
4 Araber ¡1 1 China.
Erst die Araber brachten einige Kenntniss von China nach
dem Westen. Renaudot hat die Berichte zweier arabischen Reisenden
aus den Jahren 850 und 877 übersetzt, welche nicht nur zu
denen des Marco Polo, sondern in vielen Stücken auch auf die
heutigen Zustände passen. Ihr »Kan-fu« ist wahrscheinlich Kan-ton,
wo noch jetzt eine sehr alte Moschee steht. »Die Stadt liegt an
einem grossen Flusse, einige Tagereisen von seiner Mündung, so
dass das Wasser dort süss ist.« Die Erzählungen von häufigen
Feuersbrünsten, von Verzögerungen im Schiffsverkehr, von der unredlichen
Behandlung der fremden Kaufleute und Schiffseigner, die,
weil das Uebel einmal eingerissen ist, jede Unbilde und Bedrückung
leiden müssen, erinnern lebhaft an jüngst vergangene Zeiten. Die
Mündung des Perl-Flusses nennen die Araber das »Thor von China«,
wahrscheinlich eine Uebersetzung von IIu-mem, das die Portugiesen
mit Bocca Tigris Wiedergaben. ¡§j- Die Reisenden erwähnen auch
die Ernährung des Volkes aus öffentlichen Speichern bei Hungers-
notli, die Salzsteuer, welche noch heute besteht, den Bambus als
Prügel Werkzeug; sie beschreiben den Gebrauch des Thees, das chinesische
Kupfergeld, Porcelan, den Reisbranntwein, die Anstellung
öffentlicher Lehrer, den buddistischen Götzendienst und die- Unwissenheit
der Chinesen in der Astronomie, in welcher die Araber
ihre ersten Lehrer wurden.
Aus diesen und anderen Berichten geht deutlich hervor, dass
die Araber lange vor der mongolisoh-tartarischen Eroberung Seehandel
nach China trieben. Ibn Batuta, welcher bald nach derselben
das Reich der Mitte besuchte, gedenkt u. a. des von den
Mongolen eingeführten Papiergeldes und seiner Entwerthung durch
übermässige Ausgabe, aus welcher die Regierung unredlichen Gewinn
gezogen habe. Chinesische Dschunken segelten damals bis
Calcutta. — Der Islam fand besonders im 13. Jahrhundert in China
starke Verbreitung; seine Bekenner haben dort ohne wesentliche
Störung bis auf den heutigen Tag freie Religionsübung genossen,
und wurden häufig zu wichtigen Staatsämtern befördert; in den
Synagoge verfallen fanden. Die auf Schafliaut geschriebenen Gesetzesrollen und
andere alte Schriften existirten noch; einige wurden erworben und nach London
geschickt. Seitdem sind wiederholt Israeliten aus Kae- fon- fu- nach Shäng- hae
gekommen. Nachdem die Stadt wiederholt von den Rebellen heimgesucht worden,
soll die Gemeinde sich zerstreut und ihre Heiligen Schriften mitgenommen haben.
S. Recherches sur l’existence des , Juifs en Chine. Par A. Wylie. Paris 1864.
Dasselbe auch in den Annales de Philosophie chretienne. N. 50 u. 51. 1864.
Die ersten christlichen Gesandten. 5
uordwestlichen Provinzen bilden sie einen starken Bruchtheil der
Bevölkerung.
Als erster christlicher Gesandter kam 1246 der Mönch Giovanni
Carpini, von Papst Innocenz IV. abgeschickt, nach China.
Er begab sich durch Russland zunächst zu BAATu-Khan, der an
der Wolga lagerte, und wurde von da nach dem Hofe des G t o s s -
Khans der Mongolen geführt, welcher ihn gütig aufnahm und mit
einem huldreichen Schreiben an den Papst entliess. Carpini beschreibt
die ungeheure Anhäufung von Schätzen bei den Mongolenfürsten;
er freut sich über die Aehnlichkeit des buddistischen mit
dem römischen Ritus, und zieht daraus den Schluss, dass jene
Asiaten entweder schon Christen seien, oder bald werden müssten
— Nestorianisohe Gemeinden scheinen damals über weite Strecken
des nord-östlichen Asien verbreitet gewesen zu sein2). Der Mönch
Rubruquis, den Ludwig der Heilige 1253, während seines Kreuzzuges,
zu dem Mongolen-Khan sandte3), spricht von einem nesto-
rianischen Bischof in S i n - o an und zehn Kirchen in verschiedenen
Städten. Auch er nahm den Weg über Russland und fand auf der
ganzen Reise viele Europäer als Sclaven und Handwerker unter den
Mongolen. Die auffallende Uebereinstimmung des buddistischen
Lama-Cultus mit den Gebräuchen der römischen Kirche liess
Rubruquis verinuthen, dass ersterer aus einem entstellten christlichen
Gottesdienst, vielleicht dem nestorianischen, abgeleitet sei. — Um
dieselbe Zeit ging der armenische König H a it o n nach China, um
sein Reich dem Mongolen-Khan zu übergeben; er berichtet gleichfalls
von zahlreichen Christen, die er auf der Reise traf. Marco
Polo fand nestorianisclie Gemeinden in S e n - s i , damals einer der
blühendsten Provinzen von China, und in einer Stadt am Y a ñ -t s f .-
k i a ñ , wo ein nestorianischer Christ, vom Kaiser auf drei Jahre mit
der Regierung betraut, 1274 mehrere Kirchen gebaut hatte.
Die Geschichte des Marco Polo ist bekannt. Zwei venetia-
nisclie Edele, Matthias und Nicolas Polo, gelangten an den Hof des
KublAi-Khan, der sie freundlich aufnahm und bei ihrer Abreise zu
. 2) Nach einer Inschrift in syrischer Sprache, welche Jesuiten-Missionare 1625 in
einer der grössten Städte der Provinz S e n - s i fanden, wäre die Einwanderung nestorianischer
Christen in. das Jahr 685 zu setzen.
3) Das Antwortschreiben des Mongolen-Khans, von .welchem der französische
König nicht sehr erbaut gewesen sein mag, ist mitgetheilt in Pauthier, Histoire des
rélations de la' Chine avec les puissances occidentales. Es ist als »Befehl« und in
drohendem Tone verfasst.
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