
welche alle drei Jahre erfolgt, — sollte er eingekerkert bleiben.
Dieser Spruch hätte seine Begnadigung nicht ausgeschlossen;
H i e n - f u n »milderte« ihn aber dahin, dass K i - y in sich sofort zu
entleiben habe. Das dieses Urtheil motivirende Decret wurde demselben
von zwei kaiserlichen Commissaren zugestellt, in deren Gegenwart
er den Giftbecher trank. Die Fremden in T i e n - t s in erfuhren
den Hergang noch vor Ende des Monats durch die amtliche
Zeitung von P e - k i n , welche auch jenes Decret wiedergab.102)
Die Vertragsarbeiten der Neutralen hatten unterdess guten
Fortgang. Am 14. Juni wurde der russische Vertrag mit folgenden
neuen Zugeständnissen unterzeichnet: Der russische Minister des
Auswärtigen sollte auf dem’ Fusse der Gleichstellung mit dem ersten
Minister des grossen Staatsrathes in P e - k in verkehren, und Russland
befugt sein, bei besonderem Anlass diplomatische Agenten dabin zu
senden; russische Missionare sollten mit Pässen im ganzen Reiche
umherreisen dürfen; ausser den schon geöffneten Häfen sollten
Sw a - t a u , ferner ein Hafen auf Formosa und einer auf H a e - n a n
dem Handel offen stehen. Aehnlich lautete der vier Tage
später Unterzeichnete Vertrag mit America. Beide enthielten die
Clausei der »meistbegünstigten Nation«, welche den Russen und
Americanern jedes künftig anderen Völkern zu gewährende Vorrecht
sicherte. — Ein Jahr vorher waren die Commissare beider
Staaten mit Anträgen von weit geringerem Belang abgewiesen
worden; sie erklärten unumwunden, dass sie ihre Erfolge nur dem
durch die Alliirten geübten Druck zu danken hätten.
Die einzelnen Bestimmungen des englischen Vertrages führten
zu lebhaften Erörterungen. In dem erwähnten Schreiben vom
11. Juni erklärten die chinesischen Commissare, dass gegen den
bleibenden Aufenthalt eines Gesandten in P e - k in eigentlich nichts
einzuwenden sei; wegen der gegenwärtigen Collisionen sei es aber
besser, wenn derselbe in T i e n - t s in verweile, während ihm sein
amtlicher Wohnsitz in P e - k in angewiesen werden möchte. Auf
Grund dieses Zugeständnisses wurde, weiter verhandelt; am 21. Juni
aber zogen die Chinesen dasselbe zurück; ein kaiserliches Decret
gebiete ihnen, Lord Eigin zum Aufgeben jener Forderung zu vermögen;
»der Norden sei kalt und staubig, für Fremde unerträglich«.
Auch wurden die Freigebung von T s i n - k ia n , das Recht, im Innern des
102) Das Decret ist mitgetheilt bei Oliphant, Narrative of the Earl of Eigins
Mission to China. I. 370.'
Landes zu reisen und den Y a n - t s e z u befahren, wieder zurückgenommen.
Am 24. Juni hatten die Commissare noch einen harten
Kampf darüber mit Herrn Bruce, welcher nicht nachgab. Man liess
die englischen und die chinesischen Exemplare vorbereiten und am
26. Juni sollte die Unterzeichnung stattfinden. Da baten aberKwEi-
l ia n und W a - S a n a die Gesandten der anderen Mächteum Verwendung
bei Lord Eigin, weil nach einem eben eingegangenen Erlass ihnen
nicht nur Degradirung, sondern der Tod drohe, wenn sie jene Forderungen
gewährten. Die zu gleicher Zeit auftauchenden Gerüchte von
K i - y in ’s Schicksal eigneten sich wohl, dem Anspruch an Lord
Elgin’s Barmherzigkeit Nachdruck zu geben. Zudem stand er mit
seinen Forderungen allein; Baron Gros hatte solche für Frankreich
nicht gestellt, konnte also auch nicht mit Waffengewalt dafür ein-
treten. Das Aufgeben derselben machte aber die anderen Vortheile
fast illusorisch; denn ein haltbarer Zustand war nur von directen
Beziehungen zu den Behörden in P e - k in , ein erheblicher Aufschwung
des Handels nur von unmittelbarem Verkehr mit den Producenten und
Consumenten im Inneren des Landes zu erwarten. Deshalb beharrte
der englische Botschafter trotz der kritischen Lage, in welche die
Isolirung ihn versetzte, auf seinen Forderungen und beauftragte
Herrn Bruce am 26. Juni Morgens, deren Erfüllung in peremtori-
scher Sprache zu verlangen. Er glaubte die Commissare am besten
vor dem kaiserlichen Zorn zu sichern, wenn er sie zu zwingen
schiene. K w e i - l ia n und W a - s a n a überzeugten sich nun von der
Fruchtlosigkeit ihres Widerstandes und Unterzeichneten am Nachmittage
des 26. Juni den Vertrag in demselben Tempel vor der
Stadt, wo sie die Botschafter empfangen hatten.
Neben jenen beiden enthielt der englische Vertrag noch
andere wichtige Zugeständnisse: zunächst die Ireigebung von Niu-
t sw a n in der Mandschurei, T e n - t s a u in S a n - t u n und mehreren
Häfen am Y a n - t s e - k ia n , darunter H a n - k a u , dem grössten Stapelplatz
des chinesischen Binnenhandels; dann die Regelung der Transit-
Abgaben , welche stets zu Collisionen geführt hatten. Der Schadenersatz
für die Verluste in K a n - t o n wurde auf 2,000,000 T a e l ,
etwa 650,000 Pf. St., festgestellt und ausserdem die Zahlung einer
gleichen Summe für Kriegskosten stipulirt. Bis zur Tilgung dieser
Summen sollte K a n - t o n besetzt bleiben.
Wie Pöttinger nach Abschluss des Vertrages von N a n - k in ,
so verlangte jetzt auch Lord Eigin die ausdrückliche Bestätigung