
führender Macht ihm keine Ehre, und der Theehandel, welchem
die Expedition neue Wege öffne, keinen Nutzen gebracht haben
würde; dagegen sei der Seidenhandel für Frankreich äusserst
wichtig, und die Säuberung der Seidendistricte von den nur auf
Mord und Plünderung ausgehenden Aufrührern müsse ihm zum
höchsten Ruhme gereichen. — Der französische Obergeneral beklagte
tief, dass der englische Einfluss in Paris sein Vorhaben vereitele.
Damals hätten wohl einige Tausend Mann disciplinirter
Truppen die T a e - p i n vernichten können, und Schade ist, dass es
nicht geschah. Der von den Franzosen den Engländern allgemein
gemachte Vorwurf, dass sie den Verfall von China begünstigten,
um im Trüben zu fischen, war aber ganz ungegründet. Die englische
Regierung befolgte hier nur ihre principielle Politik der Nicht-
Einmischung; sie wünschte dem Sturz der Tsin-Dynastie auf jede
Weise vorzubeugen und empfahl ihren Bevollmächtigten die grösste
Vorsicht; Diese coquettirten niemals im geringsten mit den T a e - p i n ,
verboten sogar ihren Untergebenen jeden Privatverkehr mit denselben.
Später trug die englische Regierung durch Beurlaubung
von Officieren ihrer Armee zum activen Dienst gegen die Rebellen
wesentlich zu deren Vernichtung bei.
Mit besonders scheelen Augen betrachteten die Franzosen
die Y a n - t s e - Expedition: sie sei hinter , ihrem Rücken unternommen;
das mit den T a e - p in getroffene Abkommen sei unloyalu. s. w .
Das Unternehmen trug aber gute Früchte, der Handel auf dem
Y a n - t s e gedieh zu hoher Blüthe. Ein Bevollmächtigter der Handelskammer
von S h a n o - h a e , welcher Sir James Hope nach H a n -
k a u begleitete und dort blieb, schrieb schon nach einem Jahre.
»Der Anblick des Y a n - t s e ist jetz ein ganz anderer als damals, da
das Geschwader ihn befuhr. Eine so kurze Frist seit jener Zeit
verstrich, — da Alles still war wie das Grab, — so zeigen sich
doch schon, wenn auch nicht gerade reges Treiben herrscht, die
unzweideutigsten Zeichen erwachender Lebenskraft. Flotten einheimischer
Fahrzeuge unter fremder Flagge, mit dem Eigenthum
von Ausländern beladen, trifft man überall. Einige Dutzend Dampfer
befahren den Strom; noch mehr werden erwartet. Ungeheure Flösse
von Bauholz mit Häusern darauf, schwimmenden Dörfern ähnlich,
treiben den Strom hinab, dem wachsenden Bedürfniss nach Baumaterial
in S h a n o - h a e z u genügen.«
Des Gesandten Entschluss, zunächst nach S ia m z u gehen,
war durch Rücksichten auf Wind und Wetter und durch Mittheilungen
veranlasst worden, welche er bei seinem Eintreffen in S h a n g -
h a e empfing. Lord Eigin hatte vor seiner Abreise erklärt, dass die
dermalige Lage von China Preussens Anträgen wenig Aussicht auf
Erfolg biete, dass besser eine Consolidirung der politischen Verhältnisse
abgewartet würde. Diese Aeusserung des englischen
Staatsmannes musste schwer ins Gewicht fallen. Ihr entgegen behaupteten
aber fast alle der Verhältnisse - kundigen Fremden in
S h a n o - h a e , s o sehr ihre Ansichten über China’s politische Zukunft
sonst auseinandergingen, dass die Conjuncturen günstig seien Die
Regierung hatte in den letzten Monaten deutlich bewiesen, dass sie
das gute Einvernehmen zu erhalten wünsche. Der Kaiser verweilte
noch in D z e h o l , hatte aber die Errichtung eines Ministeriums der
Auswärtigen Angelegenheiten sanctionirt und seinen Bruder, den
Prinzen von Kun, an dessen Spitze gestellt. Diese Behörde behandelte
zum ersten Mal die fremden Mächte consequent als ebenbürtige,
nicht als abhängige Staaten, und püblicirte die demütliigen-
den Bedingungen des Friedens von P e - k in der Convention gemäss
ehrlich in allen Theilen des Reiches. Die Bereitwilligkeit, mit
welcher China nach dem Frieden von N a n - k in die von England
erkämpften Rechte anderen Nationen zugestand, liess die Befolgung
einer gleichen Politik nach der zweiten grossen Katastrophe erwarten,
selbst wenn Lra’s Grundsatz aufgegeben war, Barbaren durch
Barbaren zu bezwingen. Die Schwäche der Regierung und ihr
Streben, das gute Einvernehmen mit den fremden Mächten zu erhalten,
schienen den Abschluss des Vertrages zu verbürgen. Nun
entstand wohl die Frage, ob .es lohne, mit einer so stark gefährdeten
Dynastie in Vertragsverhältnisse zu treten; denn damals
überschätzte man die Aussichten der T a e - p in . Aber grade
bei einer Neubildung des Reiches und den ungeordneten Zuständen
des Ueberganges wären die unberechtigten Ausländer
stark gefährdet, wäre vielleicht Jahre lang keine Aussicht gewesen,
einen Vertrag zu schliessen. Auf gleichen Rechten fussend,
konnte dagegen Preussen bei einer politischen Umwälzung im Einklang
mit anderen Grossmächten handeln. So musste sich seine
Stellung zum chinesischen Reiche unter allen Umständen günstiger
gestalten, wenn möglichst bald ein Vertrag geschlossen
wurde.