
24 Die Englander. — Weddell.
Colonie, dass die Sendung des Lord Macartney an seinem vornehmen
Auftreten und seiner Unwillfäbrigkeit, sich dem chinesischen
Hof-Ceremoniel zu unterwerfen, gescheitert sei, und befahl deshalb
Titsingh, sich jede Demüthigung gefallen zu lassen11). Die Holländer
erreichten aber eben so wenig ein Zugeständniss, als Lord Macartney,
und hatten, wahrscheinlich wegen ihrer knechtischen Fügsamkeit,
auf der Rückreise die schimpflichste Behandlung zu erdulden.
1590.,^ Von England ging 1596 das erste Unternehmen zu An-
knüpfung des Handels mit China aus. Die drei zu diesem Zwecke
ausgerüsteten Schiffe scheiterten jedoch auf der Reise, und der
Versuch wurde unter Königin Elisabeth nicht erneut. Erst im
Frühjahr 1637 gelangten vier englische Schiffe unter Capitän
Weddell nach Macao, wo die Portugiesen jede Anknüpfung des
Handels hintertrieben. Nach vergeblichem Bemühen, seinen Unterhändlern
Eingang in K a n - to n zu verschaffen, beschloss Weddell,
mit den Schiffen selbst den Fluss hinaufzugehen. Sie erreichten
die Iestungswerke an der Bocca Tigris, wo ihnen kaiserliche
Dschunken mit Mandarinen und Dolmetschern entgegen kamen.
Weddell gab seine friedfertigen Absichten kund und bat, gleich
den Portugiesen zum Handelsverkehr zugelassen zu werden. Die
Mandarinen versprachen auch, günstig an ihre Vorgesetzten in
K a n - to n zu berichten und nach sechs Tagen das Gesuch zu beantworten;
die englischen Schiffe gingen im Flusse unter der weissen
Flagge vor Anker. Die Portugiesen hatten die Briten aber als Seeräuber
verschwärzt, und als solche wurden diese nun behandelt.
Zur Nachtzeit armirten die Chinesen ihre Werke an der Bocca
und feuerten am Morgen mehrere Schüsse auf ein Boot der
Engländer, das zum Wasserholen nach dem Ufer ruderte. Sie
trafe.n nicht. Die Engländer aber hissten ohne Weiteres die Blut-
flagge, legten sich, die einströmende Fluth benutzend, dicht unter
die chinesischen Werke und brachten mit vollen Breitseiten das
schlecht gezielte Feuer derselben in wenig Stunden zum Schweigen.
Als ihre Boote mit etwa hundert Mann sich den Werken
¡5> Das »Ko-to« verrichteten Titsingh und seine wohlbeleibten Begleiter in engen
Kniehosen nnd seidenen Strümpfen und gaben dem Tartarenhof viel Stoff zur Belustigung.
Auch sie erhielten von der kaiserlichen Tafel abgenagte Hammelknochen
auf schmutzigen Tellern und mussten sich davor niederwerfen.
Handel mit den mittelchinesischen Häfen. 25
näherten, lief die Besatzung davon. Die Briten landeten un g e -1037.
hindert, hissten auf den Wällen- ihre Flagge, schifften während
der Nacht sämmtliche Geschütze ein und demolirten die Schutzwehren.
Weddell liess nun mehrere Dschunken anhalten und
sandte durch deren Boote ein Schreiben nach K a n - t o n , worin er
die Mandarinen des Treubruches zieh, seinen Angriff als Nothwehr
rechtfertigte und in höflicher Sprache um Handelsfreiheit bat.
Schon am nächsten Tage kam ein chinesisches Boot unter weisser
Flagge mit einem Mandarinen niederen Ranges, dessen Vorgesetzte
sich auf kaiserlichen Dschunken hinter einer Landspitze befanden.
Weddell gab nochmals seine friedfertigen Absichten kund und ephielt
nun die Erlaubniss, Unterhändler nach K a n - t o n zu schicken, wo
man die ganze Schuld auf die Portugiesen schob und den Engländern
gegen Herausgabe der Geschütze die gewünschten Ladungen lieferte.
Das war das erste Auftreten der Briten, bedeutsam für die
Zukunft. Das Beispiel von Weddell’s Entschlossenheit scheint
durch die ganze Geschichte der englischen Beziehungen zum Reiche
der Mitte fortgewirkt zu haben.
Die politischen Umwälzungen in China und die -Seeräuber-
flotten, welche damals die Küsten beunruhigten, mögen die Engländer
von der Fortsetzung ihrer Unternehmungen in den nächsten
Jahrzehnten abgeschreckt haben. 1664 kamen einige Schiffe der 1664.
ostindischen Compagnie nach Macao; die Handelsagenten durften
landen und in der Stadt wohnen; aber die Mandarinen verlangten
übermässige Hafengelder für jedes Schiff, das nach K a n - to n hinaufginge,
und behandelten die Engländer mit wachsendem Argwohn.
Diesen wurde die verschärfte Bewachung unerträglich; sie zogen
sich nach vielen Vexationen auf ihre Schiffe zurück und segelten
wieder nach Bantam. Die Ränke der Portugiesen bewirkten
auch in diesem Falle das Scheitern der englischen Bemühungen. —
In den folgenden Jahren richteten die Agenten der ostindischen
Compagnie in Bantam ihr Augenmerk auf die mittelchinesischen
Häfen; sie knüpften Handelsbeziehungen in A-moi und Nin-po an
und traten 1670 in Verbindung mit dem in T a e -w a n herrschenden 1070.
Coxinga, welcher die Engländer wahrscheinlich als Rivale der
Holländer stark begünstigte. Mit ihm schlossen sie einen förmlichen
Vertrag, »dass sie ihre Waaren nach Gefallen an Jeden verkaufen
oder vertauschen und ebenso kaufen dürften; dass der
König ihnen gegen jede Beschädigung durch seine Unterthanen