
richtet worden war, kam nun dem »himmlischen Vater« zu Fuss
bis zum zweiten Pälastthore entgegen; letzterer zürnte aber und
rief: »Siu- t s u e n 87), du begehst arges Unrecht! Ist dir das bewusst?
« Der T i e n - w a n kniete mit dem Nord-König und allen
Anwesenden nieder und sprach: »Dein unwürdiger Sohn weiss,
dass er unrecht handelt und bittet den himmlischen Vater, ihm
gnädig zu vergeben.« Dieser antwortete mit lauter Stimme: »Da
du deinen Fehler'eingestehst, so musst du mit vierzig Streichen
gestraft werden.« Darauf werfen sich der Nord-König und alle
Anwesenden mit dem Antlitz zur Erde, flehen thränenden Auges,
dass ihrem Herrn die verdiente Strafe erlassen werde und erbieten
sich, sie statt seiner zu leiden. Der T i e n - w a n verweist ihnen ihre
Fürbitte, weil er die Strafe verdiene, und da der »himmlische
Vater« auf Vollziehung derselben besteht, so streckt der T ie n - w a s
sich zur Erde, um die Streiche zu empfangen. Da spricht der
himmlische Vater: »Da du gehorsam bist, so will ich dir die Strafe
erlassen.« Dann bezeichnet er ihm vier Frauen, die er von seinem
Hofe entlassen solle, verweist ihn für weitere Verhaltungsbefehle
an den Ost-König, dem er dieselben mitgetheilt habe und kehrt in
den Himmel zurück. Der Nordfürst und sein Gefolge geleiten den
T i e n - w a n ehrfurchtsvoll in seine Gemächer, während Y a n sich
aus seiner Verzückung erholt und wieder Ost-König wird. Der
Nord-König berichtet ihm dann das -zweite Herabsteigen des
himmlischen Vaters, von welchem Y a n natürlich noch nichts weiss.
Nun begiebt sich der Ost-König zum T i e n - w a n , um ihm
die während der ersten Verzückung' gegebenen Befehle des himmlischen
Vaters auszurichten, welche die Frauen ihm mitg’etheilt
haben. H u n - s iu - t s u e n nimmt sie mit grösser Zerknirschung auf
und rühmt die Weisheit von Y a n ’s Belehrungen. Dieser verwahrt
sich in ehrerbietiger Rede gegen jeden Antheil an den Weisungen,
welche der reine Ausfluss des himmlischen Vaters seien. Zunächst
soll T ie n -w a n den Thronerben sorgfältiger erziehen und vor den
Einflüssen der Witterung hüten. Dann sollen die bei öffentlichen
Arbeiten beschäftigten Frauen nicht so grausam behandelt
werden. Die dritte Verwarnung lautet, dass er Männer und Frauen,
die sich gegen ihn vergingen, nicht sofort mit dem Tode bestrafen
müsse; alle solche Fälle, bittet der Ost-König, möchten ihm selbst
87) Siü - tsuen ist Vornamen, Hun Familiennamen.
zur Untersuchung mitgetheilt werden. Der T u n - w a n antwortet:
»Was du, mein jüngerer Bruder, gesagt hast, ist ganz richtig und
in wahrhaftem Einklang mit den gütigen Absichten, unseres himmlischen
Vaters, welcher liebt was gut, und hasst was böse ist, und
genau zwischen beiden unterscheidet. Deines älteren Bruders Betragen
war heftig, und wenn mein jüngerer Bruder-mich nicht gewarnt
hätte, so möchte es geschehen sein, dass ich einige Menschen
unschuldig hinrichten liess. Deine Anweisungen werden mich
nicht nur behüten, ungerechte Strafen zu verhängen, sondern auch
künftige Geschlechter .werden nach diesem unserem Beispiel nicht
mehr unbedacht zu handeln wagen.« Nun folgt eine lange Unterhaltung
über die Pflichten mächtiger Herrscher. In Bezug auf die
Frauen sagt Y a n : »Unter den weiblichen Officianten des himmlischen
Hofes und im Palast deines jüngeren Bruders sind alle diejenigen
sehr gehetzt, .welche für den Staat zu arbeiten haben.
Einige sind die Gattinnen, andere die Mütter verdienter und treuer
Beamten; einige haben für junge Kinder zu sorgen, andere alte
Verwandte zu pflegen. Manche haben verdiente Ehemänner, die
dem Lande zu Liebe ihr Hauswesen auflösten. Haben nun Frauen
ihr häusliches Glück dem Wohl des Staates untergeordnet und den
eigenen Vortheil dem allgemeinen Besten geopfert, so muss der
König ihre treue'Hingebung■ achten und ihnen gestatten, alle sechs
Wochen nach ihren Verwandten zu sehen, alle Monat oder alle
sechs Wochen ihren Hausstand zu besichtigen, oder auch alle
Woche, alle vierzehn Tage ihren häuslichen Heerd zu besuchen,
sei es, um ihre Kinder zu herzen, ihren alten Verwandten Liebe
zu erweisen, oder ihren Gatten zu dienen. Auf diese Weise werden
sie ihre Pflichten erfüllen können für die Wohlfahrt des Landes
und das Gedeihen ihrer Familie.« Y a n verbreitet sich dann
weitläufig über die Frauen am Hofe des T i e n - w a n und schliesst:
»Wenn die-Frauen meinem älteren Bruder aufwarten, so ist das
gewiss ihre Pflicht. Aber zuweilen mögen sie deinen gerechten
Unwillen erwecken. Dann musst du sie milde behandeln und ihnen
nicht Fusstritte geben mit dem Stiefel am Fuss. Denn, trittst du
sie mit dem Stiefel am Fusse, so kann es ja sein, dass sie grade
in der Lage sind, die Glückwünsche ihrer Freunde zu empfangen;
dann störst du die gütigen Absichten unseres himmlischen Vaters,
der gern das Menschenleben heranpflegt. Ferner; wenn Frauen in
dem bezeichneten Zustande sind, so wäre es wohl gut, etwas