
Cajüten ein. Alle Kunstgriffe der Schmeichelei, Bestechung und
Einschüchterung blieben erfolglos; die Wachsamkeit der Behörden
vereitelte jedes Geschäft. Man hatte wohl nicht erwogen, dass
ausserhalb K u a n - t u n a lle r Handel mit Fremden verboten war,
dass also den Mandarinen jeder Deckmantel der Connivenz fehlte.
Der Amherst brachte den grössten Theil seiner Ladung nach
K a n - t o n zurück; Einiges hatte man verschenkt, verkauft fast gar
nichts; der Verlust an dem Unternehmen war bedeutend. Von den
Directoren der Compagnie wurde dasselbe getadelt, und besonders
scharf gerügt, dass die Leiter und Theilnehmer sich falsche Namen
beigelegt hatten; »denn solche Aufführung passe schlecht zu den
Beschwerden über die Doppelzüngigkeit der Chinesen, und sei ganz
und gar ungesetzlich«.
Gegen Ende des Jahres 1833 kam es zwischen den englischen
Schmugglern und den Chinesen von L m -x iN zu blutigen
Kämpfen; ein Chinese wurde erschössen.20) Seine Gefährten mordeten
aus Rache einen gefangenen Lascaren. Nun rückten die
bewaffneten Boote der Opium-Schiffe zu förmlichem Angriff auf
das nächste Dorf vor, erhielten aber ein so mörderisches Feuer,
dass sie umkehren mussten. —■ Das war einer von vielen Fällen.
Seeraub, Gewalt und Verbrechen jeder Art wurden straflos von
den frechen - Abenteurern verübt, die allen Leidenschaften freies
Spiel gaben und sich in schrankenloser Willkür gefielen. In
K a n - to n scheint man den sittlichen Maassstab für dieses Treiben
verloren zu haben; die angesehensten Kaufleute waren am Opium-
Handel betheiligt; englische Unterthanen durften sich öffentlich
rühmen, das Haus eines Mandarinen angesteckt zu haben.
Vor der vom englischen Parlamente 1830 zu Berichterstattung
eingesetzten Commission erklärten die besten Kenner der Zustände in
K a n - t o n , dass eine starke Zunahme des Schleichhandels und seiner
schlimmen Folgen zu erwarten sei, wenn den Beamten der ostindischen
Compagnie die Aufsicht über den gesetzlichen Handel entzogen würde;
20) Die Verwandten des getödteten Chinesen forderten von den Behörden Genug-
thunng; das Ereigniss war aber mit dem Opium-Handel verknüpft und musste verschwiegen
werden. Um die Verwandten zu beschwichtigen, mietheten nun die H on-
Itaufleute einen englischen Vagabunden in Macao, welcher sich für den Schuldigen
ausgab. Er sollte eine Zeit lang gefangen bleiben-, in der Haft eine Geschichte
erzählen, welche gegen die verbrecherische Absicht zeugte, und dann freigesprochen
werden. So geschah es auch trotz dem Proteste des Ausschusses gegen solches Verfahren,
in welches der Vice - König selbst gewilligt hatte.
solche Maassregel, müsse die englische Regierung in Conflicte mit
der chinesischen bringen und »früher oder später einen verderblichen
Krieg zur Folge haben«. Die Commission drückte sich vorsichtig
aus und empfahl keineswegs die gänzliche Abschaffung einer
Behörde, unter welcher der britische Handel sich sogar zu grösserer
Bedeutung aufgeschwungen hätte, als der ganz freie Handel anderer
Völker, z. B. der Americaner. Von verständigen Männern wurde
geltend gemacht, dass man auch bei gänzlicher Freigebung des
englischen Handels die Factorei der ostindischen Compagnie mit
dem Ausschuss - Comité als derjenigen Behörde, welche seit
lange für berechtigt zu Vermittelung der Beziehungen von der
chinesischen Regierung anerkannt sei, fortbestehen, und die englischen
Schiffe in ein ähnliches Verhältniss zu derselben treten
lassen könne, in welchem bis dahin die ostindischen, sogenannten
»country-ships« gestanden hätten. Ein R e c h t zu deren Beaufsichtigung
scheint zwar der Handelsvorsteher der Compagnie in
K a n - to n nur in so fern gehabt zu haben, als es aus der Bestallung
vom Jahre 1699 hereeleitet werden konnte,O o welche zwar vergessen,
aber niemals widerrufen wurde; thatsächlich vermittelte jedoch
die Ausschuss - Commission alle Beziehungen der ostindischen Schiffe
zu den chinesischen Behörden, soweit ihr Handel gesetzlich war.
Der sicherste Weg der Ueberleitung in ein neues Stadium wäre
wohl gewesen, die den Chinesen gewohnte Behörde noch eine
Weile in der alten Form zu erhalten und nach den Forderungen
der veränderten Umstände allmälich umzugestalten. Dass die Einsetzung
einer neuen, den Chinesen ganz unbekannten Vertretung,
deren Verhältniss zur Landesregierung vorher nicht festgestellt und
vom Kaiser gebilligt war, zu Verwickelungen führen musste, ist
leicht zu begreifen. Man vermauerte sich ein Thor, durch das man
bequem ein- und ausging, um von neuem Bresche zu schiessen.
Der Herzog von Wellington protestirte gegen solches Verfahren,
als Lord Grey den Antrag auf gänzliche Einziehung der Compagnie*
Behörden in K a n - to n stellte, welcher trotzdem angenommen wurde.
Ein Parlaments-Beschluss ermächtigte den König, drei Aufsichts-
Beamte für,,den englischen Handel mit China zu ernennen, denselben
gewisse Vollmachten und Befugnisse zu ertheilen. Die ostindische
Compagnie wurde nicht nur ihres ausschliesslichen, sondern
überhaupt jeden Rechtes zum Handel mit China beraubt, das
alle anderen britischen Unterthanen fortan genossen ; und die