaufleute war ohne Organ den chinesischen Behörden gegenüber,
und die Uebelstände dieser Lage machten sich fühlbar. Der Vice-
König befahl den Engländern wiederholt, einen provisorischen
T a e - p a n oder Vertreter aus ihrer Mitte zu Beaufsichtigung des
Schiffsverkehrs und Unterdrückung des Schleichhandels zu bestellen,
und die Absendung eines Handelsvorstehers aus der Heimath zu
erwirken, der aber Kaufmann sein müsse, nicht königlicher Beamter.
Die Nachtheile der Lage trafen aber vorzugsweise die Chinesen;
man liess deshalb ihre Anträge unbeachtet und wartete auf ihr
Entgegenkommen. — Die Jahre 1835 und 1836 vergingen ohne wesentliche
Störung, die gleichen Interessen förderten den ruhigen
Betrieh der Geschäfte. Die englischen Commissare ersuchten unterdessen
vergebens die heimathliche Regierung um Erweiterung ihrer
Befugnisse. Sir George Robinson gab seinen Posten auf, und Capitän
Elliot wurde Ober-Commissar.
1834. Wie zu erwarten war, hatte der Schleichhandel seit 1834 ungeheure
Dimensionen angenommen und erstreckte sich zum Schaden
des gesetzlich erlaubten Handels bald auf alle möglichen Artikel.
Die Opium-Einfuhr war streng verboten; die Behörden konnten
sie um des grossen Gewinnes willen nur so lange dulden, als sich
dieser Handel in die einsamen Buchten der Felsen-Eilande vor
dem Perl-Flusse versteckte. Schon 1833 zwang die offene Gewalt
22) Die seitens der englischen Regierung von den Schiffen im Kan- ton-
Flusse erhobenen Abgaben wurden mit dem Monopol der ostindischep Conipagnie
aufgehoben und jenes Amt ging ein,
der Schmuggler bei L i n - t in die Provinzial-Regierung zum Schein
des Widerstandes. In den folgenden vier Jahren dehnte sich der
Schleichhandel auf die östlich von K a n - t o n gelegenen Küsten
aus und drang selbst in den Perl-Fluss ein. 1837 steigerte sich n®?.
die Frechheit der Schmuggler zu höhnischem Trotz. Bis nach
W a m - p o a wurde das.Opium in kleinen Booten hinaufgeführt, deren
Bemannung, das frechste Raubgesindel, mit dem Auswurf der chinesischen
Bevölkerung verbrüdert war. Die Fluss-Ufer sind in
jener Gegend dicht bewohnt, und der Strom wimmelt von Fahrzeugen;
unter den Augen dieser Volksmenge trotzten die Schleichhändler
den Zollbeamten mit bewaffneter Hand. Eine Räuberbande
im fernen Waldgebirge pflegt die Obrigkeit kaum zu reizen; dringt
sie aber in eine volkreiche Stadt, so folgt ein Vernichtungskampf.
Zur Zeit des Monopol-Handels hatten die Beamten der Compagnie
die Macht, den Schleichhandel auf L i n - t in zu beschränken und
allen Ungesetzlichkeiten im Flusse mit Hülfe der chinesischen
Obrigkeit zu steuern; letztere konnte mit einer Behörde verhandeln,
welcher Aufrechthaltung der Gesetze und das Wohl der Gesammt-
heit am Herzen lag. Eine solche bestand jetzt nicht mehr. Bei
gänzlicher Freigebung des Handels brauchten die englischen
Commissare weitreichende Amtsgewalt und eine angemessene Seemacht
zu deren wirksamer Ausübung; sie scheinen aber trotz allen
Vorstellungen Jahre lang ohne Instruction geblieben zu sein.23)
Ohne Machtvollkommenheit, ohne Mittel, dem Unwesen zu steuern
und die drohende Katastrophe abzuwenden, sassen sie müssig in
Macao. »Die freche Ausübung des Schleichhandels,« sagt Elliot in
einer Depesche, »hat wahrscheinlich am meisten dazu beigetragen,
die chinesische Regierung von der dringenden Nothwendigkeit zu
überzeugen, der steigenden Verwegenheit der fremden Schmuggler
entgegenzutreten und ihre Verbindung mit dem räuberischen
23) Die Apathie der englischen Regierung ist um so auffallender, als sie die
richtigen Grundsätze öffentlich anerkannte,. 1836 wollte ein englischer Schiffscapitän,
dessen Ladung die Zollbehörden in Beschlag genommen hatten, sich durch Beraubung
chinesischer Handelsdschunken schadlos halten, wurde aber daran gehindert. Eine
Depesche der Foreign ofifice an die Commissare erklärte nun, dass, wenn dieses Individuum
von seinem Vorsatze nicht abstände, »man ihn dem Schicksal überlassen
solle, welches seine Handlungsweise ihm wahrscheinlich bereiten werde; und dass
alle Commandanten königlicher Kriegsschiffe, welche ihn anträfen, ihn nach dem den
königlichen Schiffen vorgeschriebenen Verfahren gegen Seeräuber zu behandeln
hätten.«