
päer und Inder gesondert» Nach zweistündiger Ruhe holte man
sie heraus unter dem Vorwande, dass sie sieh waschen sollten.
Sie mussten niederknieen ; ihre Hände wurden rücklings • mit den
lu s sen zusammen geknebelt; fielen sie um, so erhielten sie Fuss-
tritte auf den Kopf und in’s Gesicht; sie wurden in solche Stellung
gebracht, dass die ganze Last des Körpers auf den Händen ruhte.
So blieben sie drei Tage und Nächte der grimmigsten Sonnenhitze
und der bittersten Kälte ausgesetzt. Einige wurden nach Entfernung
der Stricke mit Ketten gefesselt. Bei Jedem stand ein
Wächter, der die Umfallenden misshandelte. Die häufig genetzten
Stricke schnitten bald tief in das Fleisch, und die Hände schwollen
zu unförmlichen Klumpen. Rief Einer nach Nahrung, so wurde
ihm -Schmutz in den Mund gestopft; nur selten erhielten- sie etwas
ekelhafte Speise und fast gar kein Wasser. Viele Chinesen weideten
sich täglich an ihren Qualen. Herr de Normann, der Einzige,
der ein wenig chinesisch konnte, wurde wiederholt verhört,
erhielt auch einmal essbare Nahrung.
Am vierten Nachmittag wurden die Gefesselten in Karren geworfen
und in vier Haufen gesondert. Lieutenant Anderson,
Attache de Normann und fünf Reiter von Fane’s Regiment blieben
zusammen. Die ganze Nacht durch ging es in scharfem Trabe.
Am Morgen gelangte man nach einem Fort, belud die Gefesselten
mit schweren Ketten und steckte sie in Käfige. Hier starb zuerst
Lieutenant Anderson am neunten Tage der Gefangenschaft: er war
schon am zweiten Tage der Fesselung im Sommerpalast vor
Schmerz und Hunger irrsinnig geworden und blieb es, mit wenigen
lichten Augenblicken, bis zum Tode. Seine Finger und Nägel
platzten schon in Y u a n - m in - y u a n ; Würmer erzeugten sich in den
Wunden und krochen auf dem Körper- herum; die Knochen der
Handgelenke lagen zu Tage, und das Fleisch hing in verdorrten
Fetzen herunter. — Die Leiche blieb drei Tage unter den Ueber-
lebenden liegen, denen man am Abend von Anderson’s Tod die
Stricke abnahm ; sie befanden sich sämmtlich in ähnlichem Zustand.
Fünf Tage später verschied einer von Fane’s Reitern und nach
weiteren drei Tagen Herr de Normann. Die Uebrigen blieben
leben und wurden ausgeliefert; ihre Hände und Füsse waren unförmliche
Massen von Geschwüren, ihre Finger verkrüppelt und ungelenk.
Drei französische Soldaten und fünf indische Reiter wurden
zusammen nach dem Gebirge gefahren. Am dritten Tage gelangten
sie nach einer von Höhen umschlossenen Stadt. Ein Franzose
starb unterwegs, ein zweiter am Tage nach der Ankunft im Kerker,
ein indischer Reiter wenige Tage später an den Folgen der grässlichen
Fesselung. Die Ueberlebenden behandelte man besser, nahm
ihnen die Ketten ab und wusch ihre Wunden.
Eine dritte Abtheilung — Herr Bowlby, ein französischer
Officier, ein Reiter von den Kings-dragoon-guards und vier von
Fane’s Regiment — fuhr die ganze Nacht durch. Sie erhielten
keine Nahrung, sondern, wenn sie darnach verlangten, Hiebe und
Fusstritte, Am nächsten Vormittag gelangten sie in ein Fort, wo
man sie drei Tage und Nächte geknebelt in freier Luft liegen liess
und dann zusammen in ein feuchtes schmutziges Gelass steckte.
Herr Bowlby, der Times - (Korrespondent, starb zwei Tage nach der
Ankunft; sein Körper, blieb mehrere Tage liegen und wurde dann
über die Mauer geschmissen. In- den folgenden Tagen starben der
französische Officier, der englische Dragoner und zwei von la n e ’s
Reitern. Zwei Inder kehrten lebend zurück, Die Erlebnisse der
vierten Abtheilung — drei Franzosen und vier indischer Reiter —-
kennt man nicht, da nur ihre Leichen ausgeliefert wurden.
Der Zeitraum vom 6. bis zum 13. October 1860 bildet in den
für das englische Parlament gedruckten Urkunden eine Lücke. Lord
Elgin’s Depeschen aus jenen Tagen mögen die Plünderung des
Sommerpalastes beleuchten, welche, von den französischen Truppen
begonnen und von den englischen fortgesetzt, in den Augen des
Staatsmannes vielleicht wenig Gnade fand.
Während am 6. October 1860 die englische Infanterie und
Artillerie ihr Lager bei den Lama-Tempeln aufschlugen, marschir-
ten die französische Colonne und die englische Reiterei nach dem
nordwestlich von P e - k in gelegenen Sommerpalast. Weder im Dorfe
H a e - t i e n , das vor dem Eingang liegt, noch auf dem ganzen übrigen
Wege zeigten sich Truppen. Gegen sieben Uhr Abends erreichte
die Spitze der französischen Colonne das Hauptportal von Y u a n - m in -
y u a n . Die Thorflügel wurden eingeschlagen. Etwa zwanzigs chleeht-
bewaffnete Eunuchen stürzten sich den Eindringenden wüthend entge-
- gen; drei blieben auf dem Platze; mehrere Franzosen erhielten Wunden.
Die Paläste, von Y u a n - m in - y u a n lagen zerstreut in einem
von hohen Mauern umschlossenen ausgedehnten Park mit Flüssen
und Seen; unbeschreibliche Schätze, der mehrhundertjährige Tri