
tapfer zu vertheidigen und sie streng bestrafen, wo sie es daran
fehlen lassen. Diejenigen meiner Unterthanen, welche sich verführen
liessen oder mit den Barbaren gemeinschaftliche Sache machten,
rufe ich jetzt zurück und verspreche ihnen Verzeihung für
den Verrath. Alle meine Diener werden aufgefordert, sich mit
ganzer Seele und allen Kräften zur Vernichtung dieses hassens-
werthen Volkes zu verbinden.« — Dieser Erlass wurde in allen
Heeresabtheilungen verlesen und auf öffentlichen Plätzen angeheftet,
that aber gar keine Wirkung. Bei den chinesischen Truppen
hatte der unaufhaltsame Siegeslauf der Engländer den Wahn erzeugt,
sie seien durch Zaubermittel gefeit, die ihr Anstürmen unwiderstehlich,
ihr Zielen unfehlbar machten.52) - 9 Kaum war der
kaiserliche Erlass verbreitet, so kam aus H o n g - k o n g die Nachricht,
dass eine grosse Flotte dort eingetroffen und ein Theil schon nach
dem Norden aufgebrochen sei. Nun stieg am Hofe wieder die Furcht
auf, die Hauptstadt bedroht zu sehen. Auf das Heer konnte man
nicht bauen, und die Ueberzeugung, dass Unterhandlungen angeknüpft
werden müssten, scheint endlich durchgedrungen zu sein.
Das erste Symptom davon war die Rückberufung des I - l i - p u , den
die kaiserlichen Couriere auf dem Wege nach dem Amur noch einholten.
Ohne Rang und Vollmacht erhielt er nur den gemessenen
Befehl, dem Vordringen des Feindes ein Ziel zu setzen.
1842. Am 7. Mai 1842 räumten die englischen Truppen N i n - p o
um sich zu weiteren Operationen einzuschiffen. Y i - k in berichtete
nun, er habe mit seinen Tapferen den Feind verfolgt und gänzlich
aus dem Flusse vertrieben, viele Waffen und Munition erbeutet.
Auch auf T s u - s a n hatte er die Engländer geschlagen, »wo eine
Menge ihrer Schiffe in die Luft gesprengt, viele Soldaten getödtet
und Todesschrecken der ganzen Schaar eingeflösst wurden. Da sie
nun Tag und Nacht bedrängt wurden, viele Leute verloren und
Mangel litten an Lebensmitteln, so beschlossen sie abzuziehen.« O 7
Auf T s u - s a n war indessen nicht die geringste Störung vorgekommen,
und die Einschiffung in N i n - p o ging ohne jeden Anstoss
vor sich. Y i - k in ' s Siegesberichte fanden denn auch in P e - k in
M) Die chinesischen Soldaten kauften gierig beschriebene Papierschnitzel,, durch
welche sie schussfest zu werden glaubten. Mit solchen Talismanen, auf welchen
nicht immer Sittensprüche standen, trieben die englischen Soldaten einträglichen
Handel.
wenig Glauben; die Nachricht, dass die englische Flotte vor T s a - p u 63)
ankere, folgte ihnen auf dem Fusse.
Widrige Winde hatten die Ankunft der Briten vor dieser
Feste bis zum 17. Mai verzögert; am 18. Morgens landeten sie.
Die chinesische Streitmacht stand ausserhalb der Stadt auf
einem Hügelrücken, wo englische Truppen sie in der Flanke an-
griffen und vertrieben; eine zweite Colonne schnitt den Flüchtigen
den Rückzug ab und sprengte sie ganz auseinander. Die Mauern
der in einiger Entfernung vom Ufer liegenden Festung wurden
leicht erstiegen; innerhalb fand man keinen Widerstand. Etwa
dreihundert Tartaren hatten sich, von der.Stadt abgeschnitten, in
einen grossen Tempel geworfen und leisteten dort mehrere Stunden
lang verzweifelte Gegenwehr; • man musste Geschütze holen
und das Gebäude in Brand schiessen. Nur dreiundfunfzig Tartaren
blieben am Leben und diese meist verwundet. Die Engländer, die
so achtbaren Widerstand in China noch nicht gefunden hatten,
schenkten den erstaunten Gefangenen sofort die Freiheit. Sie selbst
hatten bei T s a - p u neun Todte und fünfzig Verwundete, die fast
sämmtlich bei jenem Tempel fielen.
Bei Untersuchung der Stadt entdeckten die Briten, dass alle
Frauen der tartarischen Garnison sich selbst und ihre Kinder
gemordet hatten; man fand sie erhängt, erdrosselt, ertränkt.
Diebesbanden plünderten, wie in allen genommenen Städten, mit
unerhörter Frechheit die friedlichen Bewohner. Der Commandeur
erhielt eine schwere Wunde und starb mit grösser Standhaftigkeit
unter den Händen der englischen Aerzte.
Der amtliche Bericht über den Verlust von T s a - p u stellte
die Thatsache ohne Umsehweif und Bemäntelung dar. Y i - k in , der
ausser Schussweite blieb, wurde zur Verantwortung gezogen und
durch einen anderen Verwandten des Kaisers, den bekannten
K i - y in ersetzt, der von da an auf China’s Beziehungen zum Ausland
lange Zeit grossen Einfluss übte. Er erkannte von vornherein
die Hoffnungslosigkeit des Widerstandes und strebte eifrig dem
Kampfe ein Ende zu machen, welcher bei längerer Dauer den
Thron der Mandschu gefährden musste. Mit I - l i - p u vereinigt be-
B3) T s a - p u liegt etwa fünfzehn deutsche Meilen nordwestlich von T s in - h a e am
Ufer eines Aestuariiuns, welches die Mündung des bei der reichen Handelsstadt
I I a n - t s a u fliessenden Stromes bildet. Beide Städte sind durch einen das Ufer säumenden
Damm verbunden.