
Verbündeten. Das äussere Nord-Fort an der Flussmündung beschossen
einige Kanonenboote auf so weiten Abstand, dass die
chinesischen Geschosse sie nicht erreichten. Nach zweistündigem
Artillerie-Feuer der Verbündeten flog gegen sieben Uhr Morgens
das Pulvermagazin des inneren Nord-Forts in die Luft; nur einige
Secunden schwiegen dessen Geschütze, setzten dann aber den
Kampf mit grösser Wärme fort. Bald darauf flog auch die Pulver-
Kammer des äusseren Nord-Forts in die Luft. — Nun werden Feldgeschütze
auf 600 Schritt vom inneren Nord-Fort aufgefahren; die
englische und die französische Sturm - Colonne gehen vor. Das
Werk ist von einem doppelten Wassergraben umgeben und der
Damm dazwischen mit zugespitzten Bainbuspfähleh gespickt. Die
Besatzung schlägt sich tapfer; auch bringt das Flankenfeuer der
Süd-Forts den Sturm - Colonnen Verlust. Nach wiederholtem Anlauf
werden die Wälle erklommen. Die Chinesen wehren sich verzweifelt,
die Gräben und Bambuspfähle ausserhalb hemmen ihre
Flucht. Ein Tartaren-General fällt tapfer kämpfend im Handgemenge.
Der Widerstand im Innern soll eine halbe Stunde gewährt haben;
die Engländer verloren an Todten und Verwundeten gegen 200, die
Franzosen 130 Mann.
Gegen 11 Uhr verstummte das Feuer der anderen Werke;
auf den Wällen wurden weisse Flaggen sichtbar; es handelte sich
aber nur um Ueberreichung jenes letzten Schreibens der Commissare.
Offenbar wollten die Chinesen Zeit gewinnen. Die Verbündeten
stellten ihnen eine dreistündige Frist zu Auslieferung der anderen
Forts, erhielten aber keine Antwort. Bis zwei Uhr waren die artilleristischen
Vorbereitungen zum Angriff auf das äussere Nord-
Fort getroffen; die Süd-Forts schienen verlassen und thaten keinen
Schuss; alle Flaggen waren verschwunden. Nun rückte die Sturm-
Colonne der Verbündeten gegen das äussere Nord-Fort und drang
ohne Widerstand durch das Thor. Nach dem amtlichen Bericht
der Franzosen stürzte sich die Besatzung den Truppen in wildem
Gedränge entgegen und suchte zu entkommen; nach dem englischen
streckte sie ruhig die Waffen. Nach den französischen Angaben
betrug ihre Stärke 3600, nach den englischen 1500 Mann.
Zu ihrem höchsten Erstaunen gab man ihnen die Freiheit.
Nun erboten sich die Chinesen, die Schiffe der Verbündeten
passiren zu lassen; Consul Parkes machte aber, auf das südliche
Ufer übersetzend, H a n - f u dessen verzweifelte Lage klar und überwand
dessen Widerstreben, auch die Süd-Forts und das ganze Gebiet
bis T i e n - t s i n den Verbündeten auszuliefern. Noch an demselben
Tage richtete derselbe folgende Zeilen an Lord Eigin:
»Da die Commandeure d e r englischen F lo tte und Landmacht
am 5. Tage dieses Mondes durch Wegnahme der W e rk e in unserem
Rücken, ihre Ueberlegenheit im Kämpfen zeigten, so fugten sich .unsere
T ru p p en in die Unterwerfung (bekannten sich für besiegt). Der General
Gouverneur meldet deshalb dem englischen Botschafter, dass keine
Veranlassung mehr ist zu Feindseligkeiten. — Ein kaiserlicher Com-
missar mit Vollmachten soll unverzüglich eintreffen, und d e r britische
Gesandte wird ersucht, durch die T a - kü - Mündung den Fluss hinauf
zu fahren.»
Die Ober-Befehlshaber der Verbündeten erhielten von H a n -
f u folgendes Schreiben:
»Der Unterzeichnete, H a n - f u , General-Gouverneur d e r Provinz
T s i - l i , richtet folgende Mittheilung an die O b e r-F e ld h e rren d e r englischen
und französischen Flotte u n d Landmacht:
Am 5. Tage des gegenwärtigen Mondes avancirten die ehren-
werthen Ober-Feldherren zur See u n d zu Lande gegen die W e rk e und
nahmen die auf dem Nord-Ufer gelegenen. Dieser Erfolg bewies die
Wirksamkeit der T ru p p en der ehrenwerthen Ober-Feldherren; die geschlagene
chinesische Armee bot ihre Unterwerfung an. Letztere^ist
deshalb aus allen Fort? auf dem Süd-Ufer abgezogen; sie is t bereit,
alle diese Fo rts in den Besitz d e r ehrenwerthen O b e r-F e ld h e rren auszuliefern,
mit aller Munition, den befestigten Lagern u n d Verschanzungen.
Der Unterzeichnete verpflichtet sich ferner, Officiere abzuschicken,
welche den von Seiten d e r Ober - F eldherren dazu commandirten Offi-
cieren die Lage d e r Minen u n d aller geheimen Vertheidigungs-
anstalten in den W e rk en bezeichnen, damit den ehrenwerthen Verbündeten
durch dieselben kein Schaden zugefügt werde. Es ist ausgemacht,
dass nach Uebergabe d e r F o rts , sobald sie erfolgt sein wird,
die Feindseligkeiten in diesem Gebiet aufhören, und dass die Bewohner
nicht geschädigt, sondern an P e rso n u n d Eigenthum geschützt werden
sollen.
Eine nothwendige Mittheilung.
H i e n - f u n , 10. Ja h r, 7. Mond, 5. Tag. (21. August 1860.)»
Das Tartaren- Heer zog sich noch an demselben Abend auf
dem rechten PEi-HO-Ufer mit Umgehung der französischen Stellung
bei Sx a o - l e a n auf T i e n - t s i n zurück. In der Nacht zum
22. August beseitigten die Kanonenboote die Verzäunung in der
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