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der T a i : - p i n -Truppen um diese Zeit ist schwer zu schätzen; man
rechnete ihre gegen N a n - k in rückende Streitmacht auf sechszig-
bis achtzigtausend. Dazu kamen wenigstens hunderttausend, vielleicht
die doppelte Zahl zurückgebliebener Bewohner der besetzten
Städte, welche für die Insurgenten arbeiten mussten. Die
waffenfähigen Männer darunter wurden zu Soldaten gepresst und in
die nach dem Norden und Westen detacbirten Armeen eingestellt,
während ihre Angehörigen als Geissein,zurückblieben.o Ö ' — Die T a e -
p in nahmen Alles, Mann, Weib, Kind und jede Sache vom geringsten
Werth, inventarisirten und speicherten Alles, um aus dem
gemeinsamen Vermögen alle Ausgaben zu bestreiten. In dieser
methodischen Ordnung lag noch viele Jahre lang ihre Stärke; denn
der gemeine Mann gah sich rücksichtslos seinen Führern hin, die
für ihn dachten und sorgten. N a n - k in wurde der Mittelpunkt, die
grosse Schatzkammer ihrer Herrschaft; sie behaupteten sich dort
elf Jahre lang. H u n - s i u - t s u e n und seine Könige scheinen geglaubt
zu haben, dass mit der Einnahme der alten südlichen Hauptstadt
der wichtigste Theil ihrer Aufgabe gelöst sei, dass sie von diesem
Mittelpunkt aus das Reich ohne Schwierigkeit unterwerfen könnten.
Hätten sie die begonnene Laufbahn weiter verfolgt, hätten sie sich
mit der ganzen Wucht ihrer sieggewissen Schaaren auf den Norden
geworfen, so möchte sie schwerlich ein kaiserliches Heer vor
P e - k in aufgehalten haben, und es war, so weit man in der Geschichte
mit Wahrscheinlichkeiten rechnen darf, um die Mandschu-
Herrscliaft geschehen. Sie gingen aber seit der Besetzung von N a n -
k i n mehr auf Befestigung ihres Ansehns und politische Organisation
als auf Eroberung aus. H u n - s iu - t s u e n umgab sich mit allen Attributen
der Kaiserwürde, richtete eine glänzende Hofhaltung ein und
verschloss sich, nur wenigen Vertrauten zugänglich, mehr und mehr
in seinen Palast, wo er, von vielen Frauen umgeben, in theologisches
Grübeln versunken sein soll. Die Leitung der Geschäfte
besorgten die fünf Könige, und ordneten die ganze Staatsverwaltung
nach dem Muster der Einrichtungen in P e - k in . Mit diesem
Verfahren spachen die T a e - p in sich selbst das Urtheil. Als Eroberer
konnten sie wahrscheinlich die Mandschu stürzen, die ihnen weder
an Kriegsmacht noch an üeberzeugung gewachsen waren. Als
Organisatoren mussten sie unterliegen; denn ihren Besten fehlte die
Einsicht und höhere Bildung, welche das Verständniss der alten
politischen Einrichtungen und deren Umgestaltung in neue lebensfähige
forderten. Sie ahmten nur nach; aber ihre communistischen
Satzungen raubten der alten Staatsordnung einen Theil ihrer Grundlage;
auch war die Masse des Bestehenden, Eingelebten bei aller
inneren Zerrüttung viel zu mächtig, um einer neuen künstlichen
Ordnung zu weichen, welche sich so schwächlich, in so geringem
Umfang geltend machte. — Statt mit dem ganzen Heere nach Norden
zu ziehen, blieben die Führer mit dem grössten Theil ihrer
Kerntruppen in N a n - k in . T s i n - k ia n und K w a - t s a u erhielten
zuverlässige Garnisonen unter bewährten Führern; das strategisch
unwichtige Y a n - t s a u , das sie nur seiner Schätze wegen
besetzt hatten, wurde bald wieder aufgegeben. Nach dem Norden,
gegen die Hauptstadt des Reiches zog keiner der fünf Könige;
diesen wichtigsten Feldzug vertrauten sie Untergebenen und schickten
nur einen Theil der alten Kerntruppen mit. Einen grossen
Theil des nach Norden marschirenden Heeres scheinen gepresste
Recruten gebildet zu haben; seine unglaublichen Leistungen beweisen
nur die Schwäche des Widerstandes, lassen aber als gewiss annehmen,
dass das gesammte T a e - p i n -Heer unter den alten Führern
sein grosses Ziel erreicht hätte.
Der Zug nach Norden war der einzige Eroberungszug der
T a e - p in nach der Besetzung von N a n - k i n ; ihre späteren Feldzüge
nahmen, nicht unmittelbar auf den Sturz der Mandschu ausgehend,
mehr und mehr den; Charakter von Raubzügen an, welche N a n - k in
mit Schätzen und Proviant versorgen mussten. Jedes Jahr rückten
die Heere aus und plünderten einige Provinzen, hielten aber keine
bleibend besetzt. Nur wenige Städte am grossen Strom und die
daran grenzenden Landstriche blieben beständig in ihren Händen.
H u n - siu - t s u e n ’ s religiöse Ueberspannung bildete sich zum Irrsinn
aus; seine Lehre entartete in Vergötterung der eigenen kaiserlichen
Person. Auch die Könige bewahrten keineswegs die alte Strenge,
welche die Stärke ihrer Heere war; mehrere sollen ehrgeizige Absichten
gehegt haben und kamen zu jähem Sturz. Neue Würdenträger
wurden ernannt, darunter fähige, zuverlässige und überzeugte
Männer. Seit aber die Eroberung nicht mehr Hauptziel war, ge-
riethen die T a e - p in mehr und mehr in die Defensive. Die alten
Kerntruppen starben weg; sie in der früheren Weise zu ergänzen,
fehlte es an Glaubenswahn und Strenge. Man bedurfte der Massen,
und, wenn auch einzelne Vorschriften bleibend aufrecht gehalten
wurden, so ergänzten sich doch die TAE-PiN-Heere in den späteren